«Wir müssen eine Balance finden»
Wechsel im Präsidium des Kantonal-Schwyzerischen Gewerbeverbands – Heinz Theiler wird Nachfolger von Karl Fisch
Während zwölf Jahren war Karl Fisch Präsident des Kantonal-Schwyzerischen Gewerbeverbands. Nun hat der 72-jährige Elektroinstallateur aus Gross nach seinem Rücktritt wieder mehr Zeit zum Fischen auf dem Sihlsee.
MAGNUS LEIBUNDGUT
Ihr Rücktritt war bereits im Frühling angekündigt worden. Sind Sie gerne zurückgetreten? In der Tat war mein Rücktritt bereits im Mai geplant gewesen. Aber dann kam das Coronavirus dazwischen, und die Delegiertenversammlung des Kantonal- Schwyzerischen Gewerbeverbands musste verschoben werden. Am Mittwoch ist denn mein Nachfolger Heinz Theiler zum Präsidenten gewählt worden. Dann ist es kein Blick zurück im Zorn? Ganz im Gegenteil: Es ist kein Blick zurück im Zorn. Vielmehr erfolgt mein Rücktritt altersbedingt und aus Gründen einer Entlastung: Es ist Zeit für mich, ins zweite Glied zu treten. Zudem tut Abwechslung gut an der Spitze des Verbandes: Auf dass auch einmal wieder eine andere Region das Zepter führt. Wie fällt Ihre Bilanz im Rückblick auf Ihre Amtszeit aus? Ich habe an der Versammlung am Mittwoch sehr positive Rückmeldungen zu meiner Amtszeit erhalten, was mich überaus freut. Es ist mir in den letzten zwölf Jahren gelungen, Verbindungen zu den umliegenden kantonalen Gewerbeverbänden zu knüpfen und die Zusammenarbeit mit diesen auszubauen. Schliesslich haben mitunter auch die Zürcher, Glarner, Zuger und St. Galler gute Ideen, die wir denn gerne in Schwyz übernommen haben.
Was haben Sie erreicht in Ihrer Zeit als Präsident des Gewerbeverbands?
In erster Linie möchte ich hierzu die klare Annahme der zweiten Gotthard-Röhre erwähnen: Die Kantone in der Zentralschweiz sind hierbei geeint aufgetreten. Im Kanton Schwyz wurde die Vorlage mit fast siebzig Prozent Ja-Stimmen durchgewunken. Ebenso war unser Engagement für den Bau einer neuen Axenstrasse federführend: Diese Strasse braucht es aus Gründen der Wirksamkeit und Sicherheit. Leider ist das Projekt derzeit auf Eis gelegt, weil eine Beschwerde verschiedener Umweltorganisationen beim Bundesverwaltungsgericht hängig ist.
Welche Herausforderungen haben Sie am stärksten geprägt? Wir haben erfolgreich beim Schweizerischen Gewerbeverband interveniert, der die berufliche Grundbildung nicht ausreichend zum Thema gemacht und dieses aus rein pädagogischer Sichtweise in Angriff genommen hat. Wir haben insistiert, auf dass eine praktische Sicht in den Fokus gerückt wird. Überhaupt war uns die berufliche Grundbildung ein Hauptanliegen.
Mit welchen Aufgabenbereichen ist Ihr Nachfolger im Amt vor allem gefordert? Die Berufsbildung bleibt weiterhin im Fokus. Hinzu kommt die Energie-Umwelt-Debatte, die geführt werden muss. Überdies wird die Familienausgleichskasse zum Thema, das in Angriff genommen werden soll. Sie haben in Zusammenhang mit dem Lockdown eine recht scharfe Kampagne gegen die Schwyzer Regierung lanciert. Bereuen Sie diesen Schritt? Nein. Die Regierung hat das auch sehr gelassen aufgenommen. In der Tonart und der Wortwahl mag man sich etwas vergriffen haben. Womöglich hat man mit dieser Medienmitteilung etwas über das Ziel hinausgeschossen. Ich selber bin gar kein Anhänger von Populismus. Die zugespitzten Aussagen in dieser Mitteilung stammen von der Politik, nicht vom Kantonal-Schwyzerischen Gewerbeverband.
Haben die Parteipräsidenten Sie über den Tisch gezogen?
Nein, so weit würde ich nicht gehen. In der Tat wurde die Medienmitteilung von den Parteipräsidenten verfasst und formuliert. In der Hitze des Gefechts habe ich schnell schräg den Text gelesen und durchgewunken. Erst im Nachhinein ist mir aufgefallen, dass in diesem Text missverständliche Ausdrücke und Begriffe wie «Seuchensozialismus » stehen, die niemand begreifen kann.
Unterdessen ist der Lockdown längst Geschichte. Können Sie abschätzen, wie sich der Lockdown auf das Gewerbe und die Wirtschaft ausgewirkt haben? Die Folgen des Lockdowns sind nach wie vor spürbar: Es ist absurd und eine Idiotie, dass man nun eine Sondersteuer für Betriebe fordert, die angeblich vom Lockdown profitiert haben sollen. Schliesslich ging es da um so wichtige Sachen wie die Grundversorgung. Der Lockdown hat sich ganz verschieden auf die einzelnen Sparten ausgewirkt. Während etwa Coiffeurbetriebe vor allem im Frühling unter die Räder geraten sind, leiden Carunternehmen immer noch: Naturgemäss haben der Tourismus und die Reisebranche am meisten gelitten – weniger im Kanton Schwyz, mehr in den Zentren wie Zürich. Aber auch im Bereich Gewerbe und Industrie sind viele Investitionen zurückgehalten worden. Sogar die Schulen wurden geschlossen. War das im Rückblick ein Fehler?
Mit dem damaligen Wissen war es in Ordnung, diesen Lockdown zu verhängen. Alles in allem sind wir mit einem blauen Auge davongekommen. Im Nachhinein ist man immer schlauer. Im Fernen Osten gab es Länder, die haben das ohne Lockdown hingekriegt. Bei einem allfälligen zweiten Lockdown müsste man sich in der Schweiz überlegen, diesen nur regional einzuführen: Nicht im ganzen Land, sondern nur in den Hotspots. Nun wird allerorten eine Maskentragepflicht eingeführt. Soll sich der Kanton Schwyz diesem Regime anschliessen? Man müsste hier differenziert vorgehen: Eine Maskenpflicht macht Sinn in grossen Einkaufszentren. Hingegen sehe ich nicht ein, wieso es in kleinen Läden, in denen sich nur zwei oder drei Leute aufhalten, eine Maskentragepflicht brauchen sollte.
Oder ist die Maskenpflicht vielmehr Mumpitz?
Ich selber bin froh, wenn ich nicht am Coronavirus erkranke. Auch wenn es sein kann, dass ich mich bereits mit dem Virus angesteckt habe und nur leichte Symptome hatte. Aber ich kenne Leute, die haben wegen Corona Todesängste ausgestanden. Eine Maskenpflicht ist also durchwegs nicht in jedem Fall abwegig.
Nun haben Sie nach Ihrem Rücktritt Zeit für anderes. Werden Sie wieder mehr fischen auf dem Sihlsee? Ja, das werde ich in der Tat (lacht). Zudem werde ich mich vermehrt meinen Tieren und Ostbäumen widmen: In meinem Garten gedeihen Zwetschgen, Äpfel und Kirschen. Ich bleibe also im Unruhestand. Obwohl meine Frau sagt, ich solle endlich Abstand nehmen von all den Ämtli, die ich immer noch weiterführe.
In welchen Bereichen wollen Sie sich weiterhin engagieren? Ich bin Ehrenmitglied beim Kantonal- Schwyzerischen Gewerbeverband und bleibe Mitglied in einer Kommission des Schweizerischen Gewerbeverbands, die sich mit Energie und Umwelt auseinandersetzt. Zudem engagiere ich mich bei der Brunnengenossenschaft Grossbach-Dörfli und in der Etzelwerkkommission, in der ich mich vorwiegend mit Fragen rund um das Elektromarktgesetz beschäftige. Zu guter Letzt komme ich hin und wieder zu einem Einsatz im Geschäft, etwa bei einem Notfall, wenn eine Maschine in einem Betrieb aussteigt. Wohin bewegt sich die Welt?
Einerseits in eine überhandnehmende Digitalisierung hinein: Diese lässt sich nicht aufhalten, mit dieser müssen wir zu leben lernen. Die Digitalisierung ist die grosse Herausforderung unserer Zeit. Andererseits gelangen wir an Grenzen, was unsere Ressourcen betrifft. Wir sind aufgerufen, eine Balance zu finden: Es kann nicht immerzu weitergehen mit dem bis anhin geführten Wachstum. Das Motto «Immer schneller, immer grösser» sollten wir hinter uns lassen. Sicherlich müssen wir Abstriche machen an unserem teuren, hoch ausgebauten Wohlstandsapparat. Das schliesst etwa mit ein, dass wir uns von der Vielfliegerei verabschieden. So ist es zum Beispiel angebracht, mit dem Zug nach München zu fahren – statt den Flieger zu nehmen.
Karl Fisch aus Gross zieht Bilanz über seine Amtszeit als Präsident des Kantonal-Schwyzerischen Gewerbeverbands.
Foto: Magnus Leibundgut