Hotels aus dem Lockdown erwacht
Befragte Einsiedler Herbergen zeigen sich teils zufrieden über die momentane Gästelage
Jetzt sind Ferien. Angesichts Corona eine spezielle Herausforderung für die Hoteliers im Klosterdorf. Doch wie eine kleine Umfrage zeigt, ist die Neugier schweizerischer Touristen gegenüber Einsiedeln nicht so schlecht – vor allem Romands gefällt es hier.
WOLFGANG HOLZ
Am Klosterplatz lärmen derzeit keine Bauarbeiten. Die Sonne zeigt sich julignädig warm, und so manche Tagestouristen pilgern durchs Klosterdorf. Angesichts dieser hoffnungsvollen Szenerie steht Qamil Berisha, Besitzer des Hotels Sonne, gerade gerne an der Eismaschine und füllt einer jungen Frau rosarotes Himbeereis ins Cornet. Auch die Terrasse um die Sonne erstrahlt angesichts der zahlreichen Nachmittagsgäste.
Viele Velotouristen
«Wir haben im Juli bis jetzt etwa 30 Hotelgäste bei uns begrüssen können», sagt der freundliche Hotelier, der ursprünglich aus dem Kosovo stammt und mit seiner Familie in Wädenswil wohnt.
Vor allem Velotouristen würden die reduzierten Preise in seiner Herberge mit 35 Zimmern und 65 Betten schätzen. «Das Doppelzimmer kostet bei uns derzeit statt 145 Franken nur 105 Franken mit Frühstück», so Berisha. Auch der Veloraum komme bei seinen Gästen gut an. Momentan lässt er die Dachterrasse auf der «Sonne» renovieren – dort oben sollen künftig nicht nur Hotelgäste, sondern auch Einheimische Apéros geniessen können. «Ende August ist es so weit», erklärt Berisha. Schon im Mai und im Juni habe er zahlreiche Gäste in seinem Hotel beherbergt – Schulklassen, die per Car aus Deutschland und England anreisten.
Auch Paul Dachmann, Pächter im Boutique Hotel St.Georg an der Hauptstrasse in Einsiedeln, kann derzeit nicht klagen. «Momentan läuft es richtig gut – wir sind praktisch voll», sagt er. Dabei habe man die Preise für die Zimmer inklusive Frühstück nicht reduziert – «wenns läuft, muss man das nicht machen», so Dachmann überzeugt. Der St.Georg-Hotelier bewertet den Andrang der Gäste allerdings noch als instabile Angelegenheit. «Das ist eine reine Wettersache – sobald es schön ist, kommen die Gäste», erklärt Dachmann.
Gäste aus dem Wallis Die Verweildauer seiner Gäste im Hotel St. Georg, das über 42 Zimmer und 80 Betten verfügt, betrage im Schnitt 1,8 Tage. «Es gibt schon einige Gäste, die hier zwei, drei Tage verbringen. » Die meisten Velofahrer würden dagegen nur eine Nacht bleiben. «Viele Veleofahrer kommen aus dem Wallis», so Dachmann. «Im Augenblick sind wir zufrieden», sagts und nimmt das nächste Telefongespräch entgegen.
Neue Saunalandschaften Ähnlich gute Nachrichten kann Werner Hübscher vom Hotel Drei Könige vermelden. «Wir sind derzeit zu 25 Prozent mit Hotelgästen ausgelastet – Velofahrer und Töfffahrer, vor allem. » Ausländische Gäste seien dagegen Fehlanzeige. Einen weiteren Anstieg an Gästen erwartet Hübscher in seinem Hotel Ende August, wenn die neuen Saunalandschaften eingeweiht werden. «Wir müssen zufrieden sein», sagt Hübscher. Das Geschäft mit den Gruppenreisen sei bereits vorbei – «da können wir nur aufs nächste Jahr hoffen, wenn das Welttheater stattfindet. » Ein wichtiges Standbein für die «Drei Könige», das 48 Zimmer und 94 Betten aufweist, ist laut Hübscher die Gastronomie. «Dank den Einheimischen ist der Umsatz ordentlich.» «Auslastung momentan keine Last» Aus Sicht von Susanna Kälin vom Hotel Linde Einsiedeln ist die «Auslastung im Moment keine Last … Wir kümmern uns um alle unsere Gäste wie immer: ganz individuell und sehr oft überraschend, so wie es eben nur ein kleines familiäres Hotel kann.» Der eine Gast benötige Trost, eine andere Inspiration und ein Dritter Ruhe, so Kälin. Dazu ein Glas Wein und ein feines Essen mit Liebe zubereitet und ebenso bedient.
«Das sind unsere Vorzüge, von denen viele Gäste sagen, dass sie so etwas noch selten bekommen haben und dass sie das viel mehr erfreut habe, als irgendein Rabatt. Weil es Leben und Freude ist», sagt Susanna Kälin.
Diverse Familien-Packages Die Gäste im Hotel Linde, die meistens zwischen einem und fünf Tagen bleiben, kommen vorwiegend aus der Schweiz, sind sportlich und lieben die Natur. «Eine Schar lebensfroher, interessanter und farbiger Individualisten. Dazu kommen unsere unverbesserlichen Stammgäste – wortwörtlich: man könnte nichts besser machen an ihnen. Sie erfreuen uns tagtäglich.» Das Hotel Allegro bietet derzeit diverse Packages für Familien an, um Hotelgäste nach Einsiedeln zu locken. «Ansonsten haben wir unsere normalen Preise – andernfalls würden wir Hoteliers uns nur gegenseitig schaden», sagt Geschäftsführer Roman Anderau. Die Gäste im «Allegro» kommen sowohl aus der Schweiz wie auch aus dem Ausland – «hauptsächlich aber aus der Schweiz wie in den vorherigen Jahren», verrät Anderau. Die Auslastung des Hotels liege momentan bei rund 50 Prozent. «Wir sind nicht zufrieden», so der Allegro-Chef. Grund: Man müsse einen Einbruch beim Seminar- und Gruppenreisegeschäft hinnehmen – das zentral für den Umsatz des Hotels Allegro sei. «Dafür haben wir viel mehr Individualgäste als sonst, insbesondere aus der Westschweiz.»
«Das ist eine reine Wettersache – sobald es schön ist, kommen die Gäste.»
Paul Dachmann, Boutique Hotel St.Georg
Direkt am Klosterplatz: die Hotels von Einsiedeln in der ersten Reihe. Foto: Wolfgang Holz