Der Holzsteg lebt neu auf
Die Neuauflage der Fussgänger- und Velobrücke über den Sihlsee wird beim Weekend am See am Sonntag vorgestellt
Nun sollen Nägel mit Köpfen gemacht werden: Der Holzsteg über den Sihlsee, eine Fussgängerund Velobrücke parallel zum Willerzeller Viadukt, soll nun endlich realisiert werden. Die Finanzierung des Projekts bereitet aber noch Kopfzerbrechen.
WOLFGANG HOLZ
«In Rapperswil hat es von der ersten Idee bis zum Bau des Holzstegs 15 Jahre gedauert, – beim Holzsteg über den Sihlsee befinden wir uns im Augenblick im Jahr sechs der Zeitrechnung », erklärt Edgar Kälin. Das würde bedeuten, dass die Fussgänger- und Velobrücke erst im Jahr 2029/2030 realisiert werden könnte.
«Einsiedeln hat viele Tagestouristen»
«Doch das wäre ein eindeutig zu langer Zeitraum», findet der Einsiedler Ingenieur und Vater der Idee, die Attraktivität der Region Einsiedeln durch so einen Holzsteg für den Langsamverkehr touristisch zu steigern. «Denn Einsiedeln hat dank des Klosters viele Tagestouristen, und mit dem Holzsteg könnte man den nördlichen Teil des Sihlsees, an dem bereits ein Abschnitt des geplanten Sihlseerundwegs besteht, für den Langsamverkehr attraktiver machen », so Kälin.
Auch im Entwicklungskonzept Sihlsee (EKS), welches das kantonale Umweltdepartement zusammmen mit dem Bezirk Einsiedeln 2014 ausgearbeitet hat, sei ja ausdrücklich der Wunsch nach einer Fussgängerund Veloverbindung neben dem Willerzeller Viadukt geäussert worden. Deshalb will nun Edgar Kälin, der die Idee des Holzstegs vor sechs Jahren ausarbeitete und erstmals in unserer Zeitung der Öffentlichkeit präsentierte (EA 76/2014), die Fussgänger- und Velobrücke parallel zum Viadukt konkret voranbringen.
Präsentation beim Weekend am See Beim Weekend am See, das am kommenden Sonntag, 19. Juli, Fussgängern und Velofahrern wieder die Gelegenheit bietet, das Sihlseeufer autofrei zu geniessen und zu erleben, wird das überarbeitete Holzsteg-Projekt der Einsiedler Bevölkerung vorgestellt.
Und nicht nur das: Zusammen mit den Elektrizitätswerken des Kantons Zürich (EKZ) wird Edgar Kälin den Holzsteg Ende Juli beim diesjährigen Einsiedler Energie- und Umweltpreis einreichen. «In den letzten beiden Jahren haben wir aufgrund der politisch ungesicherten Situation in Sachen Strassen-Viadukt jeweils auf eine Teilnahme verzichtet. Nun sind die Konzessionsverhandlungen abgeschlossen, und man kann in die Zukunft blicken», so Kälin.
Längster Holzsteg der Welt
Die ganzjährig nutzbare Verbindung über den Sihlsee soll dabei nicht nur sicher und behindertengerecht sein, sondern eben auch ein einzigartiges Erlebnis sein – den Sihlsee hautnah und autofrei zu erfahren. «Denn Wanderer, Spaziergänger, Velo- und Rollstuhlfahrer müssen nicht den bestehenden Viadukt nutzen, über den der Motorverkehr läuft, sondern können gefahrlos und entspannt über das Wasser laufen beziehungsweise fahren», heisst in dem Info-Flyer.
Und das ist noch nicht alles. Denn der Holzsteg, der im Birchli noch kurz parallel zum Auto-Viadukt verläuft, der sich dann aber in einem spitzen Winkel bis zu 40 Meter weit von der Motorfahrzeugbrücke abspreizt und am Willerzeller Ufer dann etwas weiter hinten, getrennt von den Autos, andocken würde, wäre mit 1260 Metern der längste Holzsteg der Welt. «Die Brückenträger aus Holz stehen auf 50 Stahlstützen in Spannweiten von 20 bis 25 Metern», heisst es weiter im Flyer. Ausserdem sei der Holzsteg aufgrund seiner Breite von 2,8 Metern ausschliesslich für den Langsamverkehr nutzbar. Edgar Kälin schwebt auch eine kleine Aussichtsplattform an der Brücke vor – und sogar ein kleines Restaurant mit Aussenbestuhlung könnte vom Steg herunter im See erreichbar sein.
Sonnenstrom von der Brücke
Und selbst das ist noch nicht alles. Schliesslich soll das Brückenprojekt vor allem nachhaltig und ökologisch sein. Will heissen: Auf einer Länge von mehr als 1000 Metern sollen auf der südlichen Seite des Stegs Richtung Ybrig Solarpaneele installiert werden, die eine Leistung von 600 kWp erbringen würden – und damit Strom zur Versorgung von etwa 150 Haushalten erzeugen könnten. «Der Bau würde in Zusammenarbeit mit den Elektrizitätswerken des Kantons Zürich erfolgen », sagt Kälin. Bei den EKZ stosse die Solaranlage bereits auf grosses Interesse. Kalkulierter Kostenpunkt für das Brückenprojekt: rund 12 Millionen Franken.
Finanzierung wird nicht einfach Genau hier fangen die Herausforderungen an. Edgar Kälin räumt ein, dass die Holzbrücke wohl weitgehend über private Mittel zu finanzieren sein würde. «Die Rapperswiler Holzbrücke kostete seinerzeit drei Millionen Franken, und die Kantone St. Gallen und Schwyz steuerten damals insgesamt rund zwei Millionen Franken bei – doch mit wie viel öffentlicher Unterstützung beim Sihlsee-Holzsteg zu rechnen wäre, ist ungewiss.» Deshalb habe er bereits Ideen zur Finanzierung ausgearbeitet – etwa eine Art von Crowdfunding. «In Rapperswil kamen damals 1,5 Millionen Spenden von Privaten zusammen.» SBB wollen sich nicht sperren
Wie viel die SBB beizusteuern bereit wäre, die den Viadukt ja bis 2022 für rund 20 Millionen Franken zu sanieren beabsichtigt, wagt Kälin nicht zu bemessen. «Die SBB sperren sich auf jeden Fall nicht gegen das Holzstegprojekt. »
«Der Bau würde in Zusammenarbeit mit den Elektrizitätswerken des Kantons Zürich erfolgen.»
Edgar Kälin, Ingenieur
So könnte der Sihlsee-Holzsteg aussehen: Breit genug für Fussgänger und Velofahrer sowie ausgestattet mit einer kleinen Aussichtsplattform. Links noch zu erkennen: Der Strassen-Viadukt für den Motorverkehr, der saniert wird. Ganz im Hintergrund: Willerzell.
So könnte man sich das Restaurant direkt am Sihlsee vorstellen. Visualisierungen: Ingenieurbüro Edgar Kälin AG, Einsiedeln