«Mir ist die Freude vergangen»
Interview mit der zurückgetretenen Alpthaler Kirchenrätin und Kassierin Theres Schiesser-Steiner
Aus Frust und Protest in Zusammenhang mit der umstrittenen Pfarrhausrenovation und der Konflikte des Kirchenrats hat sie ihr Amt als langjährige Kirchenrätin niedergelegt und als Kassierin der Kirchgemeinde Alpthal gekündigt: Theres Schiesser- Steiner. Im Interview erklärt die 48-Jährige die Hintergründe.
WOLFGANG HOLZ
Frau Schiesser, Sie haben das jüngste Schreiben des Kirchenrats an die Alpthaler Bevölkerung auch erhalten und gelesen. Was sagen Sie dazu? Es gibt einige Aussagen in dem Schreiben, die für mich eine andere Bedeutung haben. Es ist von «unhaltbaren Verleumdungen », «Vernichtungswillen» und «verletztem Kollegialitätsprinzip» die Rede. Als ein Handwerker im Dezember 2018 beispielsweise endlich sein Geld wollte, klärte ihn Pfarradministrator Georg Rabeneck auf, dass bei der Kassierin die Sachen aus unerklärlichen Gründen nicht weitergehen würden. In Tat und Wahrheit blieben aber die unbezahlten Rechnungen längere Zeit bei ihm liegen. Des Weiteren war seit 2004 meine Anstellung als Kassierin ein Teil meines Einkommens – wessen Existenz wird da vernichtet? Und sogenannte Besprechungen wurden ohne die beiden oppositionellen Kirchenräte gehalten und daraus hervorgehende wichtige Schreiben ohne deren Wissen herausgegeben. Ist das kollegial?
Sie sind als langjähriges Mitglied des Kirchenrats zurückgerteten und haben als langjährige Kassierin der Kirchgemeinde gekündigt. Warum? Nach reiflicher Überlegung habe ich auf Ende Juli die Kündigung als Kassierin der Kirchgemeinde und kirchlichen Stiftungen eingereicht. Einerseits steht mein 15-Prozent-Pensum seit der Ära Rabeneck in keinem Verhältnis mehr zum tatsächlichen Aufwand. Auch ist mir die Freude an dieser Arbeit längst vergangen. Bereits im April 2019 schaffte es Georg Rabeneck, meinen Rechnungsabschluss bis in den Herbst zu blockieren. Sachliche Diskussionen waren nicht mehr möglich. Die Mehrheit der Kirchenräte hat ausschliesslich im Sinne Rabenecks entschieden. Kirchenratsintern wurde mir zuvor bereits mehr als einmal mein Rücktritt nahegelegt.
Wie ist es denn für Aussenstehende zu erklären, dass der fünfköpfige Alpthaler Kirchenrat so zerstritten ist? Pfarrer Georg Rabeneck, der im März 2017 seine Tätigkeit als Pfarradministrator in Alpthal begann, hat einen jahrelang gut funktionierenden Kirchenrat entzweit, indem es ihm gelang, eine Mehrheit zu seinen Gunsten zu manipulieren. Kritik schmetterte er mit Sprüchen wie «es läuft alles rechtens» oder «das ist samt und sonders Sache der Stiftung» ab. Die durch ihn hervorgerufene Spaltung ist auch im Dorf deutlich spürbar. Sein dreijähriges Wirken hat das Zusammenleben der Alpthaler bereits nachhaltig negativ verändert. Nicht das Pfarrhaus, sondern die uneinsichtige und unbelehrbare Person Georg Clemens Maria Rabeneck ist der wahre Grund vom herrschenden Zerwürfnis in Alpthal. Das sind harte Vorwürfe. Können Sie denn Beispiele für Verfehlungen des Alpthaler Seelsorgers nennen, zu denen es aus Ihrer Sicht gekommen ist? Schon im Juni 2017 kündigte die erste Mitarbeiterin. Mittlerweile haben vom Stiftungsrat bis zum Lektor mindestens fünf Personen ihre Ämter niedergelegt. Im September 2017 äusserte ich an einer Kirchenratssitzung erstmals deutlich meinen Unmut über die Arbeitsweise von Pfarrer Rabeneck, da Pendenzen nie innerhalb nützlicher Frist durch ihn erledigt wurden. Er kam seinen Verpflichtungen erst nach mehrmaligem Nachfragen und diversen Ausreden nach; Rechnungen blieben bei ihm weit über das Fälligkeitsdatum hinaus liegen. Für die bevorstehende 1000-Jahr-Feier Alpthals kaufte er im Juli für den neuen Dorfplatz in Eigenregie eine Jakobusstatue. Den Verkäufer hielt er mit Ausreden hin und ich als Kassierin sah erstmals im Dezember eine Zahlungsaufforderung und zwar im Zusammenhang mit der angedrohten Betreibung. Und wie ging es dann weiter?
Im September 2018 wurde im Kirchenrat offen über die angestauten Probleme und Auseinandersetzungen rund um Pfarrer Rabeneck gesprochen. Unter anderem gab er bei der Bank Rechnungen in Zahlung, ohne über die entsprechende Vollmacht zu verfügen. Im Nachhinein erteilte ihm der Stiftungsrat die Einzelvollmacht über alle Stiftungskonten. Erst auf mein beharrliches Drängen wurde das dann Monate später wieder rückgängig gemacht. Kirchenrat Felix Beeler legte Pfarrer Rabeneck an dieser Sitzung nahe, von sich aus freiwillig unser Dorf und unsere Pfarrei zu verlassen. Nichtsdestotrotz stellte die Kirchenratspräsidentin zwei Wochen später beim Bischof ein Gesuch um die sechsjährige Ernennung von Georg Rabeneck als Pfarradministrator. An Weihnachten 2018 verkündete er diese Neuigkeit. Der Kirchenrat wusste nichts davon. Wie hat sich eigentlich das Bistum Chur verhalten? Ein Teil des Kirchenrates und Pfarradministrator Rabeneck erhielten am 21. März 2019 eine Audienz in Chur. Bischof Vitus Huonder hörte sich die happigen Vorwürfe der beiden oppositionellen Kirchenräte Felix Beeler und von meiner Person an. Meine Botschaft an den Bischof lautete damals, dass die undurchsichtigen Machenschaften bei der Dorfplatzgestaltung sowie der Pfarrhausdachsanierung für mich nur ein kleiner Vorgeschmack dafür seien, wie es mit der Renovation weitergehen werde. Ich sagte, dass ich ein finanzielles Desaster befürchte und als Kassierin nicht mehr hinter meiner Arbeit stehen könne. Der Bischof bat daraufhin den Pfarrer, sich nicht in finanzielle Angelegenheiten einzumischen. Danach folgte das Debakel mit der Scheinfirma, welche Pfarrer Rabeneck gründen liess.
Scheinfirma?!
Ja. Bereits im Dezember 2018 drängte Pfarrer Rabeneck eine Drittperson, auf ihren Namen eine Scheinfirma zu gründen. Ende Mai 2019 erhielt ich von dieser Firma eine erste Rechnung für Baumaterial und Personaleinsatz. Im Zusammenhang mit der Visitation der Pfarramtskasse stellte sich heraus, dass Pfarrer Rabeneck persönlich der Rechnungssteller und als Präsident der kirchlichen Stiftungen zugleich auch der Rechnungsempfänger war. Das Ganze flog schliesslich auf. Die Convisa als Stiftungsaufsicht wurde von Chur beauftragt, diese Firma aufzulösen, ohne viel Staub aufzuwirbeln. Das hatte für den Pfarradministrator keine rechtlichen Konsequenzen. Allerdings wurden ihm dann vom Bistum Chur im Juli 2019 sämtliche finanziellen und baulichen Kompetenzen in Sachen Pfarrhaus entzogen, ebenso die Pfarramtskasse.
Und jetzt?
Pfarrer Rabeneck sorgt weiterhin für das Seelenheil der Alpeler Katholiken. Allerdings besuchen einige davon die Gottesdienste in Einsiedeln und Umgebung.
«Pfarrer Rabeneck hat einen jahrelang gut funktionierenden Kirchenrat entzweit.»
Theres Schiesser-Steiner. Foto: zvg