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«Ich bin ein Liftboy für mein Leben gerne»

«Ich bin ein Liftboy für mein Leben gerne» «Ich bin ein Liftboy für mein Leben gerne»

Seit zwölf Jahren arbeitet Klemens Gyr als Liftboy am Sessellift Eschbach. Dieser transportiert berühmte Skispringer wie Simon Ammann und Killian Peier auf die Schanzen in Einsiedeln. Sorgen bereitet dem 79-jährigen Willerzeller mitunter, wenn freche Buben im Sessel schaukeln, dass Gott erbarm.

MAGNUS LEIBUNDGUT

Wie sind Sie zum Liftboy-Job in Einsiedeln gekommen?

Bereits vor Jahren war ich im Verkehrsdienst und im Aufbau des Festzeltes bei den Schanzen Einsiedeln beschäftigt. So hat sich ein Engagement als Liftboy quasi von alleine ergeben. Begrüssen Sie Ihre Gäste persönlich mit einem «Guet Tag»? Das mache ich in der Tat. Und ich stehe den Gästen auch für Fragen zur Verfügung, die sie oftmals über die Schanzen stellen. Kennen Sie alle prominenten Gäste persönlich, die mit dem Lift zu den Schanzen fahren? Skispringer wie Simon Ammann, Andreas Küttel und Killian Peier sind mir naturgemäss wohlbekannt. Es kommt aber auch «normales Volk» auf die Schanzen. Zum Beispiel Leute vom Skiclub Einsiedeln. Oder Anfänger, die auf der 25-Meter-Schanze abfliegen. Kommt es vor, dass der Sessellift wegen Sturmwinden eingestellt wird?

Das war kürzlich der Fall, als ein Gewittersturm tobte. Auch der Föhnwind kann dazu führen, dass der Sessellift eingestellt wird. Allerdings bläst der Föhn an dieser Lage meistens nicht so stark. Sind im Winter auch Skifahrer auf dem Sessellift anzutreffen? Skifahrer nicht, aber immer wieder einmal lassen sich Wanderer den Berg hochfahren – für einen Fünfliber. Und natürlich Gäste, die ins Panoramarestaurant fahren. Bekommt der Liftboy hin und wieder ein Trinkgeld von den Kunden? Das kommt vor. Das Trinkgeld wird in einem Sparschweinkässeli gesammelt. Einmal im Jahr geht das Liftboy-Team mit diesem Geld für ein Essen aus. Fahren die Gäste nach dem Schanzenbrunch wieder mit dem Sessellift hinunter oder gehen sie zu Fuss?

Wenn sie zu viel getrunken haben im Panoramarestaurant, sollten sie besser zu Fuss gehen (lacht). Ist jemals jemand aus dem Sessel gefallen? Einmal ist jemand mit dem Gürtel am Bügel hängen geblieben und schaffte den Ausstieg nicht mehr. Aber wir konnten die Situation meistern, indem wir den Sessellift rückwärts laufen liessen. Eine Tafel warnt davor, während der Fahrt zu schaukeln. Halten sich die Gäste daran?

Es gibt freche Buben, die sich just nicht daran halten und schaukeln, was das Zeug hält. Dann empfängt sie oben meine Stimme aus dem Lautsprecher, dass sie das nächste Mal laufen können. Dann erschrecken die Buben, weil sie nicht ahnen konnten, dass ich sie dank der Videoanlage im Auge behalten habe (lacht). Ist der Liftboy-Job sehr beliebt?

Nein, Freiwilligenarbeit hat es ziemlich schwer in diesen Zeiten. In unserem Liftboy-Team arbeiten überwiegend Seniorinnen und Rentner – und zwar unentgeltlich. Einen Lohn beziehen wir nicht. Eben ist jemand in unserem Team gestorben, den wir nun ersetzen müssen. Wie lange machen Sie noch diesen Job als Liftboy? Noch möglichst lange hoffentlich – solange ich gesund bleibe. Denn ich bin ein Liftboy für mein Leben gerne. Diese Arbeit bereitet mir viel Freude.

Foto: Magnus Leibundgut

Klemens Gyr

Jahrgang: 1941 Wohnort: Willerzell Beruf: Rentner Hobbys: Wandern, Skifahren, Bergsteigen, Jagen

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