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«Mit Sandalen auf die Mythen zu wandern, ist waghalsig»

«Mit Sandalen auf die Mythen zu wandern, ist waghalsig» «Mit Sandalen auf die Mythen zu wandern, ist waghalsig»

Das Wandern gewinnt zunehmend an Bedeutung und bringt dem Bezirk Einsiedeln Wirtschaftsimpulse. Der Verein Schwyzer Wanderwege setzt sich für attraktive Fuss- und Wanderwege ein. An vorderster Front mit dabei ist Benno Birchler, der seit zwanzig Jahren Bezirksleiter Wanderwege ist.

MAGNUS LEIBUNDGUT

Das Wandern ist des Müllers Lust. Trifft das auch auf Sie zu? Wandern Sie gerne? Als Kind musste ich manchmal wandern. Ich hatte jedoch nicht unbedingt Freude daran, und mein Bubenherz konnte nicht dazu singen. Heute bin ich aber oft auf Wanderwegen anzutreffen, denn ich mag das Arbeiten und Organisieren für die Wanderwege sehr.

Wieso liegen Ihnen die Wanderwege am Herzen?

Ich habe mich schon immer gerne für die Allgemeinheit eingesetzt. Und jetzt erst recht nach meiner Pensionierung. Idealerweise kann ich mein Engagement für die Wanderwege in der Kombination des Präsidiums des Verkehrsvereins Euthal als Einsiedler Bezirksleiter Wanderwege verwirklichen. Wie sind Sie in dieses Amt geraten, als Bezirksleiter Wanderwege Einsiedeln? Vor zwanzig Jahren wollte der Verkehrsverein Einsiedeln die Arbeit für die Wanderwege abgeben. Und so ist der Verkehrsverein Euthal in die Bresche gesprungen und ich wurde vom damaligen Bezirksrat zum Bezirksleiter Wanderwege gewählt. Seither machen wir diese Arbeit. Sie erfüllt mich mit sehr viel Freude und ich habe vor, diese Tätigkeit auch noch in den kommenden Jahren fortzusetzen. Was gehört genau zur Pflicht eines Bezirksleiters Wanderwege?

In erster Linie geht es um den Unterhalt der Wanderwege, Strandwege sowie auch der Spazierwege und Neubauprojekte. Hinzu kommt der Unterhalt des Vita- Parcours. Im Winter sind die Schneeräumung der Winterwanderwege und das Ausstecken der Schneeschuhrouten aktuell. Sie machen das alles ganz alleine?

Oh, nein, hierfür wären die 220 Kilometer Wanderwege, die es im Bezirk Einsiedeln zu bewältigen gibt, etwas gar zu viel (lacht). Ich habe Mitarbeiter, die mich vor allem samstags in der Arbeit unterstützen. In Euthal haben wir ein Magazin mit Baumaschinen (Bagger, Dumper, Kipper, Schneefräsen und sonstige Geräte). Als Vergleich verbrauchen wir pro Jahr rund tausend Liter Diesel für das Auto und die Maschinen und zirka 200 Liter Aspen-Benzin alleine für die Fadenschneider. Welche Arbeiten stehen sonst noch an? Im ganzen Bezirk stehen feste sowie freistehende Holzbänke: Auch die brauchen ihre Pflege. Grössere Arbeiten vergeben wir an einheimische Unternehmer. Grosse Unterstützung erhalte ich vom Ortsleiter Euthal, Emil Kälin, und vom jetzt leider auch schon pensionierten Landschreiber- Stellvertreter Emil Kälin aus Gross. Wie haben sich die Wanderwege im Bezirk Einsiedeln in den letzten zwanzig Jahren verändert?

Erstmals wird der Kanton direkt in die Pflicht genommen, indem er nun für die Hauptwanderwege zuständig ist. Die übrigen Wanderwege sind wie bisher Sache der Bezirke und Gemeinden. Der Verein Schwyzer Wanderwege hat sich nun zur Pflicht gemacht, zusätzlich die Koordination für das gesamte Wegnetz zu übernehmen. Die Zusammenarbeit zwischen der kantonalen Fachstelle und des Vereins Schwyzer Wanderwege wurde mit einem Leistungsvertrag geregelt. Kamen neue Wege hinzu, sind alte Wege verloren gegangen? Die Zahl der Wanderwege hat sich naturgemäss erhöht. Es gibt allerdings auch alte Wege, die aufgegeben worden sind. Im Zuge der Digitalisierung etwa wurde festgestellt, dass bei zwei Wegen, die sehr nahe beieinander lagen, nun auf einen verzichtet werden kann. Inwiefern wirkt sich der Klimawandel auf den Unterhalt der Wanderwege aus? Die Zahl an Naturgefahren hat sich in den letzten Jahrzehnten erhöht. Wegen Unwettern werden Wege und Infrastrukturen zerstört. Lange Trockenphasen verändern die Wegstruktur. Gras und Humus bilden sich zurück und können Risse entstehen lassen oder Steine und Geröll instabil machen. Zwischenmarkierungen bleiben weniger lange bestehen und verblassen schneller. Dies hat zur Folge, dass vermehrt Kontrollen durchgeführt und Erneuerungen an die Hand genommen werden müssen. Spüren Sie, dass sich die Wandersaison wegen der Klimaveränderung stetig verlängert? An zentralen Stellen haben sich die Frequenzen von Wandernden stark erhöht. Das bedeutet eine zusätzliche Belastung der Infrastruktur auf Wanderwegen. So benötigen Sicherheitseinrichtungen an stark exponierten Stellen vermehrt Kontrollen oder gar eine Sanierung, um dem Ansturm standhalten zu können. Auf den verschiedenen Wanderwegen tragen auch die vielen Bikefahrer zu mehr Unterhalt bei.

Überhaupt boomt Wandern über alles. Wie erklären Sie sich, dass Wandern so beliebt geworden ist?

Alles drängt hinaus in die Natur. Von Zürich her ist ein grosser Druck spürbar von Tagestouristen, die zum Wandern in den Bezirk Einsiedeln anreisen. Erstaunlich ist das nicht. Wir verfügen ja über ein überaus attraktives Wanderwegnetz rund um das Klosterdorf herum. Mit dem Coronavirus ist alles noch viel verrückter geworden. Jetzt gibt es kein Halten mehr für nichts und niemanden mehr. Alle strömen in Gottes freie Natur. Leiten sich aufgrund dieser Massenbewegung Probleme für die Wanderwege im Bezirk Einsiedeln ab?

Weniger für die Wanderwege selber, sondern vielmehr für die vielen Feuerstellen, die wir entlang der Wege auch noch zu unterhalten haben. Es gibt an diesen Feuerstellen mehr Vandalenakte und Zerstörungen als früher. Vor allem Littering ist ein grosses Problem. Und dass Unmengen Holz sinnlos verbraten wird statt einfach nur eine Wurst zu bräteln. Es kommt sogar vor, dass Holz, das wir gratis an den Feuerstellen zur Verfügung stellen, gestohlen wird. Wie gefährlich ist Wandern?

Naturgemäss zieht «neue Sommerfrische » immer mehr unkundige Wandernde an. Im Bezirk Einsiedeln gibt es keine Alpinwanderwege. Die Mythen zum Beispiel, an denen einige Wanderer schon zu Tode gestürzt sind, gehören nicht in unser Einzugsgebiet. Meist wird es gefährlich, wenn sich Wanderer überschätzen oder wenn sie schlecht ausgerüstet sind und die falschen Kleider tragen: Mit Sandalen auf die Mythen zu wandern, ist schon ziemlich waghalsig. Wie steht es um die Zahl der Mitglieder Ihres Vereins? Solange wir über dreihundert Mitglieder und Gönner haben, mache ich mir keine Sorgen. Matchentscheidend bezüglich der Finanzierung unserer Arbeit ist eh nicht die Anzahl der Vereinsmitglieder, sondern vielmehr die Beiträge seitens des Bezirks und des Kantons. Ich kann mit Fug und Recht sagen, dass es um die Perspektiven der Wanderwege gut bestellt ist.

Zur Person

ml. Benno Birchler ist am 24. Februar 1953 in Einsiedeln geboren und aufgewachsen. Er musste seinen erlernten Beruf als Landwirt unfallbedingt im Jahr 1985 aufgeben. Danach war Benno Birchler bis zu seiner Pensionierung Leiter eines Handwerkerzentrums in Einsiedeln. Im Jahr 1998 wurde er zum Präsidenten des Verkehrsvereins Euthal gewählt. Seit dem Jahr 2000 ist Benno Birchler Bezirksleiter Wanderwege, die zu seinem grossen Hobby zählen. Er ist seit dem Jahr 1977 verheiratet, hat drei erwachsene Kinder und lebt in Euthal.

«Es gibt an den Feuerstellen mehr Vandalenakte als früher. Vor allem Littering ist ein grosses Problem.»

Benno Birchler, Bezirksleiter Wanderwege

Heutzutage ist Benno Birchler oft auf Wanderwegen anzutreffen: «Ich hatte als Kind nicht unbedingt Freude am Wandern, und mein Bubenherz konnte nicht dazu singen.» Foto: zvg

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