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«Wir haben komplett auf Zimmerservice umgestellt»

«Wir haben komplett auf Zimmerservice umgestellt» «Wir haben komplett auf Zimmerservice umgestellt»

Markus Forster ist in Zeiten der Coronakrise stark gefordert: Eine grosse Sorge bereitet dem 45-jährigen Leiter des Alters- und Pflegeheims Langrüti die Ungewissheit, wie lange die Bewohner des Heims in Einsiedeln noch in Quarantäne bleiben müssen.

MAGNUS LEIBUNDGUT

Wie geht es Ihnen in diesen bewegten Zeiten?

Mir geht es den Herausforderungen entsprechend gut. Was mich ausserordentlich freut und Kraft gibt, sind unsere Mitarbeitenden aus allen Ressorts, die hervorragende Arbeit leisten und grosse Flexibilität zeigen. Auch das enorme Verständnis unserer Bewohner und Angehörigen ist ein Aufsteller. Zudem ist der Zusammenhalt in Einsiedeln sehr positiv und wertvoll. Ich pflege einen engen Austausch mit Clemens Egli, Geschäftsführer des Alterszentrums Gerbe. Wie kommt das zum Ausdruck?

Wir sprechen uns gegenseitig zum Beispiel bezüglich der Schutzmassnahmen ab. Zudem bin ich täglich mit unserem Betriebskommissionspräsidenten Ueli Brügger in telefonischem Kontakt, um die aktuelle Situation laufend zu besprechen und entsprechend zu handeln. Auch die Zusammenarbeit mit dem Bezirksführungsstab ist top, der die Einsiedler Institutionen im Gesundheitswesen unterstützt. Wie schützen Sie sich selber vor dem Virus? Ich setze die empfohlenen Verhaltens- und Hygieneregeln konsequent um. Im Weiteren vermeide ich die sozialen Kontakte ausserhalb meiner Familie.

Gehen Sie täglich ins Altersheim oder machen Sie Homeoffice?

In meiner Funktion als Heimleiter bin ich als Person vor Ort gefordert, weshalb Homeoffice nicht viel bringt. Darum bin ich fast täglich in der Langrüti. Gibt es Fälle von Coronavirus in Ihrem Heim, bei Bewohnern oder beim Personal? Was unsere Bewohner und Mitarbeitenden betrifft, halten wir uns an den Persönlichkeitsschutz. Ich darf Ihnen darum keine Informationen zu diesem Thema geben. Wäre es möglich, dass Bewohner im Heim bleiben könnten, wenn sie sich angesteckt haben?

Selbstverständlich. Unser Pandemiekonzept sieht in diesem Fall vor, dass der Bewohner isoliert im eigenen Zimmer bleibt. Zusätzlich treffen wir sämtliche Schutzmassnahmen, um die übrigen Bewohner sowie die Mitarbeitenden vor einer Ansteckung zu schützen. Des Weiteren fordern wir ärztliche Unterstützung an.

Wie schützen Sie die Bewohner des Heims?

Wir tun alles, um unsere Bewohner zu schützen und halten uns konsequent an die Vorgaben von Bund und Kanton. So haben wir zum Beispiel komplett auf Zimmerservice umgestellt, um Menschenansammlungen im Speisesaal zu vermeiden. Auch darf innerhalb des Hauses nur noch eine Person alleine pro Tisch Platz nehmen, und die Tische müssen mindestens zwei Meter auseinander stehen. Gruppenaktivierungen und Anlässe finden vorderhand keine statt.

Gilt ein Besuchsverbot?

Der Kanton Schwyz hat für sämtliche Alters- und Pflegeheime im Kanton Schwyz ein Besuchsund Ausgehverbot verfügt. Die Bewohner dürfen zwar noch auf dem Langrüti-Gelände spazieren, sie dürfen aber auch dort keine Besucher mehr empfangen.

Dürfen Angehörige ins Heim kommen im Sterbefall? Dies ist durch eine Ausnahmeregelung möglich, welche die Heimleitung genehmigt. Ich finde es sehr wichtig, dass die engsten Angehörigen in der Sterbephase Abschied nehmen können.

Wie gehen die Bewohner damit um, dass Sie nicht mehr hinaus und keine Besuche mehr empfangen dürfen?

Bis anhin erstaunlich gelassen und mit viel Verständnis. Unsere Bewohner wissen über die allgemeinen Massnahmen zum Schutz vor dem Coronavirus Bescheid und stellen fest, dass nicht nur sie davon betroffen sind. Wie können Sie Schwermütigkeit bei Bewohnern auffangen, wenn diese aufgrund der Isolation der Bewohner auftreten sollte? Wir haben die Einzelaktivierung beziehungsweise Einzelgespräche stark erweitert. Unsere Mitarbeitenden bieten dies – mit dem nötigen Abstand – an. Mit Gesprächen lässt sich sehr vieles auffangen. Die wichtigste Massnahme gegen das Isolationsgefühl ist aber, dass sich unsere Bewohner auf dem recht grossen Langrüti-Gelände an der frischen Luft bewegen können. Wie sieht das konkret aus?

Durch die Schliessung der Cafeteria hat zum Beispiel das Cafeteriapersonal nun Zeit für diese Spaziergänge ins Freie. Diese finden allerdings nur zu zweit statt, und die begleitenden Mitarbeitenden tragen konsequent eine Schutzmaske um die Bewohner zu schützen. Seit dieser Woche ermöglichen wir unseren Bewohnern, dass sie Skype oder WhatsApp nutzen, um mit ihren Angehörigen zu kommunizieren. Dabei bieten unsere Mitarbeitenden Hilfestellungen an. Wie lange ist es zumutbar, dass die Bewohner quasi in Quarantäne bleiben müssen? Diese Frage bereitet mir grösste Sorgen. Beantworten kann ich sie nicht, weil alles davon abhängt, wie sich die Coronavirus- Pandemie entwickelt. Wie kann man Senioren, die vielleicht nicht mehr allzu lange leben können, erklären, dass sie nun quasi in ihrer letzten Lebensphase eingesperrt sind und ohne Kontakte verbringen müssen? Wir müssen zu diesem Thema gar nicht so viel erklären, weil unsere Bewohner über grosse Lebenserfahrung verfügen und aufgrund ihrer Lebensgeschichte schon viel erlebt haben. Sie sind sich auch bewusst, dass die momentane Vermeidung zwischenmenschlicher Kontakte nicht nur für Altersheimbewohner gilt, sondern für alle Menschen rund um die Welt. Gibt es Bewohner in Ihrem Heim, die lieber in Kontakt mit ihren Angehörigen treten würden und das Risiko einer Ansteckung eingehen wollen? Bis anhin ist dies nicht der Fall. Wir hören zwar ab und zu, dass es Bewohner hinnehmen würden, am Coronavirus zu sterben. Wir machen ihnen aber bewusst, dass das Missachten des Kontaktverbots den Mitbewohnern und Mitarbeitenden schaden könnte. Auf diese Weise schaffen wir das nötige Verständnis. Nun soll die Welle kommen: Gibt es weitere Massnahmen, die Sie ins Auge fassen? Wir sind auf der Hut und halten uns weiterhin konsequent an die Vorgaben von Bund und Kanton sowie an unser Pandemiekonzept.

Ein Interview mit Clemens Egli, Geschäftsführer im Alters- und Pflegezentrum Gerbe, folgt in der kommenden Ausgabe des Einsiedler Anzeigers vom 3. April.

Markus Forster ist Heimleiter im Alters- und Pflegeheim Langrüti in Einsiedeln.

Foto: zvg

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