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«Der Kontakt mit dem Papst kann wegen des Virus nicht auf Null gestellt werden»

«Der Kontakt mit dem Papst kann wegen des Virus nicht auf Null gestellt werden» «Der Kontakt mit dem Papst kann wegen des Virus nicht auf Null gestellt werden»

Seit einem halben Jahr ist Cyriac Schnyder Schweizergardist im Vatikan. Der 21-jährige Einsiedler steht Red und Antwort über seinen Dienst im Vatikanstaat. Dieser verläuft nicht zuletzt wegen des Coronavirus unter sehr speziellen Vorzeichen.

MAGNUS LEIBUNDGUT

Wie geht es Ihnen im Vatikan in diesen bewegten Zeiten?

Gut. Ich habe keine Schwierigkeiten auf der mentalen oder körperlichen Ebene. Wie hat sich Ihr Dienst, Ihre Arbeit als Schweizergardist durch den Coronavirus verändert? Es ist ruhiger im Arbeitsalltag. Zusätzlich finden keine öffentlichen Generalaudienzen statt, und es werden keine Staatsoberhäupter empfangen. An diesen Empfängen wäre in «normalen» Zeiten die Garde sonst üblicherweise auch präsent.

Dürfen Sie noch in Rom in den Ausgang, wenn Sie frei haben? In Rom sind alle Clubs, Bars und Restaurants geschlossen, somit stellt sich die Frage nach dem Ausgang gar nicht. Der Vatikan darf nur für dringende Angelegenheiten wie Einkäufe und Termine verlassen werden.

Dürfen Sie sich als Schweizergardist dem Papst nicht mehr nähern, auf dass er nicht angesteckt wird?

Der Schutz des Papstes steht an oberster Stelle, deshalb kann der Kontakt nicht auf Null geschaltet werden. Es wird aber erhöht auf die Gesundheitsbestimmungen geachtet. Kommen Sie den anderen Schweizergardisten durch den Dienst oder in den Schlafzellen automatisch nah? Auch hier wird der Abstand beachtet. Zum Beispiel beim Essen sind wir eineinhalb Meter weit auseinander. Der Kontakt wird zwar – wo auch möglich – minimiert. Aber er ist natürlich immer vorhanden. Sind denn bereits Infektionen bei den Schweizergardisten und in Ihrem Umfeld aufgetaucht?

Nein, im Vatikan und in Süditalien ist es bis jetzt eher ruhig geblieben.

Haben Sie sich jemals in Ihrem Leben vorstellen können, dass Sie als Schweizergardist in eine solche Situation geraten könnten?

Ich glaube kaum, dass jemand mit solch einer Entwicklung gerechnet hat. Auch wenn ich vor einem Jahr im Militär mich noch mit biologischen Szenarien auseinandergesetzt habe, hätte ich nie damit gerechnet, dass solche demnächst eintreten könnten.

Kommt es überhaupt noch zu Kontakten zwischen dem Papst und Gläubigen? Mittlerweile empfängt der Papst wieder Gäste. Es handelt sich aber hierbei um interne Gäste. Ist die Vatikanstadt so leer wie Rom zurzeit? Der Vatikanstaat ist auch sonst sehr ruhig, da er für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. Viele Büros sind aber auch geschlossen, deshalb ist es noch ruhiger als sonst. Wie sind Sie zum Schweizergardisten geworden? War das ein Bubentraum von Ihnen, eines Tages Schweizergardist zu werden? Ich kannte die Schweizergarde bis ins Jahr 2012 noch gar nicht. Den ersten Kontakt entwickelte ich mit der Romreise des Religionsunterrichts der zweiten Oberstufe. Aber selbst da dachte ich nicht daran, jemals hier zu landen. Das Interesse vergrösserte sich erst im Laufe der Zeit. Seit wann sind Sie Schweizergardist und wie lange werden Sie es noch bleiben? Ich begann meine Rekrutenschule im Vatikanstaat Ende September des letzten Jahres. Ich bin bis mindestens im November 2021 hier im Vatikan. Was haben Sie bisher bereits erlebt als Schweizergardist – neben dem Coronavirus? Zuerst natürlich die zweimonatige Ausbildung hier in Rom und im Tessin mit der Kantonspolizei. Anschliessend den Arbeitsalltag an den Grenzen des Vatikans. Welchen Weg werden Sie einschlagen, wenn Sie nicht mehr Schweizergardist sein werden? Das ist momentan noch ein weiter Weg. Mir stehen alle Wege offen: Ob die in Rom sind, im Lehrberuf, in der Sicherheitsbranche oder wieder etwas komplett Neues. Haben Sie Heimweh nach dem Klosterdorf? Können Sie sich vorstellen, dereinst nach Einsiedeln zurückzukehren? Klar merkt man, dass man weit weg von zu Hause ist – auch da ich das erste Mal über längere Zeit weit weg bin. Ich bin eher erstaunt, wie leicht es mir gefallen ist. Als Fasnächtler wird man mich aber sicher wieder im Dorf antreffen.

Ende September ist der Einsiedler Cyriac Schnyder als Schweizergardist in der Vatikanstadt in die Rekrutenschule eingetreten. Foto: zvg

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