«Das wird qualitätsbewusste Bauherren aufhorchen lassen»
Den Fensterbauern weht ein steifer Wind entgegen. Selbst traditionelle und grosse Unternehmen sehen sich zu Betriebsschliessungen gezwungen. Der Einsiedler Anzeiger fragte bei der Biberbau AG nach.
VICTOR KÄLIN
Kaum wurde die Zahlungsunfähigkeit des Mörschwiler Fensterbauers Swisswindows bekannt, folgte mit der Thuner Ruchti Aerni AG bereits ein nächster Konkurs. Das Traditionsunternehmen monierte, dass insbesondere der Geschäftsbereich Kunststofffenster stark defizitär sei.
Kunststofffenster sind auch eine Spezialität der 1932 gegründeten Biberbau AG in Bennau. Das Familienunternehmen ist einer der grössten Fensterbauer der weiten Region und beschäftigt rund 70 Personen. Walter Blattmann, Geschäftsführer seit 2016, beantwortete die Fragen unserer Zeitung. Die Schweizer Fensterbauer liefern derzeit Schlagzeilen. Swisswindows in Mörschwil und die Ruchti Aerni AG in Thun müssen schliessen. Fast 400 Personen verlieren ihren Job. Was lösen diese Meldungen bei Ihnen aus? Diese Meldungen haben mich nur zum Teil überrascht, denn die Fensterbranche ist schon seit Längerem in einem grossen Umbruch und leidet unter Überkapazitäten. Wir wissen auch von einigen Lieferanten, dass viele Fensterfirmen Liquiditätsprobleme haben, so insbesondere auch Swisswindows, welche zu den wenigen Fensterfirmen gehörte, die national tätig waren. Warum kam es zu den beiden Betriebsschliessungen? Wo liegt das Problem? Das Problem liegt einerseits beim grossen Lohngefälle zwischen der Schweiz und Osteuropa und andererseits bei den unrealistisch tiefen internationalen Transportkosten, welche es den riesigen Fensterbauern in Osteuropa erlauben, die Märkte mit billigen Fenstern zu überfluten. Nachhaltigkeit und CO2-Reduktion ist zwar in aller Munde, aber solange diese Transportkosten nicht auf ein realistisches Niveau gebracht werden, bleiben alle Klimabemühungen erfolglos. Hier müsste die Politik ansetzen (wollen), anstelle die einheimische Wirtschaft durch Überregulierung zu blockieren. Sind die professionellen Bauträger wirklich immer weniger bereit, «Dienstleistungen angemessen zu bezahlen», wie die Firma Ruchti Aerni schreibt? Das stimmt absolut. Leider zählt bei Grossobjekten in den meisten Fällen wirklich nur der Preis. Wie sieht es bei der Biberbau AG aus? Da wir hauptsächlich auf den Sanierungsbereich und auf kleine und mittelgrosse Neubauobjekte ausgerichtet sind und über einen soliden Kundenstamm verfügen, haben wir nach wie vor Chancen, an Aufträge zu kommen. Die Auftragslage ist aktuell gut – für die Jahreszeit sogar sehr gut. Spürt auch die Biberbau AG den Preisdruck? Ja, den Preisdruck spüren wir stark, und zwar seit dem Euroschock im Jahr 2015. Die Situation hat sich seither auch nicht mehr wirklich verbessert. Bei der Ruchti Aerni war der Geschäftsbereich Kunststofffenster «stark defizitär». Die Biberbau hat sich vor Jahren schon auf die Produktion von Kunststofffenstern spezialisiert. Schreibt dieser Bereich bei Ihnen noch schwarze Zahlen? Die Biberbau AG gehört zu den Pionieren im Bereich Kunststofffenster und war einer der ersten Hersteller in der Schweiz. In den Jahren 2017 und 2018 mussten auch wir in der Fensterabteilung negative Abschlüsse hinnehmen. Im letzten Jahr zeichnete sich glücklicherweise für uns eine langsame Kehrtwende ab und es ist uns gelungen, das Jahr 2019 mit einem ausgeglichenen Ergebnis abzuschliessen.
Ich denke einer der Gründe für das Scheitern von Ruchti Aerni war, dass sie in der Kommunikation nicht ganz ehrlich waren. Sie bezeichneten sich immer ausdrücklich als Schweizer Unternehmen und führten das Schweizerkreuz im Logo, haben aber gleichzeitig die Produktion nach Mazedonien verlagert.
Zeichnet sich bei der Biberbau AG Handlungsbedarf ab? Ja, absolut, aber wie gesagt bereits seit dem Jahr 2015. Als Familienunternehmen denken wir langfristig und haben daher in den guten Jahren die Gewinne in den Aufbau und die Modernisierung des Betriebs investiert. Somit sind wir auf diese schwierige Situation einigermassen gut vorbereitet.
Nichtsdestotrotz ist die Situation ernst und wir müssen uns den veränderten Gegebenheiten anpassen. Es sind keine radikalen Massnahmen geplant, sondern wir optimieren laufend in allen Bereichen. Im vergangenen Jahr haben wir den Wiederverkauf, das heisst den Verkauf von Fenstern und Türen ohne Montage, an Schreinereien und Montageunternehmen ausgebaut.
Wie sieht es bei den Mitarbeitenden aus?
Unser Personalbestand beträgt schon seit einigen Jahren rund 70 Mitarbeiter und wir haben weder die Absicht zu wachsen, noch kleiner zu werden. Der Fensterbau ist zwar unser Hauptbereich, aber nicht der einzige. Die Vielfalt unseres Angebots ist sicher einer unserer Erfolgsfaktoren, zusammen mit unserer Zimmereiabteilung können wir umfassende Sanierungen aus einer Hand anbieten. Haben Sie das Umsatzziel 2020 nach unten korrigieren müssen? Nach den schwachen Jahren rechnen wir mit einer leichten Erholung und insbesondere der gute Start ins Jahr stimmt uns zuversichtlich. Die Hysterie um das Coronavirus macht aber alle Prognosen noch viel schwieriger als sie eh schon sind. Seit einiger Zeit spüren wir eine langsame, aber stetige Trendwende. Vielen Hausbesitzern ist es nicht gleichgültig, woher ihre Fenster kommen, sondern sie fragen uns ganz gezielt, ob wir selbst produzieren und montieren und sind dann auch gewillt, diesen Mehrwert mit einem angemessenen Preis zu honorieren.
Swisswindows schrieb, dass sich die Fensterbranche schon seit längerer Zeit «in einer Konsolidierungsphase » befindet. Es wird gebaut und gebaut – und trotzdem gibt es Überkapazitäten? Ja, die Überkapazitäten im Fenstermarkt sind nach wie vor gross und drücken auf das Preisniveau. So müssen wir immer wieder sehen, dass eben gerade die grossen Schweizer Fensterbauer versuchen, in diesem ruinösen Preiskampf mit Osteuropa mitzuhalten und nicht kostendeckend offerieren. Durch diese Konkurse werden zudem ganz bestimmt wieder neue Firmen entstehen, welche aber nicht zwingend in der Schweiz produzieren werden, sondern die Fenster aus Osteuropa importieren.
Profitiert Ihre Firma von der Strukturbereinigung?
Kurzfristig können wir sicherlich profitieren, denn Swisswindows hatte volle Auftragsbücher und jetzt wird plötzlich nichts mehr geliefert. Zudem denke ich, dass wir unter dem Strich auch langfristig von dieser Bereinigung im Markt eher profitieren können, denn es wird qualitätsbewusste Bauherren aufhorchen lassen. Sie werden hoffentlich in Zukunft genauer hinschauen, ob ihr Fensterlieferant seriös wirtschaftet.
Die Fensterwerkstatt der Biberbau AG und oben rechts Geschäftsführer Walter Blattmann. Er sagt: «Wir haben weder die Absicht zu wachsen, noch kleiner zu werden».