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Mal schneereich, mal schneearm

Mal schneereich, mal schneearm Mal schneereich, mal schneearm

Loipenbetreiber in der Region kämpfen mit dem aussergewöhnlich warmen Winter – sehen aber noch weiss am grünen Horizont

Nicht nur die Skiliftbetreiber, sondern auch die Loipenspurer leiden unter der momentanen Schneelosigkeit und den hohen Temperaturen. Sie nehmen die Situation aber noch gelassen.

WOLFGANG HOLZ

Der Schwedentritt ist aus dem Tritt. Schon wieder. Dort, wo Ende Januar noch weisser Winter herrschte, strotzen die Wiesen frühlingshaft grün. Nur zwei Tage war die in den Augen so mancher Einsiedler schönsten Loipe der Region, ja in der ganzen Schweiz, in Betrieb.

«In Einsiedeln liegt nur noch fleckenweise Schnee. Grüne Wiesen», lautet die ernüchternde Botschaft auf der Schweden-tritt Webseite. Kein Wunder – ist dieser Winter laut Meteorologen im Schnitt um drei Grad zu warm. Ja, es handelt sich sogar um den wärmsten Winter, seitdem es Temperaturmessungen gibt. 65 und 110 Tage offen in den letzten Wintern Andererseits – im vergangenen Winter konnte man hier noch an 65 Tagen per Diagonalschritt oder kräftigem Skating-Schub kilometerweit durch die verschneite Landschaft gleiten. Das Jahr zuvor sogar an 110 Tagen.

Walter Schuler vom Langlauf Alpthal, wo bis zum vergangenen Wochenende 18 Loipentage zusammengekommen sind, sagt zu dieser Wintersaison: «Solche Winter hat es schon 1989/90 und auch 2006/07 gegeben.» Dagegen sei beispielsweise der letzte Winter wiederum schneereich gewesen, und es habe in Einsiedeln 70 Zentimeter am Schwedentritt hingeschneit und in Alpthal, wo Schuler jüngst neue Loipen kreierte, sogar über einen Meter.

Er sieht die Zukunft der Loipen in und um Einsiedeln deshalb nicht gefährdet. Trotz Klimaerwärmung wird es seiner Meinung nach auch weiterhin möglich sein, in Einsiedeln den Langlaufsport zu geniessen. Null-Grad-Grenze schon seit Langem gestiegen Auch auf der Bolzberg-Trachslau-Loipe in Einsiedeln, die schon seit 40 Jahren gespurt wird, grünt es schon recht grün – wo sonst im Winter auf den herrlichen Loipen gelaufen wird. «Die Loipensituation ist derzeit sehr schlecht», verhehlt Betreiber Erich Schönbächler nicht. Bislang konnte man die Loipen an 15 Tagen befahren – in einem normalen Winter sei dies an 80 bis 120 Tagen möglich.

Aber was ist heutzutage schon noch normal in Sachen Klima. «Langlauf wird es in unseren Breiten trotzdem auch in Zukunft noch geben», ist Schönbächler überzeugt. «Es wird halt schneearme und schneereiche Winter geben. Das ist nicht kalkulierbar. » Die Null-Grad-Grenze sei ja schliesslich auch schon seit 30 Jahren im Steigen. Sagts und verrät den Vorteil von Loipen gegenüber Skipisten in niedriger Lage.

«Wenn es 15 bis 20 Zentimeter geschneit hat, kann man schon eine Loipe spuren – der Skiliftbetreiber braucht dagegen eine dickere und festere Unterlage.» Mythos Kunstschnee

Gegenüber von Kunstschnee als Retter der grünen Loipen ist Schönbächler indes skeptisch. Zum einen gebe es in den Höhenlagen Einsiedelns immer weniger kalte Tage. Hier stelle sich die Frage, ob bei diesen Temperaturen überhaupt noch genügend technischer Schnee, auch wenn die Ressourcen wie Wasser vorhanden wären, produziert werden könne. «Natürlich kann man es auch bei Grenzwerten Kunstschnee schneien lassen – aber das ist wenig effizient.» Ganz zu schweigen von den hohen Kosten.

Zum anderen ist es laut Erich Schönbächler fraglich, ob und wie viele Langläufer das Angebot nutzen würden. «Breitensportler suchen ja gerade das emotionale und entspannende Erlebnis in der Winterlandschaft, dafür ist ein dünnes Schneeband weniger geeignet.» Leistungssportler hingegen und die Betreiber von Langlaufschulen für deren Kurse, so Schönbächler, würden das Angebot sicher nutzen.

Viel Geld in Studen investiert

Hart trifft es in diesen Tagen den Langlaufclub Studen. Denn der hat mächtig in den nordischen Skisport investiert. Sprich: Allein mehr als zwei Millionen Franken in das «Nordic Hus», in dem sich Langläufer nach dem Schwitzen in der Loipe bequem duschen und umziehen können. Wo es einen Aufenthaltsraum und eine Wachsstation gibt. Wo ein Sportgeschäft direkt vor Ort Tipps und Ausrüstung parat hält. Eine perfekte und einzigartige Infrastruktur. Nicht zuletzt wurde der Loipen-Maschinenpark aktuell mit zwei neuen Fahrzeugen für rund 500’000 Franken aufgerüstet.

Die Sommernutzung ist noch unklar

Allein es fehlt auch in Studen der Schnee – das «weisse Gold» sozusagen. Bislang konnte man hier nur an sechs Tagen langlaufen. «Dieser Winter ist aber so extrem, dass es sich mit Sicherheit um einen Ausreisser handelt», bleibt Gabriel Fässler, Präsident des Langlaufclubs Studen, zuversichtlich. Wenns schneit, seien nämlich die Langläufer sofort zur Stelle, und es herrsche reger Betrieb auf den Loipen.

Wie man die teure Infrastruktur im Sommer intensiv nützen könne, stehe dagegen noch in den Sternen. Auch Andreas Schaad, einst erfolgreicher nordischer Kombinierer und Sportgeschäft-Betreiber im «Nordic Hus», sieht noch keinen Anlass zur Panik. «Ich bin überzeugt, dass die Winter in Zukunft kürzer sind – aber es wird sie immer noch geben. Wenn solche Winter wie der jetzige allerdings zur Regel werden, rentiert sich so ein Laden nicht mehr.» Und was ist mit der Hoch-Ybrig-Loipe in alpiner Höhe? Wäre sie das Modell der Zukunft für den Langlauf-Sport in Zeiten der Klimaerwärmung? Diese rund zwei Kilometer lange Loipe wird ja vom Langlaufclub Studen betrieben und hatte in diesem Winter bis jetzt fast die ganze Zeit geöffnet. Doch Präsident Gabriel Fässler winkt ab.

Nur mässig frequentiert

«Für viele Breitensport-Langläufer ist es schlicht zu umständlich, extra die Seilbahn zur Loipe benützen zu müssen. Die meisten wollen eben direkt mit dem Auto zur Loipe fahren», sagt Fässler. Er habe schon viele E-Mails erhalten von Langläufern, die lieber mit dem Auto ins Engadin oder nach Davos zum Langlaufen fahren als die Hoch-Ybrig-Loipe zu nutzen. Deshalb tummelten sich dort im Schnitt täglich lediglich etwa 20 Läufer. «Für uns ist die Loipe trotzdem wichtig – damit die Langlaufschulen auf Schnee Kurse geben können.»

Die Hoch-Ybrig-Loipe war bisher meistens offen: Die zwei Kilometer lange Loipe ist aber nicht sehr stark frequentiert, weil viele Langläufer die Bahnkosten scheuen. Foto: zvg

Die Bolzberg-Loipe ist derzeit leider nur eine grüne Loipe.

Der Langlaufclub Studen hat mit dem «Nordic Hus» und einem modernen Maschinenpark mächtig in die Langlaufinfrastruktur investiert – doch nun fehlt der Schnee.

Fotos: Wolfgang Holz

Auch auf der Schwedentritt-Loipe liegt nur noch ein minimales Restchen Schnee.

«Wenn es 15 bis 20 Zentimeter geschneit hat, kann man schon eine Loipe spuren.»

Erich Schönbächler, Bolzberg-Loipe

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