«Wachstum kostet eben auch Geld»
Nicht nur der Klosterplatz wartet auf seine Vollendung – es gibt noch andere Baustellen in Einsiedeln
Eigentlich müsste man in Einsiedeln dem Pflasterstein ein Denkmal setzen. Denn keine andere Sache hat das Klosterdorf im letzten Jahr so beschäftigt. Bezirksammann Franz Pirker ist indes sicher, dass der Streit um die Klosterpflästerung bald ein Ende haben wird.
WOLFGANG HOLZ
Steine, Steine, Steine. In seiner Videobotschaft, in der sich Franz Pirker vor Weihnachten mit Festtagsgrüssen an die Einsiedler Bevölkerung wandte, wird zumindest im Bild sofort klar, was ihm im vergangenen Jahr Sorgen bereitete. Nachdenklich wirkend schreitet er in dem Video aus einem eisernen Tor über das Klosterpflaster hinweg – im Bildhintergrund sind lauter Säcke mit noch zu pflasternden Steinen zu sehen. «Gemörtelt ist zeitgemäss»
Im persönlichen Gespräch wirkt der Bezirksammann indes deutlich optimistischer. In der Frage, ob der «Platz im Platz» vor dem Kloster nun in Sand oder in Mörtel gepflästert wird, zeigt er sich zuversichtlich. Er geht davon aus, dass sich die gemörtelte Variante, wie vom Bezirk vorgesehen, am Ende durchsetzen wird.
«Diese Art der Pflästerung ist zeitgemäss. Eine historische Referenz, auf die man sich beziehen könnte, gibt es beim Dorf- und Klosterplatz nicht», so Pirker. Nicht zuletzt ist er sich auch sicher, dass die Neuerbauer des Klosters Einsiedeln anno 1740 die gleiche gemörtelte und fest verfugte Variante gewählt hätten, wenn sie damals die Möglichkeit gehabt hätten.
Pirker zeigt sich auch zuversichtlich, dass die «monolithische » Sachfrage gelöst werden und der Baustopp aufgehoben werden kann, wenn sich Ende April ein runder Tisch zum Thema Klosterpflästerung aus Experten und Verantwortlichen einfindet. Im Augenblick prüfen die eidgenössische Denkmalpflege und die Fachstelle für hindernisfreies Bauen die Angelegenheit.
«Es bleibt also genügend Zeit für eine gute Lösung. Schade ist nur, dass der Klosterplatz noch nicht fertig ist», bedauert Pirker. Schliesslich stünde mit dem «Welttheater» diesen Sommer eine Grossveranstaltung auf dem Programm – und während des Weihnachtsmarkts habe man gesehen, dass das verlegte Platz-Provisorium nicht ideal sei. Einen Imageschaden für Einsiedeln wegen des unfertigen Klosterplatzes habe er aber bis jetzt nicht feststellen können. Schulen, Strassen, Werkhof
Pflaster hin, Pflaster her. In der «Boom-Town» Einsiedeln, wo offensichtlich immer mehr Leute gerne wohnen, weil es hier schön ist ( siehe auch den Artikel über die neuesten Bevölkerungszahlen in dieser Ausgabe), gilt es, auch noch andere Steine aus dem Weg zu räumen.
Zum Beispiel die Sanierung der Schulhäuser und Bereitstellung ausreichenden Schulraums für die wachsenden Schülerzahlen.
«Im Fall der Schulen Kornhausstrasse und Nordstrasse haben wir endgültige Lösungen realisiert, in Trachslau und Gross sind wir auf Kurs», fasst Pirker zusammen: «Doch Wachstum und Ausbau kosten eben auch Geld.» Das betreffe auch andere Infrastrukturen wie den neuen Werkhof und den Strassenbau im Dorfkern.
Auch die öffentlichen Finanzen seien permanent ein Thema im Klosterdorf. Der Bezirk Einsiedeln hat einen der höchsten Steuersätze im Kanton Schwyz. Der aktuelle Steuersatz beträgt 230 Punkte. «Es ist realistisch, dass wir die Schulden, die momentan bei 70 Millionen liegen, weiter zurückführen können», so der Bezirksammann. Aktuell sei ein Minus von 3 Millionen Franken budgetiert bei einem Gesamtetat von 92 Millionen Franken. «Eine massive Steuersenkung würde uns aber nichts bringen, weil wir dann unsere Rechnungen nicht mehr bezahlen könnten», sagt Pirker. «Unser Steuerfuss ist nachhaltig. »
Risiko Spitalfinanzierung
Andererseits will sich der Bezirk vom Risiko der Spitalfinanzierung befreien. «Bei der gegenwärtig schwierigen finanziellen Lage des Spitals Einsiedeln wollen wir zur Bilanzsanierung einen Einmal-Beitrag leisten. Dies soll die medizinische Versorgung in Einsiedeln sichern und uns in einem nächsten Schritt ermöglichen, die Defizitgarantie loszuwerden», skizziert Pirker die künftige Spitalpolitik des Bezirks.
Ausserdem stünde nach sieben Jahren endlich der Abschluss der Neuverhandlung der Etzelwerk-Konzession in Aussicht – «das ist ein unglaublich komplexes Verfahren», so Pirker. Man wolle darüberhinaus das Verkehrskonzept verbessern und Einsiedeln für alle Verkehrsteilnehmer sicherer gestalten.
Man will auch am Bahnhof – «wo wir mit der SOB wieder am Tisch sitzen» – ein attraktives Gesamtprojekt anstreben. Eine zukünftige Bahnhofneuüberbauung könnte übrigens auch zum Testfall werden, wie hoch in Einsiedeln in den kommenden Jahren gebaut werden kann. Ja, gebaut werden müsse.
«Klar ist, dass das Wachstum anhalten wird, wir aber dafür nur noch in die Höhe wachsen können und damit städtischer werden müssen – diese urbane Entwicklung wird sicher nicht allen gefallen», ist Pirker überzeugt. Momentan ist eine Gebäudehöhe von 12 Metern und eine Firsthöhe von 16 Metern das höchste, was für Wohnzwecke in Einsiedeln gebaut werden könne. Doch dies werde sich sicher ändern.
Nicht vergessen hat der Einsiedler Bezirksammann sein Versprechen, dass der Bezirk durch Archivrecherchen das heikle Kapitel Waisenhaus aufarbeiten möchte. Bekanntlich sorgte im vergangenen Jahr eine SRF-Reportage über die Zustände im einstigen Einsiedler Kinderheim für viel Wirbel im Klosterdorf. Ehemalige erhoben in der Sendung erneut Vorwürfe von sexuellem Missbrauch und erlittener Gewalt. Pirker: «Wir sind daran, das intern zu analysieren und wollen dann die Resultate direkt mit den Betroffenen diskutieren. »
«Schade ist nur, dass der Klosterplatz eben noch nicht fertig ist.»
Franz Pirker, Bezirksammann
«Wir sind daran, das intern zu analysieren und wollen dann die Resultate direkt mit den Betroffenen diskutieren.»
Franz Pirker
Einsiedelns Bezirksammann Franz Pirker ist überzeugt, dass das Klosterdorf in Zukunft noch städtischere Formen annehmen wird.
Fotos: Wolfgang Holz
Pflastersteine für den Klosterplatz: Der Streit um das richtige Pflaster auf dem «Platz im Platz» soll Ende April ein Ende haben.
Grünes Signal: Ein attraktives Projekt soll es am Bahnhof geben.