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Das Monatsgespräch im Dezember

Das Monatsgespräch im Dezember Das Monatsgespräch im Dezember

Franziska Keller trifft Sonja Schönbächler, Friedhofsgärtnerin beim Bezirk

Jahrgang: 1989 Bürgerort: Einsiedeln Geburtsort: Einsiedeln Wohnort: Einsiedeln Am Abend der Tour de Suisse lernten wir uns kennen. Sonja Schönbächler stand bei ihren Arbeitskollegen des Bezirks im Paracelsuspark und mit einem Bier stiessen wir alle auf Meiri Gyrs Geburtstag an. Die junge, nicht zimperliche Frau, inmitten der Männer, faszinierte mich.

Als wir uns an einem Feierabend ein halbes Jahr später in der warmen Stube wieder trafen, musste sie sich als Erstes ihrer warmen Arbeitskleider entledigen – verständlich, da sie den ganzen Tag draussen in der Kälte gearbeitet hatte.

Wie sieht dein Alltag aus?

Der ist wunderschön und ich könnte mir momentan nichts anderes vorstellen. Ich bin den ganzen Tag achteinhalb Stunden draussen und abends körperlich immer schön müde. Unser Ablauf unterliegt dem Jahreskreis Frühling, Sommer, Herbst und Winter, daher sind die Arbeiten gegeben. Schon am Vorabend fassen wir grundsätzlich unsere Aufträge, können das Auto bereits laden und ich weiss daher, wenn ich morgens in die «Bude» komme, was mich erwartet. Die Arbeit ist sehr vielseitig und abwechslungsreich und jeder Tag ist verschieden.

Wir kümmern uns grundsätzlich um den Friedhofsunterhalt wie Rasen mähen, Hecken und Bäume schneiden, Einwintern, Abdecken, Lauben, Jäten, Wasser giessen, Rosen schneiden und natürlich um die Beerdigungen selbst. Zu unserem Aufgabenbereich gehören aber auch die Grünanlagen und Rabatten im Dorf und je nachdem helfen wir auch den Schulhausabwarten.

Wie gehst du als Friedhofsgärtnerin mit dem Thema Tod um? Ich finde es wichtig, über den Tod zu reden – auch mit den eigenen Eltern. Irgendwann nimmt es jeden von uns. Ich kenne Leute, für die es ein Tabuthema ist und wenn sie mit dem Tod konfrontiert werden, sind sie total überfordert. Manchmal trägst du die Urne zum Grab, wie ist das für dich? Ja, wenn es kein Angehöriger übernehmen möchte, machen wir das. Ich kann dabei aber gut abschalten, mache meinen Job und nehme nach Feierabend nichts mit nach Hause. Wie kam es dazu, dass du als einzige Frau mit drei Männern zusammenarbeitest? Ursprünglich wollte ich Tierpflegerin werden, aber in diesem Bereich eine Lehrstelle zu finden, erwies sich als sehr schwierig. Malerin ging mir auch noch durch den Kopf, da auch oft im Freien tätig – aber ganz ehrlich; da hatte es mir dann doch wieder zu viele Frauen. Also ging ich zum Berufsberater und ich erfuhr von der Fachfrau Betriebsunterhalt, ging schnuppern, verliebte mich regelrecht in diesen Beruf und freute mich, als ich im Bezirk meine Lehrstelle bekam. Die Ausbildung dauerte drei Jahre. Ich bin mir das Zusammensein mit Männern gewohnt, bin ja auch mit drei Brüdern aufgewachsen. Habe nichts gegen Frauen, ich arbeite einfach lieber mit Männern zusammen. Ich empfinde diese Zusammenarbeit als unkomplizierter, kann so reden, wie mir der Schnabel gewachsen ist und da ist weniger Gezicke. Manchmal ist es vielleicht etwas «ruuch», aber man weiss immer, woran man ist – das schätze ich sehr. Übernimmst du dieselben Arbeiten wie der Mann oder wirst du mit anderem beauftragt? Grundsätzlich muss jeder alles machen. Aber mein Chef achtet darauf, wer von uns welche Stärken und Schwächen hat und teilt uns dementsprechend ein. Manchmal brauche ich körperlich etwas Unterstützung eines Kollegen oder ich helfe mir mit einer Maschine, seit Neuem besitzen wir ein «chliises Laderli», das auch mir sehr nützlich ist. Kannst du eine schöne, lustige oder schwierige Situation erzählen?

(Lacht schon los). Einmal war ich in Euthal am Schneeräumen und da kam von hinten ein Herr anmarschiert und meinte lobend: «Hey, de Büebel mag jetzt au no schuuflä.» Ich drehte mich um und wir lachten beide. Sehnst du dich abends nach einer warmen Badewanne? Wenn ich heimkomme, ist mein Kater Nero das Wichtigste. Dann setze ich mich hin, trinke einen Kaffee, schaue in die Zeitung und nehme tatsächlich hin und wieder gerne ein warmes Bad – nicht jeden Tag, das wär ja langweilig – aber nach einem kalten Wintertag ist das schon ein besonders schöner, aufwärmender Moment. Bist du hier aufgewachsen?

Ja, also eine Waschechte. Aufgewachsen am Waldweg mit drei Brüdern, besuchte ich in Einsiedeln die Grundschule und entdeckte die Freude an der Schule erst später in der Berufsschule. Zuvor interessierte sie mich einfach nicht, da war mir «das Säich mache mit de Büeble» immer viel wichtiger. Nach meiner Lehre war ich drei Jahre bei einem Gärtner und kam dann zum Bezirk zurück. Wie verbringst du deine Freizeit und Ferien?

In den Restaurants trifft man mich selten. Ich besuche gerne ein Konzert oder ein Open Air. Die letzten Jahre genoss ich meine Ferien immer grillierend mit Kollegen am Sihlsee oder campierend in Disentis. Diesen Winter zieht es mich wieder mal nach Finnland. Was ist dir ganz wichtig im Leben?

Tiere. Ich lebe für sie.

Deine Vision für die Zukunft? Ob ich mein Leben lang auf dem Friedhof arbeiten möchte, kann ich derzeit noch nicht sagen, vielleicht werde ich irgendwann noch etwas mit den Tieren machen. Gerne möchte ich ein kleines Häuschen oder eine Parterrewohnung mit Garten mit Laufenten, Wachteln und vielen weiteren Tieren im Gehege besitzen. Und ich weiss, dass ich keine Kinder haben möchte und heiraten sowieso nicht. Wenn ich rundherum schaue, wie lange die Beziehungen durchschnittlich halten, ist mir dieser Aufwand zu blöd – man kann auch ohne Trauschein glücklich zusammenleben.

Foto: zvg

Von Franziska Keller

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