Nach Sieg Medaille um zwei Punkte verpasst
Swiss Winforce League, NLA, Rückkampf 3./4. Platz: Kriessern – Einsiedeln 16:21
Die Einsiedler Ringer haben den Gewinn der Bronzemedaille in einem wahren Krimi verpasst. Am Ende fehlten dafür aus zwanzig Kämpfen nur gerade zwei Zähler.
WERNER SCHÖNBÄCHLER
Der Traum vom Gewinn einer Medaille ist für die Einsiedler Ringer geplatzt. Nach der 15:22-Niederlage im Hinkampf gewannen sie bei Kriessern 21:16 und mussten sich aufgrund der schlechteren Gesamtbilanz (36:38) knapp geschlagen geben. Damit geht die Serie der undankbaren vierten Plätze weiter. Die letzte Medaille in der Nationalliga A gab es vor 28 Jahren. «Natürlich schmerzt dies. Niemand verliert gerne. Aber das über zwei Fights Geleistete zählt eben», befand Einsiedelns Trainer Urs Bürgler und gab sich als fairer Verlierer. Einsiedeln muss sich aber nichts vorwerfen lassen. Das Team rang mit einer starken Willensleistung Kriessern nieder. Diesmal fand man ein Rezept gegen die Muskelkraft des Gegners, sodass die Einsiedler erhobenen Hauptes von der Matte gehen konnten.
Toller Auftakt
In der proppenvollen Mehrzweckhalle herrschte eine aufgeheizte, brodelnde, aber durchwegs faire Atmosphäre. Es fehlte nicht an Emotionen: Mehrere hitzige Szenen entbrannten und die Gemüter erregten sich. Die Mehrheit der rund 600 Zuschauer brüllte die einheimischen Ringer unentwegt nach vorne. Auf Einsiedler Seite waren rund 100 Zuschauer mitgereist und unterstützten ihr Team lautstark nach Kräften.
Die Begegnung begann für Einsiedeln vielversprechend.
Dany Kälin hatte in der zweiten Runde mit 23:5 einen technisch überhöhten Sieg gegen Dorien Hutter in seiner Tasche. Nachdem er in der ersten Hälfte mit 10:0 führte, gelangen seinem Kontrahenten noch zwei Wertungen.
Andrii Vishar, Einsiedelns Austauschringer von Oberriet, holte im 130 Kilo Freistil gegen Noel Hutter ebenfalls einen problemlosen Sieg durch technische Überlegenheit, was der Mannschaft weitere vier Punkte einbrachte. Dann bezwang Lars Neyer nach einem tollen Kampf überraschend Routinier Urs Wild. Da Neyer die letzte Wertung holte, verliess er die Matte beim Stande von 8:8 als Sieger. Sven Neyer fegte nach 1.16 Minuten mit wirkungsvollen Durchdrehern am Boden Manuel Wittenwiler mit 15:0 weg. Jan Neyer hielt das Duell gegen den reinen Greco-Spezialisten David Loher zu Beginn offen. Doch überraschte ihn sein Widersacher mit einem klassischen Hüfter und sorgte für den ersten Sieg der Einheimischen. Weiter gelang ihm die Revanche für die erlittene Niederlage vor einer Woche.
Bei Halbzeit führte Einsiedeln mit 14:6 und lag in der Gesamtwertung einen Zähler vor Kriessern.
Kriessern zitterte Andreas Burkard hatte zunächst etwas Mühe, gegen Tobias Betschart den Tritt zu finden und geriet mit 0:4 ins Hintertreffen. Doch dann drehte er mit schnellen Angriffen den Kampf immer mehr auf seine Seite und es gelang ihm die entscheidende Wende zum letztlich undiskutablen 17:4-Sieg. In einem hochbrisanten Duell musste sich Adrian Mazan dem Junioren-Internationalen Dominik Laritz hauchdünn mit 4:5 geschlagen geben, brachte aber einen wichtigen Punkt aufs Mannschaftskonto. Nach dem 0:3 Rückstand kam er immer besser in Fahrt und stand am Ende dem Sieg plötzlich sehr nahe. Mathias Käser erwies sich für Damian Dietsche als Knackpunkt. Die Taktik, zu Beginn möglichst wenig Punkte abzugeben und dann seine Kondition auszuspielen, ging auf. Nachdem Käser am Ende der ersten Runde mit 0:6 hinten lag, holte er mächtig auf und unterlag dank eines grossen Energieschubs lediglich mit 5:7. Damit gelang ihm die erhoffte Schadensbegrenzung. Im Duell zweier guter nationaler Athleten sorgten David Hungerbühler und Isa Usupov mit ihren Techniken für ein wahres Feuerwerk an Angriffen. Am Ende lag Usupov im wohl besten Fight des Abends mit 7:3 vorne und revanchierte sich damit für die vor einer Woche erlittene Niederlage. Beim Stande von 12:21 musste die Entscheidung über den Gesamtsieg im letzten Kampf fallen. Dabei hatten die Gastgeber mit Olympiakandidat Marc Dietsche ein absolutes Trumpf-Ass in ihren Ärmeln.
Michel Schönbächler, der vor einer Woche noch zwei Gewichtsklassen tiefer antrat, geriet nach wenigen Sekunden in eine Beinschraube und verlor dabei gleich zehn Punkte. Nach 1.35 Minuten brachte Dietsche den technisch überhöhten Sieg und die vier benötigten Punkte für sein Team in trockene Tücher.
Auch wenn der deutliche Sieg Einsiedelns letztlich «nur» Resultatkosmetik war, beendeten die Einsiedler mit Würde die Mannschaftsmeisterschaft und brachten den letztjährigen Meister gehörig ins Wanken. Und darauf können sie stolz sein. Aber natürlich ist erst mal eine Enttäuschung über die verpasste Medaille da.
Schwergewichtler Sven Neyer haderte: «Wir haben im ersten Duell zu viele Punkte liegen gelassen. So was tut halt weh.» Doch die Einsiedler warfen sich mutig in dieses Duell, zeigten Herz und hatten die grosse Herausforderung angenommen. Mit dieser Einstellung konnten sie gegenüber dem Hinkampf einen Zacken zulegen und sind den Rheintalern gehörig auf die Pelle gerückt. Besonders die erste Halbzeit war bombig, die Einsiedler waren viel besser. Einmal mehr hat sich gezeigt, dass man an die Grenzen gehen muss, um das Glück zu erzwingen. Einsiedeln war wesentlich effizienter als im Hinkampf. Kriessern liess sich trotz all dieser Einsiedler Tugenden die Butter nicht mehr vom Brot nehmen und hatte das glücklichere Ende – ein schwacher Trost für Einsiedeln.
Mit dem Gewinn der Bronzemedaille haben die Rheintaler Ringer ihrem Trainer Hugo Dietsche das schönste Abschiedsgeschenk gemacht. Der Olympische Bronzemedaillengewinner von 1984 hat für den Schweizer Ringsport als Wettkämpfer und Funktionär über Jahrzehnte Ausserordentliches geleistet.
Glücklich über die Fortsetzung der Vierer-Reihe waren die Einsiedler Ringer nicht. «Wieder Vierte, immer wird die Ringerriege Einsiedeln Vierte. Irgendwann will man es einfach nicht mehr wahrhaben», dürften sich auch viele Einsiedler Zuschauer gesagt haben. Es ist ein ziemlich frustrierendes Ergebnis, wenn man so nahe dran war. Doch leider war der Hinkampf einfach zu wenig gut, und dafür gab es eben wieder nur Blech. Siehe Resultate.
Trotz des vierten Ranges haben sich die Einsiedler Ringer moralisch schnell aufgefangen. Foto: Werner Schönbächler