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Das Monatsgespräch im November

Das Monatsgespräch im November Das Monatsgespräch im November

Franziska Keller trifft Mergim Zengo, Familienmensch und baldiger Detailhandelsspezialist

Jahrgang: 1996 Bürgerort: Nordmazedonien Geburtsort: Einsiedeln Wohnort: Trachslau Schon als Primarschüler habe ich Mergim gekannt. Er, der stets freundliche Junge, der inzwischen zu einem jungen, höflichen und hilfsbereiten Mann herangewachsen und Geschäftsführer eines Ladens an der Hauptstrasse ist und fast für alle Handyprobleme eine Lösung bereit hat. Ausser wenn «frau» ihr Natel versehentlich in die Waschmaschine stopft und mitwäscht – da hilft nicht mal Mergims sonst altbewährter Reis-Tipp. An einem regnerischen Herbstabend trafen wir uns nach Ladenschluss und unterhielten uns. Was gefällt dir als jungem Menschen hier in Einsiedeln? Dass ich hier aufgewachsen bin und die ganze Generation noch hier lebt. Mir gefallen die vielseitigen Freizeitmöglichkeiten: Bars, Restaurants, der See zum Schwimmen oder Fischen, die coole Badi, ich schätze auch das Oktoberfest, die Herbstwanderung, das Iron Bike und den wunderschönen Weihnachtsmarkt, den ich mit Familie und Freundin gerne besuche. Es gibt in Einsiedeln Sommer- und Winterattraktionen und diverse Begegnungsmöglichkeiten für uns junge Leute. Welchen Vorteil gegenüber einer Stadt empfindest du hier? Durch die verschiedenen Angebote und eigenen Arbeitsplätze empfinde ich Einsiedeln schon fast eher als Stadt. Trotz der Vielfalt spürt man aber, dass wir hier ländlich und doch auch noch gut erzogen sind und ich schätze, dass man sich hier kennt. Foto: zvg

Die städtische Anonymität wäre nichts für mich.

Bist du hier geboren?

Ich bin im Spital Einsiedeln zur Welt gekommen und mit einer grösseren und zwei kleineren Schwestern aufgewachsen. Wie sagt man: «als Hahn im Korb». Meine Kindheit war super und ich erinnere mich, praktisch immer draussen und mit den 26 Nachbarskindern tagelang «Räuber und Bulle» gespielt zu haben.

Woher stammen deine Eltern ursprünglich und in welcher Sprache bist du aufgewachsen? Sie sind aus Nordmazedonien und leben schon über 33 Jahre hier. Deshalb bin ich zweisprachig aufgewachsen. In der Schule lernte ich dadurch auch die Fremdsprachen schnell, da etwa die Grammatik im Englisch dem Albanisch ähnlich ist. Ich wollte schon früh Englisch reden können, um mit meinen in Amerika lebenden Verwandten zu telefonieren. Heute spreche ich neben Deutsch und Albanisch noch Englisch, kann mich in Serbokroatisch verständigen und verstehe Französisch und Italienisch.

Erachtest du es als Vor- oder Nachteil, zweisprachig aufgewachsen zu sein? Ich habe gelernt, damit umzugehen und kenne es nicht anders. Inzwischen denke ich immer erst in Deutsch und übersetze es dann ins Albanische. Ich erinnere mich aber an meine Mühe mit den Zahlen in der Primarschule, weil man im Deutschen doch erst die Einer- und dann die Zehnerzahl nennt. Manchmal verwechsle ich dies heute noch …

Wie oft besuchst du deine Heimat?

Jedes Jahr im Sommer für ein bis zwei Wochen treffen wir uns in Debar. Schlägt dein Herz wie ein Nordmazedonier oder wie ein Einsiedler?

Das ist jetzt eine schwierige Frage. Diese Frage stellen wir uns auch daheim immer wieder. Wenn wir in die Heimat fahren, sind wir dort die Ausländer und hier in der Schweiz ja auch. Ich kann es nicht genau sagen, empfinde mich aber sicher mehr als Schweizer – dennoch vergesse ich die Heimat meiner Eltern nicht. Die steckt in meinen Genen.

Gibt es etwas, das du in der Schweiz allgemein vermisst? Nein nichts … oder doch: Das Wetter. Es dürfte etwas wärmer bei uns sein. Welchen Stellenwert hat das Handy in deinem Leben? Man kann heute leider kaum mehr ohne sein, weil es im Berufsleben erwartet wird. Da muss man sich selbst abgrenzen. Denn auch in der Gesellschaft wird die ständige Erreichbarkeit immer öfter zur Bedingung gemacht. Ich erachte das Handy aber durchaus auch als sehr sinnvoll, wenn es beispielsweise einem Familienangehörigen nicht gut geht und ich dadurch immer erreichbar bin – auch nachts. Wie erlebst du das Handyverhalten heutiger Kinder und Jugendlichen?

Es ist schon sehr omnipräsent und man kann es fast nicht mehr wegdenken. Wenn das Handy nützlich eingesetzt wird, ist es ja sinnvoll, etwa um wichtige Infos weiterzuleiten; als Hausaufgabenhilfe, Krankmeldung oder in Gruppenchats. Anderes wie etwa Klassenchats für unseriöse Fotos sind sicher nicht angebracht.

Würdest du deinem dreijährigen Kind dein Handy geben? (Lacht) Frag mich wieder, wenn es so weit ist. Einem Dreijährigen finde ich schon etwas früh – können Dreijährige überhaupt schon reden und laufen? Für mich wäre die Oberstufe das perfekte Alter für das erste Handy. Ich bekam meines auch dann und bin froh, dass ich es nicht früher kannte. Meine «Räuberund- Bulle»-Zeit mit meinen Nachbarskindern möchte ich nicht missen. Träumst du von einer eigenen Familie? Ich empfinde es als meine Verpflichtung, eine eigene Familie zu gründen. Wovon träumst du sonst noch in deinem Leben? Für mich ist es das Wichtigste, dass wir alle gesund bleiben. Als ein Verwandter kürzlich krank war, fuhr mir das richtig ein und ich sagte mir: «Leb bewusst und sei dankbar.» Was unternimmst du heute Abend nach Ladenschluss? Bei diesem Regenwetter geh ich nicht aus. Ich wohne in einer Wohnung im Elternhaus und wir haben einen engen Kontakt. So werden wir gemeinsam essen und dann werde ich Hausaufgaben machen, da ich gerade die Ausbildung zum Detailhandelsspezialisten absolviere.

Von Franziska Keller

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