«Wir müssen abgezockter werden»
Der Trainer des FC Einsiedeln, Manfred Auf der Maur, zieht Halbzeit-Bilanz – der Abstieg ist für ihn kein Thema
Die Hälfte der Saison ist gespielt. Die Bilanz für den FC Einsiedeln sieht nicht allzu rosig aus. Doch Trainer Manfred Auf der Maur bleibt optimistisch, den Klassenerhalt zu schaffen, wie er im Interview versichert.
WOLFGANG HOLZ
Herr Auf der Maur, nach 13 Spielen und nur 2 Siegen muss der FC Einsiedeln auf dem drittletzten Tabellenplatz, unterm Strich also, überwintern. Wie fühlt sich das für Sie als Trainer an?
Ich wäre auch lieber über dem Strich. Weil wir dort schliesslich spätestens am Ende der Saison sein wollen. Es war ärgerlich, dass wir den gegen den FC Klingnau so schlecht gespielt haben – wir waren nur zweimal zehn Minuten wirklich auf dem Platz präsent und haben dann aufgehört zu tschutten. Da haben wir wirklich alles falsch gemacht und mit 1:4 im Rappenmöösli verloren. Die Mannschaft und ich sind aber nach wie vor überzeugt, dass wir den Klassenerhalt schaffen. Die Tabelle sieht im Augenblick negativ aus – es ist aber nur eine Zwischenbilanz. Warum sieht die Halbzeitbilanz nicht besser aus? Der FCE hat ja sogar noch vier Punkte weniger als in der letzten Saison? Weil wir immer noch dabei sind, eine Mannschaft zu formen. Und weil das Kader der jetzigen Mannschaft ja markant anders aussieht als vor einem Jahr. Der FCE ist eigentlich relativ gut gestartet, warum ging es dann kontinuierlich bergab? Das ist vermutlich eine Kopfund Gemütssache. Wir haben oft gut mitgespielt und uns am Ende dann aber doch noch die Butter vom Brot nehmen lassen. Da fehlt wahrscheinlich einfach noch die Routine. Und die Chancenauswertung muss deutlich besser werden. Es gibt Kritiker, die sagen, der Trainer des FCE lässt immer im gleichen System spielen, wartet zu lange mit Auswechslungen und bietet vor allem zumeist nur einen Stürmer auf. Was meinen Sie dazu?
In dem System, das ich spielen lasse, können im Prinzip drei Spieler als Stürmer agieren – auch wenn sie nominell so nicht aufgestellt sind. Ich lasse auf keinen Fall zu defensiv spielen. Wir haben beim FC Einsiedeln ein 4:1:4:1-System, das auf ein 4:3:3-System rausläuft, das auch grosse Mannschaften wie Manchester City und der FC Liverpool spielen. Bei den Einwechslungen, da gebe ich Ihnen recht, zögere ich vielleicht manchmal etwas zu lange – aber man will ja einen Spieler auch nicht auswechseln, solange er gut spielt. Der FC Einsiedeln hat in einigen Spielen lange mitgehalten, ist dann aber am Ende zumeist eingebrochen. Woran liegt’s? Fehlt es an der Physis? Sie selbst galten als Spieler ja früher immer als «Konditionsmaschine». Nein, die Spieler sind fit. Es ist wirklich mehr eine Kopfsache. Wenn man 80 Minuten lang gut mitspielt, aber kein Goal macht, schiesst dann eben oft die andere Mannschaft das Tor.
Unsere Mannschaft weiss um diese Gefahr, aber dann passierts leider trotzdem. Vielleicht spielt auch die Angst vor solchen Momenten eine Rolle – weil man es anspricht. Fussballer sind sensibel. Sie haben bewusst auf die Jugend gesetzt und den jungen Spielern damit viel zugemutet und Verantwortung übertragen. Sind sie mit der Aufgabe vielleicht doch etwas überfordert? Ich denke nicht, dass sie überfordert sind. Sie brauchen einfach noch ein bisschen Zeit, machen aber ihre Sache bisher sehr gut. Die meisten von den vier, fünf jungen Spielern, die pro Spiel eingesetzt wurden, haben besser gespielt als erwartet.
Was wollen Sie für die Rückrunde ändern? Halten Sie noch nach einem Stürmer Ausschau – Tore sind ja Ihr grösstes Problem? Das ist richtig, uns fehlt im Sturm vorne so ein Knipser, der regelmässig Tore schiesst. Wir haben natürlich jetzt in der Winterpause alle Tore offen, falls jemand zu uns kommen will. Aber es wird wahrscheinlich schwierig werden, so einen Stürmer zu finden. Zumal man ja in der March im Winter draussen spielen kann, während bei uns Schnee liegt. Da sind die Voraussetzungen schwierig, um ein schmackhaftes Angebot machen zu können. Wir werden eben versuchen, in der Rückrunde so weiterzumachen wie bisher – allerdings müssen wir die Spielabläufe verfeinern und auch wieder Kondition büffeln. Sind Sie immer noch überzeugt davon, dass der FC Einsiedeln den Klassenerhalt in der Rückrunde schafft?
Absolut. Ich bin überzeugt, wir werden das schaffen. Vor allem, weil wir nun gesehen haben, dass wir mit einigen Mannschaften, die vor uns platziert sind, durchaus mithalten können. Gut, vorne drin sind drei, vier Teams wie Wettingen, gegen die wir beispielsweise überhaupt keinen Zugriff hatten. Aber wir waren im Prinzip mit Freienbach ebenbürtig, wir hatten gegen Lachen mehr Chancen.
Wir müssen einfach unsere Chancenauswertung deutlich verbessern. Wenn wir nur jede zweite Tormöglichkeit verwerten, befinden wir uns im Mittelfeld der Tabelle. Wir müssen auch noch cleverer und abgezockter agieren – in dieser Hinsicht haben wir ja jetzt Erfahrungen gesammelt. Der Teamgeist in der Mannschaft stimmt auf jeden Fall, und die Spieler sind trotz einiger deutlicher Niederlagen unterm Strich nicht niedergeschlagen, geschweige denn gefrustet. Wir werden den Klassenerhalt schaffen. Vor der Rückrunde geht’s nach Andalusien eine Woche ins Trainingslager. Lohnt der Aufwand, und ist das nicht ein bisschen zu anstrengend für die jungen Spieler? Dieses Trainingslager ist ein Anliegen der Mannschaft gewesen. Wir werden natürlich dosiert trainieren, zwei Einheiten pro Tag. Dabei wollen wir in erster Linie unser Spiel verfeinern, auch in taktischer Hinsicht.
Wir werden keine Kondition bolzen. Auch im Blick auf die Verletztenliste stehen wir gut da: Marco D’Alto wird seine Innenbandverletzung bis zur Rückrunde auskuriert haben. In der Bundesliga hat schon der eine oder andere Trainer die Segel streichen müssen, während Sie ja beim FC Einsiedeln fest im Sattel sitzen. Verstehen Sie beispielsweise, warum Niko Kovac bei Bayern München gehen musste? Ich habe das zu wenig mitverfolgt. Ich hätte Niko Kovac gar nie beim FC Bayern eingestellt. Denn er hat quasi von Anfang an keine richtige Chance bekommen – obwohl er ja letzte Saison die Meisterschaft und den Pokal mit München gewonnen hat. Das muss man auch erstmal schaffen. Und Lucien Favre? Wird er mit Dortmund endlich ein Meistertrainer? Sein Titel mit dem FC Zürich gehört ja in eine andere Liga. Ich hoffe es für ihn. Er kann es zeigen. Er ist eben eher ein sachlicher, introvertierter Typ. Es ist natürlich eine grosse Drucksituation für ihn, nachdem Dortmund seine Titelansprüche offiziell angemeldet hat. Ist es eigentlich für Favre schwerer, deutscher Meister zu werden, oder ist es schwerer für Sie, mit dem FC Einsiedeln den Klassenerhalt zu schaffen? ( lacht) Beide Aufgaben sind eine Riesenbelastung!
Und wie laden Sie Ihre Akkus nun auf, um in der Rückrunde wieder frisch loslegen zu können?
Bis Weihnachten läuft das Training ja auf freiwilliger Basis. Ich werde die Zeit mit meiner Familie geniessen. Zum Skifahren gehen. Joggen. Nebenher schaue ich natürlich viel Fussball. Ich bin immer offen für Neues.
«Fussballer sind sensibel.»
Manfred Auf der Maur, Trainer des FC Einsiedeln
«Nebenher schaue ich natürlich viel Fussball. Ich bin immer offen für Neues.»
Ganz entspannt und nach wie vor fest davon überzeugt, den Klassenerhalt mit dem FC Einsiedeln zu schaffen: Trainer Manfred Auf der Maur.
Foto: Wolfgang Holz