«Der Prix Lignum ist jetzt das Tüpfelchen auf dem i.»
Das Ingenieurbüro Edgar Kälin AG in Einsiedeln hat den diesjährigen Prix Lignum für innovative Holz-Projekte gewonnen. Auszeichnet wurde eine Holzbrücke über die Rigiaa.
Kam die Auszeichnung unerwartet für Sie?
Damit gerechnet haben wir nicht, und der Verlauf des Wettbewerbs war extrem spannend. Unser Projekt lag während zwei Monaten ununterbrochen knapp in Führung, wurde aber am zweitletzten Tag überholt. Eine halbe Stunde vor Wettbewerbsende sind wir wieder in Führung gegangen. Wie gross war die Konkurrenz?
Der Prix Lignum ist ein gesamtschweizerischer Wettbewerb, an dem zwischen 2021 und 2024 erstellte Holzbauten eingegeben werden konnten. Unter anderem standen wir in Konkurrenz zum neuen Trainingszentrum des FCZ. Was bedeuten dieses Brückenprojekt und der Preis für Sie? Die Rigiaa-Brücke und die benachbarte, ein Jahr zuvor erstellte Fruttli-Brücke sind wegweisende Konstruktionen und wurden von der Fachwelt anerkennend zur Kenntnis genommen. So konnten wir letztes Jahr in den USA einen Innovationspreis entgegennehmen, und wir haben die Brücken an einer internationalen Holzbrücken-Konferenz vorgestellt. Weiter haben die Brücken eine Studie der Berner Fachhochschule beeinflusst und sie werden in einer Dokumentation des Bundesamtes für Strassenbau als beispielhafte Konstruktionen erwähnt. Der Prix Lignum ist jetzt das Tüpfelchen auf dem i. Eigentlich denkt man, Eisen oder BetonseiendauerhafteralsHolz– wie lange hält diese Brücke? Beton ist ein Baustoff aus dem letzten Jahrhundert, der nur noch in Ausnahmefällen für Brücken verwendet werden sollte. Beton reisst, saugt Wasser, und das eindringende Salz zerstört die Armierung. Die ältesten Brücken der Schweiz sind aus Holz. Und mit den Rigibrücken konnten wir aufzeigen, dass sich Holz in Verbindung mit dem Baustoff UHFB (Ultra-Hochleistungs-Faserbaustoff) auch für den Strassenverkehr eignet. Wir gehen von einer sehr unterhaltsarmen Nutzungsdauer von über 80 Jahren aus. Was sind die Besonderheiten dieses Bauwerks? Die Rigiaa- und die Fruttli-Brücke sind weltweit die ersten Brücken für 40-Tonnen-Lastwagenverkehr in Holz-UHFB-Verbundbauweise. Sie haben mit einer mittleren Plattenstärke von nur 11 cm einen minimalen Ressourcenverbrauch und speichern im verbauten Holz mehr CO2 als beim Bau der Brücken ausgestossen worden ist. Dank den Hochleistungs-Eigenschaften des UHFB sind weder eine Abdichtung noch ein Asphaltbelag erforderlich. Und vor allem: Bereits drei Monate nach der Auftragsvergabe fuhren die ers-ten Lastwagen über die fertige Fruttli-Brücke!
Ist Holz wieder «in»?
Noch vor 20 Jahren wurde man schräg angeschaut, wenn man eine Holzbrücke vorgeschlagen hat. Heute hingegen kommt der Wunsch nach Holz häufig schon von der Bauherrschaft. Nicht nur bei Brücken, sondern auch im Wohnungsbau. In diesem Bereich konnten wir die Biberbau bei der Entwicklung eines eigenen Systems für Holzdecken unterstützen.
Woher stammt das Fichtenholz, aus dem die Brücke gebaut wurde?
Der Bauherrschaft, der Unterallmeind Korporation Arth, war es wichtig, dass ausschliesslich Schweizer Holz verwendet wurde. Welche Holz-Bauprojekte planen Sie für die Zukunft? Zusammen mit Geoinfra haben wir gerade eine Holzbrücke in Steinen fertiggestellt. Aktuell bearbeiten wir 8 UHFB-Brückenprojekte – Neubauten und Instandsetzungen – in verschiedenen Kantonen. Auch wenn gerade kein Holzprojekt darunter ist, sind wir zuversichtlich: Dem Holz gehört die Zukunft!
Foto: zvg
Edgar Kälin
Jahrgang: 1969 Wohnort: Einsiedeln Beruf: dipl. Bauingenieur ETH/SIA
Hobbys: Oldtimer, Cigarrenverein der Wüstensöhne