Am Tag der Engelweihe hatten die Engel Räder unter ihren Füssen
Seit Samstag ist es für alle – für Rollstuhlfahrende wie Fussgänger und Velofahrer – möglich, die Pilgerroute Schweiz von Konstanz bis nach Einsiedeln in Angriff zu nehmen.
Das Projekt «Auf vier Rädern zur Schwarzen Madonna» macht es möglich. Projektleiter Felice Vögele und sein Team gestalteten dazu eine abwechslungsreiche, würdige und unterhaltsame Feier in der Kirche und im Gartensaal des Klosters Einsiedeln.
Auch wenn das Wetter mit den kühlen Temperaturen nicht optimal war, wagte sich am Samstagmorgen – am Tag der Engelweihe – eine Gruppe von 15 Rollstuhlfahrenden auf die Etappe A, welche an diesem Eröffnungstag als die längste von drei wählbaren Strecken und die Strecke für sportliche Rollstuhlfahrende ausgeschildert worden war. Die Rollstuhlfahrenden starteten bei der «Tüfelsbrugg» und fuhren 6,1 Kilometer weiter bis zur Kirche des Klosters Einsiedeln. Als helfende Engel hatten einige von ihnen Begleitpersonen dabei, die zu Fuss oder mit einem anderen Gefährt auf Rädern mit von der Partie waren. «Ich war sehr froh um meinen Begleiter. Denn auf einem kurzen Teil auf dieser Strecke ging es für ungefähr 900 Meter steil hin-auf. Ohne seine Mithilfe mit kräftiger Schubkraft wäre dies nicht möglich gewesen», gestand eine Rollstuhlfahrende schmunzelnd. Mit Kirchengeläut, Andacht und Segen Route eröffnet Die Kirchenglocken setzten zum Geläut ein und parallel dazu fuhren Punkt 12 Uhr alle 15 Rollstuhlfahrenden, umgeben von ihren Begleitpersonen, durchs Hauptportal der Klosterkirche hinein. Auf Anhieb war nicht ersichtlich, wer jetzt eine rollstuhlfahrende Person mit Aktiv- oder Elektrorollstuhl, GoTryke, Vorspannbike oder Liegevelo ist, und wer eine begleitende Person, die zu Fuss oder mit Velo oder einem anderen Gefährt auf Rädern unterwegs ist. Eines hat-ten aber alle gemeinsam. Alle trugen eine leuchtorange Jacke und strahlten übers ganze Gesicht, sichtlich erfreut und auch mit einem gewissen Stolz, dass diese Art zu pilgern nun auch für sie auf der ganzen Route von Konstanz bis nach Einsiedeln möglich ist. In der Kirche hielt Pater Philipp vor der Gnadenkapelle eine kurze Andacht. Danach erhielten alle Teilnehmenden, Begleitpersonen und Gäste von ihm den Segen gespendet. Sichtlich berührt und freudig fuhren oder liefen alle anschliessend in den Studentenhof und versammelten sich im gedeckten Gartensaal. Vervollständigung der Pilgerroute mit Verzögerung Nachdem Urs Bucher mit seinem Klarinettenspiel musikalisch in die Feierlichkeiten eingestimmt hatte, eröffnete Projektleiter Felice Vögele die Feier. Danach hielt Nationalrat Philipp Kutter, welcher in seinem Rollstuhl zuvor auch auf der letzten Etappe unterwegs gewesen war, seine Festrede. Darin hielt er betont fest: «Ich finde es grossartig, dass jetzt alle Menschen, Fussgänger wie auch Rollstuhlfahrende, den Pilgerweg Schweiz von Konstanz bis nach Einsiedeln unter die Füsse und Räder nehmen können.» Ergänzend fügte Kutter an, dass dieser Pilgerweg die Botschaft vermittle, dass die Barrierenfreiheit dieses Weges ein Signal setze und zeige, dass alle Menschen, mit oder ohne Beeinträchtigung, am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können und die Inklusion weiterhin voranschreite. Nach Kutters Festrede schilderte Projektleiter Felice Vögele in einem kurzen Bericht, weswegen die Vollendung des Projektes erst in diesem Sommer anstatt wie geplant im letzten erfolgen konnte. Emotional ergriffen teil-te er mit, dass die ursprüngliche Initiantin des Projektes, Hildegard Hochstrasser, leider an Pfingsten 2023 an Krebs gestorben ist und ergänzte: «Hochstrasser bat mich, das Projekt zu übernehmen. Da bis zu diesem Zeitpunkt alles rund gelaufen war, und ich ein Mensch bin, der, wenn er A auch B sagt und hundertprozentig dabei ist, entschied ich mich dafür, ihre Bitte anzunehmen und brachte das Projekt zusammen mit unserem grossartigen Team zur Vollendung. » Künftig sorgt der Pilgerweg Schweiz von Konstanz nach Einsiedeln für alle für spirituelle Impulse, ein Sich-aufden- Wegmachen, Unterwegssein, Ankommen, Sport, Kultur und Natur als Entspannung, Abwechslung oder Herausforderung. Im Anschluss an den offiziellen Festakt unterhielt das Quartett «Lochus» die Gäste mit Liedern aus aller Welt, gespielt auf verschiedenen Alphörnern und teils kombiniert mit Gesang und Rhythmus-Instrumenten.
Fotos: Nadja Tratschin