«Der Start in die Saison war harzig – die Gäste haben Aufholbedarf»
Für die Sattel-Hochstuckli AG ist der Sommer rentabel, wenn das Wetter stimmt. Geschäftsführer Simon Bissig über neue Angebote und Pläne, gerade auch für den Winter.
Simon Bissig, seit dem 1. August 2022 sind Sie als Geschäftsführer der Sattel-Hochstuckli AG tätig. Es galt, schwierige Entscheidungen zu treffen. Welches waren die grössten Hürden? Bei meinem Start vor zwei Jahren habe ich den Betrieb als mittelgrosses Skigebiet vorgefunden. Vor rund einem Jahr haben wir uns durch die strategische Neuausrichtung vom Winter im grösseren Ausmasse abgelöst. Wir haben den Skibetrieb von drei auf einen Skilift reduziert und die Skipiste Talabfahrt geschlossen. Eine Strategieänderung, welche vom Verwaltungsrat vorgegeben und von mir umgesetzt worden ist. Ein Prozess, welcher mit vielen Emotionen verbunden war. Wie haben Sie die Zeit erlebt? Eine solche Strategieanpassung bringt immer unschöne Sachen mit sich, zum Beispiel die Auflösung von Arbeitsverhältnissen. Es steht ausser Frage, dass die Leute an einem Skigebiet hängen. Doch aufgrund klimatischer und gesellschaftlicher Veränderungen, welche sich auf die Wirtschaftlichkeit auswirkten, war es in dieser Form nicht mehr tragbar. Hinzu kommt das Alter der Anlagen. Der Skilift Bärenfang ist nach Register der älteste Skilift der Schweiz. Letztlich sind wir auf eine Stabilisation des Unternehmens angewiesen, damit es uns auch in Zukunft noch geben wird.
Wie zufrieden sind Sie bislang mit der Sommersaison? Der Start war sehr harzig. Von Januar bis Ende Juni war das Wetter oft schlecht, zeitweise auch an den Wochenenden. Nach einem dürftigen Winter ist das bitter. Seit dem Wetterwechsel stellen wir fest, dass die Gäste Aufholbedarf haben. Im Sommer erwirtschaften wir gute Ergebnisse, doch das Wetter muss stimmen. Bis nicht vor Langem war die Meinung vorherrschend, dass es im Sommer schwierig ist, Geld zu verdienen. Wie gelingt dies der Sattel-Hochstuckli AG? Als 1993 die Rodelbahn eröffnet wurde, dachte man in vielen Gebieten noch, dass im Sommer kaum jemand in die Berge will. Seit vielen Jahren bereits ist der Sommer sehr rentabel für uns. Welchen Stellenwert hat diese Jahreszeit übers Jahr gesehen? Einen immer grösseren. Seit der Reduktion des Winterbetriebs ist erst ein Jahr vergangen. Es werden laufend Auswertungen gemacht. Mit Blick auf die letzten zehn Jahre ist es jedoch Fakt, dass der Umsatz im Winter stets rückläufig war und der Sommerumsatz steigend. Auch der Herbst gewinnt an Bedeutung.
In Zukunft wird der Fokus vermehrt auf den Sommer gesetzt. Wie bewahren Sie bei der aktuellen Hitze einen kühlen Kopf? Auch wenn ich aufgrund meiner Tätigkeit grossmehrheitlich im Büro bin, geniesse ich meine Mittagspause in einem Restaurant oder an einem schönen Platz im Gebiet. In der Freizeit bin ich gerne auf dem See oder in der Höhe unterwegs. Was kann die Sattel-Hochstuckli AG von anderen Tourismusregionen lernen? In den letzten drei Jahrzehnten hatten wir bezüglich Sommerangebot eine Vorreiterrolle, welche wir laufend ausbauen konnten. Nun passiert dieses Umdenken in der gesamten Branche, gerade in den tieferen Gebieten, zusehends. Das Wintergeschäft wird in niedrigen Höhenlagen immer schwieriger. In diesem Prozess geht jedes Gebiet etwas anders vor. Und trotzdem kann man voneinander profitieren.
Das war jedoch nicht immer so, oder?
Nein. Gerade in Skigebieten war das «Gärtlidenken» sehr ausgeprägt. Ich bin sehr dafür, dass man eine ganze Region aufwertet und nicht nur ein Gebiet. Wie läuft die Zusammenarbeit mit Schwyz Tourismus? Gibt es gemeinsame Kampagnen? Der Kanton Schwyz hat gemeinsame Gefässe. Der Austausch findet statt. Dies geht sogar so weit, dass man in gewissen Personalfragen mit anderen Gebieten Synergien nutzen kann. Gesamthaft gesehen, steht man diesbezüglich aber noch ziemlich am Anfang. Meiner Meinung nach braucht es neue Gefässe auf regionaler und nationaler Ebene, welche sich mit den rasanten Veränderungen der Branche auseinandersetzen. Es besteht Aufholbedarf. Das Gebiet Sattel-Hochstuckli ist nicht das einzige Gebiet, welches unter dem Schneemangel leidet. Ja. Von den 50er- bis 70er-Jahren sind Skilifte aus dem Boden geschossen. Ein grosser Teil der Schweizer Bevölkerung ist Ski gefahren. Nun findet in der Gesellschaft aber ein Umdenken statt. Auch andere tief gelegene Gebiete schliessen oder reduzieren ihre Winteranlagen. Jetzt muss miteinander nach Lösungen gesucht werden, sodass auch einmal eine schlechte Saison überstanden werden kann. Letztlich nützt es niemandem etwas, wenn ein Gebiet nach dem anderen verloren geht. Das wäre ein kultureller Einbruch. Was wünschen sich die Gäste, damit die Region attraktiv bleibt?
Die Ansprüche haben sich verändert. Im Winter will der Gast perfekte Skipisten und im Sommer ein Topangebot. Ausserdem wird die Preisfrage immer schwieriger. Auch bei uns haben sich die Aufwendungen durch gestiegene Material- und Energiekosten erhöht. Preise, die wir leider abwälzen müssen. Zudem ist in immer kürzeren Abständen ein neues Erlebnis gefragt. Welche Strategie fahren Sie diesbezüglich? Die strategische Neuausrichtung war im ersten Moment ein Schnitt. Nun geht es weiter mit dem Umdenken. In einem Jahr feiern wir das 75-Jahr-Jubiläum. Wir evaluieren, was eine interessante neue Attraktion für unsere Gäste wäre. Wir wollen – ohne einen Zeithorizont zu nennen – auch zukünftig wieder neue Erlebnisse bieten. In relativ kurzen Abständen wurden im Gebiet immer wieder neue Anlagen eröffnet. Ist genügend Geld dafür vorhanden? Wenn das Wetter mitspielt, verfügen wir am Ende der Sommersaison über einen satten Gewinn. Die Schwierigkeit ist, wie man diesen vom Herbst bis Ende Geschäftsjahr im März mitnehmen kann.
Welche Möglichkeiten gibt es?
Entweder muss man den Umsatz in den guten Tagen noch mehr steigern und ein noch grösseres Polster schaffen, oder der Betrieb muss so strukturiert sein, dass man an schlechten Tagen die Fixkosten tief halten und die Gäste trotzdem auf den Berg holen kann. Wie wichtig ist die Sattel-Hochstuckli AG aus wirtschaftlicher Perspektive für die Region? Wir beschäftigen rund 60 Angestellte. Nach dem Einschnitt, nach welchem wir von über 80 auf rund 60 geschrumpft sind, ist das Ziel nun ganz klar, dass nicht mehr weiter abgebaut werden soll. Wir wollen innovativ bleiben. Der Skibetrieb am Engelstock inklusive Rondos Lern- und Spassland soll auch im kommenden Winter laufen. Wird dieses Angebot nun von Jahr zu Jahr neu beurteilt? Eine allzu lange Planung, welche zuverlässig ist, wird in unserer Branche immer schwieriger. Man darf sich selbst nicht täuschen lassen. Unsere Strategie sieht vor, das bestehende Winterangebot so lange als möglich aufrechtzuerhalten. Wir sehen uns als Beginner- und Wiedereinsteiger- Skigebiet, wodurch wir die Bevölkerung bezüglich Wintersport bei uns ausbilden. Davon profitieren danach die grösseren Gebiete wie Stoos oder Hoch-Ybrig. Auch auf den Bereich Schlitteln werden wir uns weiterhin fokussieren, da dieses Segment immer wichtiger wird. Im Zuge der Skiliftschliessung gelangte das Gebiet national in die Schlagzeilen. Wie ist die Stimmung im Ort selbst? Es sind verankerte Themen. Man kann nicht sagen, dass ein Jahr nach dem Entscheid niemand mehr darüber spricht. Wichtig ist, dass nichts unter den Teppich gekehrt wird und wir die Menschen vor Ort abholen können, sodass es gemeinsam in eine bessere Zukunft geht. Hätten Sie vor zwei Jahren die Geschäftsführung übernommen, wenn Sie gewusst hätten, was bevorsteht? Auf jeden Fall. Wenn man die Emotionen ausblendet, ist es auch eine sehr spannende Zeit. Man erlebt ein Unternehmen, welches so ist, wie es war, doch dann wird ein Entscheid gefällt, mit all seinen Konsequenzen. Es ist eine sehr spannende Arbeit. Ich bin mit Herzblut bei der Sache und sehe das Potenzial des Gebiets.