Der reisende Teppichklopfer
BRIEF AUS DEN USA
Ich wünschte mir seit meiner letzten halbherzigen Frühlingsputzaktion einen Teppichklopfer. Denn auch nach fast 16 Jahren in den USA habe ich hier noch nie so etwas angetroffen. Meine ers-te Destination waren die mexikanischen Einwanderer in unserem Quartier. Ich wurde nicht nur aufgrund meiner dürftigen Spanischkenntnisse schief angeschaut.
Im Juni bot sich eine Möglichkeit an, einen echten Schweizer Teppichklopfer zu importieren. Ich freute mich aber zu früh. Der Klopfer passte nicht in den Koffer meiner Schwester, nicht einmal diagonal. Ich riet ihr an, eine Säge zur Hand zu nehmen. Sie aber hatte nur den langen Teppichklopfer. Kurz überlegten wir uns, ob sie mit dem Klopfer unter dem Arm die Reise aus dem Ybrig per Postauto nach Einsiedeln und dann per SOB nach Wädenswil und weiter nach Zürich Kloten antreten soll. Sie wollte den Teppichklopfer als Handgepäck mitnehmen. Ich riet von dieser Aktion ab. So blieb der Teppichklopfer erst mal in der Schweiz.
Ende Sommer gab es endlich die Gelegenheit, den Klopfer selbst in der Schweiz abzuholen. Ich wählte für meine Reise in die Eidgenossenschaft extra einen grossen Koffer aus. Sowohl der Koffer wie der Klopfer wurden mehrmals ausgemessen. In Vorbereitung auf die lange Reise wechselte der Teppichklopfer den Standort innerhalb vom Kanton Schwyz. Eine ehemalige Schulkollegin mit einer Ausbildung als Schreinerin war für mich die beste Expertin im Klopfer kürzen. Nach einigem Hin und Her stellte sich dann doch heraus, dass der Teppichklopfer problem-los und ungekürzt in den Koffer meiner Reisebegleiterin, meiner amerikanischen Schwägerin, passte.
Die Abenteuer des Klopfers waren damit längst nicht vorbei. 30 Minuten waren zwar genug Zeit für uns zwei Frauen, um in Reykjavik von einem Flieger zum anderen zu hetzen. Der Koffer mit dem Klopfer blieb aber auf dem Gepäckwagen mitten im Flughafenareal stehen. Der nördliche Wind zischte während ein paar Stunden um den Koffer herum, bevor er dann in das nächste Flugzeug nach Denver verladen wurde. Wir warteten am anderen Ende geduldig fast drei Stunden auf die Ankunft unseres Gepäcks. Nach 22 Stunden Reise waren wir aber zu müde, um den Koffer in der Dunkelheit vor meinem Haus zu öffnen und somit fuhr der Klopfer erst mal mit meiner Schwägerin zu ihrem Wohnort. Dort wartet der Teppichklopfer nun darauf, von mir abgeholt zu werden.
Regula Grenier-Flückiger * Die Einsiedlerin Regula Grenier- Flückiger (*1973) zügelte im Jahr 2007 nach Denver im amerikanischen Bundesstaat Colorado, am Fusse der Rocky Mountains. Seit dem Jahr 2011 wohnt sie im Nachbarort Thorn-ton. Dort kamen im Jahr 2011 Sohn Cody Frederick und im Jahr 2015 Tochter Stephanie Nova zur Welt.