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Den Nachbarn die Treppe hinuntergestossen

Das Schwyzer Strafgericht verurteilt einen 59-jährigen Mann zu einer bedingten Freiheitsstrafe.

RUGGERO VERCELLONE

Die Nachbarschaft zwischen einem Schweizer Ehepaar und der siebenköpfigen Familie eines eingebürgerten Schweizers türkischer Abstammung war seit Jahren im gemeinsam bewohnten Mehrfamilienhaus in Innerschwyz nicht gut.

Die Schweizer fühlten sich vor allem durch die unerzogenen Kinder belästigt.Der ehemalige Türke und seine serbische Frau fühlten sich von den Schweizern schikaniert. Am 15. Mai 2021 kam es zwischen den Nachbarn zu einer Eskalation, wobei der Schweizer eine rund 1,4 Meter hohe Betontreppe hinunterfiel und sich dabei diverse Prellungen am Rücken und Nacken sowie Schürfungen am linken Handgelenk und Ellbogen zuzog.

Anklage wegen versuchter schwerer Körperverletzung

Der heute 65-jährige Schweizer, der auch als Verwalter des Mehrfamilienhauses tätig ist, beobachtete einmal mehr, dass der dreijährige Sohn der Nachbarn Wasser in einen Lichtschacht hinuntergoss. Er packte den Kleinen am Arm und schimpfte mit ihm.

Dies hörte und sah die Mutter des Kleinen, die ihrerseits zu schreien anfing und so ihren Mann alarmierte, der ebenfalls aufgewühlt aus der Wohnung auf die Aussentreppe gelangte. Dort kam es zuerst zu einer verbalen und anschliessend zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen den beiden Männern.

Der Schwyzer Staatsanwalt klagte den Beschuldigten wegen versuchter schwerer Körperverletzung an und forderte eine Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, bedingt auf vier Jahre. Er habe den Nachbarn mit beiden Händen an der Brust die siebenstufige Betontreppe hinuntergestossen und so zumindest in Kauf genommen, dass sein Kontrahent schwer verletzt würde.

Der Beschuldigte, der seit 35 Jahren in der Schweiz lebt, eingebürgert ist und trotzdem vor Gericht einen Dolmetscher brauchte, führte hingegen wortreich aus, dass der Schweizer wütend auf ihn zugekommen sei.

Er habe Angst gehabt und habe sich gewehrt. Es sei zu einer beidseitigen Schubserei gekommen, wobei der Nachbar, der Veloschuhe getragen habe, ausgerutscht sei und die Treppe hinunterglitt, obwohl er sich mit den Händen am Geländer festzuhalten versucht habe. Sein Verteidiger forderte einen vollumfänglichen Freispruch. Verfahrenskosten in der Höhe von 12’000 Franken im Fokus Das Schwyzer Strafgericht betrachtete die Aussage des vorbestraften Beschuldigten, es sei zu einer Schubserei gekommen, als Geständnis dafür, den Nachbarn gegen dessen Brust geschubst zu haben. Nicht erstellt sei hingegen, dass er unmittelbar mit einem Angriff des Schweizers bedroht gewesen war, da dieser aufgrund von Zeugenaussagen nicht die Treppe hochstürmte.

Auch wenn die Nachbarschaft seit Jahren als schwierig empfunden wurde, sei eine solche Handlung nicht gerechtfertigt. Das Schwyzer Gericht bestrafte den Beschuldigten, der seit ein paar Jahren von der Sozialhilfe lebt, wegen versuchter schwerer Körperverletzung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zehn Monaten (Probezeit vier Jahre) und legte ihm die Verfahrenskosten von knapp 12’000 Franken auf. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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