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«Einfach machen, denn es ist nie zu spät!»

«Einfach machen, denn es ist nie zu spät!» «Einfach machen, denn es ist nie zu spät!»

Berufsabschluss für Erwachsene im Kanton Schwyz

Cordana Luna aus Einsiedeln absolviert eine Berufslehre für Erwachsene bei der BSZ Stiftung.

CHRISTINE HUND, BERUFS-, STUDIEN- UND LAUFBAHNBERATERIN

Cordana Luna hat in ihrem Berufsleben schon viele unterschiedliche Jobs gemacht, allerdings keine Berufslehre absolviert. Dafür bringt sie einen grossen Rucksack an Lebenserfahrung und einen bunten Blumenstrauss an Arbeitserfahrungen mit: als Steinmetzin, Serviceangestellte, Tonträgerverkäuferin, Snowboardlehrerin, Landschaftspflegerin, Pizza-Kurierfahrerin, Reinigungsmitarbeiterin OP im Spital und einiges mehr. Dieser breite Erfahrungsschatz kombiniert mit ihrer vielseitigen und offenen Persönlichkeit kann sie in ihrem derzeitigen Arbeitsbereich als Betreuerin von Personen mit Beeinträchtigungen gut einsetzen.

Bei der BSZ Stiftung in Einsiedeln nimmt sie an vier Wochentagen Betreuungsaufgaben in einer Wohngruppe wahr. Daneben besucht sie einen Tag in der Woche die Berufsschule in Sursee – ein speziell für Erwachsene konzipierter Lehrgang, der im August 2021 gestartet hat. Im Sommer 2023 wird Cordana Luna mit dem Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis «Fachfrau Betreuung », Fachrichtung Personen mit Beeinträchtigungen abschliessen.

Ein «Boreout» als Chance

Frau Luna erzählt, dass die Entscheidung, doch noch eine Ausbildung in Angriff zu nehmen, keine einfache war. Nach vier Jahren als Reinigungsmitarbeiterin im Spital in Einsiedeln hatte sie ein «Boreout»; sie war bei der Arbeit unterfordert und gelangweilt und spürte, dass sie eine neue Herausforderung brauchte. Unklar war, ob sie etwas Handwerkliches machen oder im sozialen Bereich tätig sein wollte. Die Tests und Gespräche im Berufsinformationszentrum BIZ in Pfäffikon haben ihr mehr Klarheit gebracht. Da sie nach der obligatorischen Schulzeit keine Berufslehre gemacht hatte, wollte sie dies nun als 40-Jährige nachholen. «Die Zeit war reif und der richtige Zeitpunkt war jetzt einfach da», fasst Cordana Luna die damalige Entscheidungsfindung zusammen.

«Berufslehre für Erwachsene» nach Artikel 32 BBV

Der Quereinstieg in den sozialen Bereich gelang Cordana Luna über ein Praktikum bei der BSZ Stiftung und anschliessender Anstellung als Betreuerin. Ihr Ehrgeiz war nun geweckt, einen eidgenössischen Abschluss und damit auch die Chance, einen besseren Lohn zu erhalten. So entschloss sie sich für die «Berufslehre für Erwachsene» nach Art. 32 Berufsbildungsgesetz, da sie inzwischen genügend Berufserfahrung hatte. Das bedeutet, dass sie weiterhin mit einem 80-Prozent-Pensum angestellt ist und ihr normales Gehalt erhält. Nebenbei besucht sie in ihrer Freizeit einen Tag pro Woche eine Erwachsenenklasse an der Berufsschule in Sursee. Unterstützung aus privatem und beruflichem Umfeld «Toll war die Unterstützung, die ich von meinem Umfeld erhalten hatte», erzählt Cordana Luna gerührt – von ihrem Partner, ihrer Mutter und auch von ihren Kolleginnen und Kollegen. «Da war vor allem die moralische Unterstützung, aber auch das Angebot, dass ich auf sie zukommen kann, wenn ich Hilfe bei den schulischen Aufgaben brauche».

Bei der BSZ-Stiftung wird sie von einer Ausbildungsbetreuerin bei der praktischen Arbeit unterstützt. Sie haben regelmässige Termine, um Fragen oder beispielsweise Projektarbeiten für die Ausbildung zu besprechen. Derzeit organisiert Frau Luna einen Ferienaufenthalt mit drei BSZ-Bewohnerinnen und -Bewohnern in Adelboden – und zwar «tutti quanti» mit Anreise, Unterkunft, Rahmenprogramm, Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse der Bewohner und der Organisation der Betreuung während der Ferienzeit. «Eine tolle Herausforderung, bei der ich viel lernen kann», sagt Frau Luna stolz.

Bunt gemischte Berufsschulklasse

Auf die Frage, wie ihre Berufsschulklasse zusammengesetzt ist, antwortet sie, dass die Klasse eine bunte Mischung aus zwei Männern und 15 Frauen im Alter von 21 bis 43 Jahren sei, die alle ganz unterschiedliche berufliche Erfahrungen mitbringen würden: Einige arbeiteten schon viele Jahre im Betreuungsbereich, andere seien Quereinsteiger aus dem technischen Bereich. «Das Klassenklima ist sehr gut. Wir profitieren alle von den verschiedenen Arbeitserfahrungen und insbesondere von den Lebenserfahrungen, die jeder einzelne mitbringt.» Digitale Herausforderung Eine Herausforderung war für Frau Luna allerdings zu Beginn der Ausbildung der Umgang mit dem digitalen Lernen. Die Unterlagen werden alle auf einer Lernplattform digital zur Verfügung gestellt. Während des Unterrichts wird viel selbständiges, selbstorganisiertes Arbeiten verlangt. Cordana Luna muss-te sich zuerst einen Laptop anschaffen und sich daran gewöhnen, dass dieser an den Schultagen ihr ständiger Begleiter ist. Gestärktes Selbstvertrauen

Was waren bisher «Highlights» in der Ausbildung? Frau Luna berichtet, wie sie Dinge in der Praxis durch das theoretische Wissen nun anders anschauen kann. «Was ich vorher vielleicht schon intuitiv so gemacht habe, kann ich jetzt benennen und auch bewusst einsetzen in Momenten, in denen es sinnvoll ist». Als Beispiel nennt sie die Erkenntnisse aus der Entwicklungspsychologie und damit einhergehend das Erkennen, auf welcher Stufe ein Bewohner oder eine Bewohnerin sich gerade befindet und wie diese Person optimal gefördert werden kann. Auch erzählt sie, dass sie sich in Teamsitzungen immer mehr getraut, Vorschläge und Beobachtungen einzubringen. «Ich habe dazu auch schon eine positive Rückmeldung von meiner Vorgesetzten erhalten. Das hat gutgetan und mich bestärkt, dass ich auf einem guten Weg bin», so Frau Luna.

Auf die Frage, was sie Personen in ihrer Situation raten würde, meint sie: «Den Mut haben, eine Ausbildung zu machen. Einfach machen, denn es ist nie zu spät! Schwierige Situationen beziehungsweise Krisen einfach aushalten und den Weg unbeirrt weitergehen. Es lohnt sich!»

Cordana Luna bei ihrer täglichen Arbeit als Betreuerin bei der BSZ Stiftung. Foto: zvg

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