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Giga

ERNST FRIEDLI

Klärli und ich sind unterdessen schon recht lange auf der Welt, als Einzelmensch, aber auch als Paar.Wir haben deshalb schon einige Veränderungen unserer Sprachgewohnheiten miterlebt und mitgetragen. Aber jetzt sind wir an eine Grenze gestossen, die wir schlicht nicht mehr überschreiten können.

Diese Grenze heisst «mega» und ist als Wort in fast jedem Satz vorhanden, der von jüngeren Mitmenschen gesprochen wird. Was da alles «mega» ist, kann sich unsereiner gar nicht mehr vorstellen. Dabei vergrössert «mega» jede Eigenschaft ins Unermessliche, meint aber auch, dass etwas wahnsinnig grandios und unglaublich grossartig ist, wenn es allein als «mega» bezeichnet wird. Tatsächlich kommt «mega» als griechisches Wort aus dem Bereich der Technik, wo es als Einheitsverstärkung dient. So wird beispielsweise ein einzelnes Watt als Mega-Watt genau eine Million Mal stärker. Alles, was «mega» ist, erscheint damit sofort millionenfach verstärkt, was natürlich entsprechend mehr Eindruck macht.

Gegen etwas, das eine Million Mal stärker, grösser, mächtiger oder eindrücklicher ist, gibt es praktisch keine Argumente mehr. So etwas lässt sich auch mit dem reichhaltigsten Wortschatz kaum überbieten. Das war früher noch möglich, als wir die Dinge gelegentlich noch «super» fanden. Schon bei «brutal» oder spätestens bei «geil» mussten wir erkennen, dass unsere Generation langsam aus der Sprachmode herausgewachsen ist. Klärli und ich sind (mega) gespannt, ab wann «mega» mit «giga» ersetzt wird. «Giga» ist nämlich tausend Mal mega.

* Ernst Friedli, 64, seit 31 Jahren verheiratet mit Klärli, geborene Schönbächler. Nichtraucher und Sachbearbeiter im Rathaus, steht unter Amtsgeheimnis. Macht sich in der Freizeit Gedanken zur Weltlage und pflegt einen mega-freien Wortschatz.

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