Veröffentlicht am

Vater vor dem Gericht: «Ich bereue jeden Tag, was passiert ist»

Gewalttat von Sattel: Die Staatsanwältin forderte wegen versuchten Mordes eine Freiheitsstrafe von 13 Jahren, der Verteidiger plädierte auf versuchten Totschlag und beantragte eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren.

RUGGERO VERCELLONE

Der heute 56-jährige Deutsche, der in der Nacht auf den 18. August 2020 in Sattel mit einem Schlachtmesser mehrmals auf seine damals 28-jährige Tochter und Lebenspartnerin eingestochen und diese lebensgefährlich verletzt hatte, soll laut Staatsanwältin wegen versuchten Mordes für 13 Jahre ins Gefängnis.

Wegen mehrfachem Inzest (die beiden führten seit Jahren eine verbotene Liebesbeziehung, aus der 2014 ein Sohn geboren wurde) verlangte die Anklägerin eine bedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen à 30 Franken. Zudem soll der Beschuldigte für 15 Jahre des Landes verwiesen werden. Opfer und Sohn im schwersten Mass traumatisiert Sowohl die Beweggründe für seine Tat als auch die Art der Tatausführung seien skrupellos gewesen. Rache, Hass und Eifersucht seien das Motiv der Tat gewesen. «Die Tat wurde mit kaltblütiger Entschlossenheit ausgeführt », sagte die Staatsanwältin.

So habe der Mann zwischen den insgesamt drei Messerstichen das Opfer bespuckt, erniedrigt, gequält und ihr gesagt: «Für das, was du mir angetan hast, musst du sterben.» Grund für die Tat war der Wunsch der Tochter, eine offene Beziehung pflegen zu können und sich als «Sugarbabe» anderen Männern sexuell anzubieten.

Die Privatklagevertreterin forderte im Namen des Opfers, des gemeinsamen Sohnes sowie der Mutter des Opfers Schadenersatzforderungen von über 5600 Franken und Genugtuungen von insgesamt 66'000 Franken. Die Tat sei keine Kurzschlusshandlung gewesen, sondern sei über Monate hinweg geplant worden. Zum Zeitpunkt der Tat sei der geistig und körperlich beeinträchtigte Sohn in der Wohnung gewesen. Opfer und Sohn seien in schwerstem Mass traumatisiert.

Fatale Beziehung führte zur Affekttat Der Beschuldigte selbst machte bei seiner Befragung keine Angaben. Auf die Fragen des Gerichtspräsidenten antwortete er wiederholt: «Dazu mache ich keine Aussage.» Sein Verteidiger sagte: «Nichts geschieht ohne Grund.» Er schilderte eine «fatale Liebesbeziehung», die schon lange zerrüttet gewesen sei. Die dominante und manipulative Tochter habe für den Vater und Partner kein gutes Wort übrig gehabt und ihn nur noch als lästig empfunden, wie aus Textnachrichten von ihr hervorgehe.

Innerlich sei er daran aber verzweifelt Sie habe ihn vor die Tatsache gestellt, dass sie ihren Körper anderen Männern für Geld zur Verfügung stellen werde. Sie habe ihren Vater immer wieder gedemütigt und gekränkt. Dieser habe die offene Beziehung der Tochter aus Angst, von ihr verlassen zu werden, zwar vordergründig toleriert und unterstützt.

Als sie ihn schliesslich noch bezichtigte, ihr Zuhälter zu sein, sei er in einen Affekt geraten. Er habe nicht mehr rational überlegen und sein Handeln kontrollieren können. Deshalb sei sein Mandant wegen versuchten Totschlags und wegen Inzests zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren zu verurteilen. In seinem Schlusswort äusserte sich der Beschuldigte doch noch zur Tat. Er sagte: Er wolle sich bei seiner Tochter «aus tiefstem Herzen entschuldigen». «Ich bereue jeden Tag, was passiert ist. Ich war damals sehr verzweifelt und wusste nicht, was ich tat.» Er bat das Gericht um ein gerechtes Urteil. Dieses wird das Strafgericht in den nächsten Tagen schriftlich eröffnen.

Share
LATEST NEWS