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Anna Fischer-Strässle

Anna Fischer-Strässle Anna Fischer-Strässle

NEKROLOGE

Unser Mami Anna wurde am 22. Dezember 1922 als siebtes von zehn Kindern geboren. Zusammen mit zwei Schwestern und sieben Brüdern erlebte sie eine bescheidene, jedoch glückliche Jugendzeit auf dem elterlichen Bauernhof im Weiler Wald zwischen Gähwil und Kirchberg im Alt-Toggenburg. Nebst vielem Schaffen fanden die Kinder auch Zeit zum Spielen, Jassen und Singen, was zum guten Zusammenhalt und Zufriedenheit beitrug. Wenn Mami Episoden aus dieser Zeit erzählte, strahlten ihre Augen.

Nach der Schule arbeitete sie als erstes in der Schifflistickerei Keller in Gähwil. Später führte ihr Weg nach Einsiedeln in die Metzgerei Ruhstaller im Schwanen. Die Arbeit dort war sehr streng. Sie kochte und putzte für alle Angestellten und die Meistersleute. Am Abend gab es keinen Ausgang, da strickte Anna Pullover und Strumpfhosen für die Kinder der Familie oder es wurde gejasst mit den Metzgersburschen.

Zu dieser Zeit kam ein junger SOB-Beamter regelmässig zum Zmittag ins Restaurant Schwanen. Der charmante Ernst Fischer aus dem Aargau gewann das Herz der hübschen Toggenburgerin, eine wunderschöne Beziehung begann! Am 2. September 1944 läuteten die Hochzeitsglocken der Pfarrkirche in Dottikon/ AG. Dieser glücklichen Ehe entsprossen fünf Mädchen und vier Buben. Zwölf Jahre wohnte die junge Familie in Einsiedeln, bis Tädi 1956 zum Stationsvorstand in Rothenthurm gewählt wurde. Klein, aber heimelig war das Zuhause im alten Bahnhof.

Für Mami gab es mit der grossen Kinderschar alle Hände voll zu tun. Sie erfüllte ihre Aufgabe mit Selbstverständlichkeit und war stets der ruhende Pol in der Familie. Als auch die Jüngsten in die Schule kamen, arbeitete sie zehn Jahre Teilzeit in der Firma Rova und konnte so ein paar eigene Batzen verdienen. Beim Jassen, Musizieren und Singen ging es oft fröhlich zu und her im Bahnhof. Aus diesen schönen Momenten schöpfte Mami die Kraft,den Familienalltag zu meistern und auch Tädi stets eine wertvolle Stütze zu sein.

Die Zeit verging, die Kinder zogen aus und gründeten eigene Familien. Tädi wurde pensioniert und nach 24 Jahren im Bahnhof zügelten sie ins Paradiesli. Nach und nach kamen Grosskinder dazu. Alle freuten sich immer auf die Besuche bei den Grosseltern, besonders wenn Grossmami ihre feinen Chäsknöpfli oder den beliebten Hafächabis kochte. Viele Familienfeste, Ausflüge mit dem Zug in der Schweiz und Reisen nach Italien prägten sich als unvergessliche Erinnerungen ein. Mehrere Wallfahrten nach Lourdes waren für unsere Eltern immer wieder besondere Kraftquellen.

Ein schwerer Schlag für Mami war im Dezember 1987 der plötzliche Tod ihres geliebten Ernst. Nach 44 glücklichen Ehejahren war das Alleinsein nicht einfach. Der Glaube und das Vertrauen auf Gottes Hilfe wie auch der Halt an uns Kindern gaben ihr Kraft zum Vorwärtsschauen.

An der Altmattstrasse 17 richtete sie wiederum ein gemütliches Daheim ein. Mit grosser Freude und Stolz dufte sie 21 Grosskinder und 28 Urgrosskinder willkommen heissen. Ihre Freizeit wusste sie sinnvoll zu nutzen. Sie gründete mit zwei Kolleginnen den Witwentreff, pflegte die Kameradschaft im Mütterverein, Altersturnen, Seniorenessen und in verschiedenen Jassgruppen. Für uns Kinder,die wir alle auswärts wohnen,war es beruhigend zu sehen, wie sich Mami ein gutes Netz aufbaute und schöne Kontakte pflegte im «Thurä».

Trotz aufkommender Altersbeschwerden wünschte sich Mami, so lange wie möglich in ihrer Wohnung zu bleiben. Dank ihrer geistigen Frische und unserer Hilfe war dies möglich bis fast zu ihrem Tod. Nur zwei Nächte wurde sie im Hospiz in Feusisberg fürsorglich betreut und durfte dort in Würde sterben. Unser Mami war ihr Leben lang für die Familie da. In gelebter Bescheidenheit stellte sie ihre Bedürfnisse hinten an, hatte für alle ein liebes Wort, «gschaffige» Hände und ein grosses Herz. Als älteste Rothenthurmerin hat sich am 19. Dezember 2021 ihr Lebenskreis nach 99 Jahren geschlossen. In unseren Herzen bleibt das Bild einer wundervollen Mutter und eine grosse Dankbarkeit für ihre Liebe, die sie uns geschenkt hat. In Liebe – Deine Kinder

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