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«Die Regierung will keine falsche Signalwirkung»

«Die Regierung will keine falsche Signalwirkung» «Die Regierung will keine falsche Signalwirkung»

Kaspar Michel, Finanzdirektor im Kanton Schwyz, nimmt Stellung zum Vorschlag der Regierung, den Steuerfuss um zwanzig Prozent zu senken: «Der Regierungsrat schlägt mit einer Senkung von zwanzig Prozent einen Schritt in bisher noch nie gekannter Grösse vor.»

MAGNUS LEIBUNDGUT

Was spricht gegen den Kompromiss, die Steuern um dreissig Prozent zu senken? Die Steuern im Kanton Schwyz um dreissig Prozent zu senken, ist nicht per se ausgeschlossen. Der Regierungsrat schlägt mit einer Senkung von zwanzig Prozent allerdings schon einen Schritt in bisher noch nie gekannter Grösse vor. Zwanzig Prozent würde den Vorteil mit sich bringen, dass wir in einem Jahr wohl eine weitere Steuersenkung beantragen könnten. Ein massvolles Vorgehen macht deshalb durchaus Sinn. Die Stawiko nimmt an, nur mit einer Steuerfusssenkung von vierzig Prozent steige das Eigenkapital nicht weiter an. Eine Reduktion um vierzig Prozent ergäbe im Voranschlag 2022 und in den Finanzplanjahren einen Minderertrag von jährlich 72 Millionen Franken. Damit wäre der Überschuss im nächsten Jahr noch acht Millionen statt der wie bis jetzt budgetierten achtzig Millionen Franken – bei einer Reduktion um zwanzig Prozent. Das Eigenkapital ist aber nur ein einzelnes Steinchen im Mosaik. Geradeso wesentlich ist für die Regierung unter anderem auch das Netto-Vermögen des Kantons. Wie käme denn eine Senkung des Steuerfusses um vierzig Prozent an im Land? Die Regierung will keine falsche Signalwirkung: Das Bild, das unser Kanton bei einem so massiven Einzelschritt abgäbe, wäre nicht nur positiv. Der Bund zum Beispiel schultert aufgrund der Corona-Pandemie eine enorme Belastung seines Haushalts und muss mindestens zwanzig Milliarden Franken stemmen: Da kommt es schlecht an, wenn die Kantone gleichzeitig Überschüsse schreiben und noch die Steuern massiv senken. Sie haben sich zu Lasten des Bundes weitgehend schadlos gehalten. Aber auch die Situation der Kantone ist zu beachten: Deren Belastungsunterschiede sollten sich nicht übermässig entwickeln. Spätestens beim NFA holt uns der grosse Unterschied wieder ein.

Wieso lässt man den Steuerfuss nicht so wie er ist und ändert dafür die Steuerprogression, wie das die Linken fordern? Die Steuertarife oder die Progression, die im Gesetz festgeschrieben sind, zu ändern, ist ein kritisches und diffiziles Unterfangen. Es kann schnell zu ungewollten Verwerfungen führen. Den Linken kommt nichts anderes in den Sinn, als immer wieder die Steuerprogression zu bemühen. Diese Frage wurde genau vor einem Jahr profund erörtert: Regierung und Parlament haben darauf einen sehr wirksamen Sozialabzug eingeführt, der den Mittelstand und die tiefen Einkommen massgeblich entlastet und ab nächstem Jahr in Kraft tritt. Man fordert also bereits wieder etwas, obwohl die letzte Revision noch gar nicht greifen kann. Die Rechten werfen der Regierung vor, ihr Vorschlag sei visionslos. Was wäre denn aus Ihrer Sicht ein Vorschlag mit einer Vision?

Die Regierung weist diesen Vorwurf von sich. Diverse Handlungsfelder und Projekte zeigen auf, dass zahlreiche zukunftsträchtige und somit visionäre Projekte lanciert sind. Man muss halt die Unterlagen lesen und sich informieren: Ich verweise hierbei zum Beispiel auf den KSA-Neubau, das Verwaltungszentrum, das Bauprojekt im Stützpunkt Biberbrugg, die Unterstützungen der Entwicklungsschwerpunkte, geplante Änderungen im Sozialbereich oder bei der Aufgabenteilung und dem Finanzausgleich sowie mehrere grosse Tiefbauprojekte.

Die Stawiko nimmt in Kauf, dass es zukünftig ein Defizit geben könnte, wenn die Steuern um vierzig Prozent gesenkt würden. Für dieses habe man ja ein übergrosses Eigenkapital zur Verfügung. Wo liegt hier der Haken an der Sache? Im Jahr 2010, als ich das Finanzdepartement im Kanton Schwyz übernommen habe, war ein Defizit von 138 Millionen Franken geplant. Man dachte, man könne dank des hohen Eigenkapitals das Defizit problemlos verkraften. Doch da war bereits der Sinkflug des Staatshaushalts eingeläutet, der nur mit grosser Anstrengung wieder saniert werden konnte. Man muss deshalb überlegt und langfristig planend vorgehen. Der Regierungsrat plädiert deswegen für eine konsequente, aber massvolle Reduktion des Steuerfusses. Im Auge zu behalten sind die Belastungen und Aufgaben der Zukunft. Die Langfristperspektive des Bundes nennt die Kantone als die künftig am stärksten belastete Staatsebene. Auch aus demografischen Gründen – und weil die Ansprüche immer grösser werden: Man rechnet mit Mehrkosten im Sozialbereich und im Bildungswesen wie vor allem auch im Gesundheitswesen. Finden Sie es schamlos, dass die Stawiko eine Untermargigkeit in Kauf nimmt bei ihrem Vorschlag? Nicht schamlos – aber einfach nicht opportun, sicher aber alles andere als nachhaltig. Es ist den Bürgern schwer erklärbar, dass sie einen neuzuziehenden Milliardär wegen der Untermargigkeit im NFA quasi quersubventionieren müssten. Jeder neue Vermögens- Steuerfranken würde mehr an NFA-Zahlung auslösen, als wir mit ihm einnehmen könnten. Das kann und sollte man verhindern. Wieso spart der reiche Kanton Schwyz bei den Kulturausgaben, dass Gott erbarm? Der Kanton investiert sehr wohl einiges in die Kultur: Einerseits gibt es Beiträge aus dem Lotteriefonds für die Kulturförderung, andererseits auch aus dem ordentlichen Budget für weitere Kulturbereiche. Man kann die Frage durchaus diskutieren. Aber dann muss man Mehrheiten finden. Mit polemischen Anwürfen an die Politik lässt sich nichts gewinnen. Immerhin wurde vor Jahren ein Kulturgesetz vom Volk abgelehnt. Die heutige Handhabung ist auch Ausfluss davon, dass wir ein sparsamer Kanton sind, in allen Bereichen eine möglichst schlanke Linie fahren wollen und die Kulturförderung bei uns sehr zielgerichtet ist. Gleichwohl leben wir in einem kulturell vielfältigen und lebhaften Kanton. Das sehen vielleicht Künstler, die nicht den gewünschten Erfolg haben, anders. Aber ob das am Geld alleine liegt?

Was erwarten Sie an der Kantonsratssession am 15. Dezember?

Die Regierung erwartet eine interessante und aufschlussreiche Debatte, die sicher auch ausserkantonal wahrgenommen wird. Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Kantonsrat dürfte ein Kompromissvorschlag auf dreissig Prozent Steuersenkung vermutlich obsiegen. Die Regierung lebt auch mit dieser Senkungsquote. Die Vorschläge unterscheiden sich ja letztlich um Nuancen. Allerdings wäre es schade, die Reduktion nicht in zwei Schritte aufzuteilen und im kommenden Jahr nochmals mit guten Neuigkeiten aufwarten zu können. Letztendlich ist die ganze Diskussion ein Luxusproblem, von dem andere Finanzdirektoren nur träumen.

Kaspar Michel, Finanzdirektor des Kantons Schwyz: «Es ist den Bürgern schwer erklärbar, dass sie einen neuzuziehenden Milliardär wegen der Untermargigkeit im NFA quasi quersubventionieren müssten.» Foto: zvg

«Den Linken kommt nichts anderes in den Sinn, als immer wieder die Steuerprogression zu

bemühen.» «Die ganze Diskussion ist ein Luxusproblem, von dem andere Finanzdirektoren nur träumen.»

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