Veröffentlicht am

Martin Steinauer

Martin Steinauer Martin Steinauer

NEKROLOGE

Ich, Martin Steinauer, später nannte man mich s’Lindä Wisis Märtel, bin am 21. August 1935 in der oberen Linde im Gross zur Welt gekommen.

Zusammen mit meinen vier Brüdern und vier Schwestern erlebte ich auf unserem Bauernhof zwar eine harte, entbehrliche, aber auch sehr glückliche Jugendzeit. Mit den etwa gleichaltrigen Geschwistern konnte ich meinen Bewegungs-, Spiel- und Unternehmungs- (Lausbuben) drang ausleben. Zu meinen Geschwistern hatte ich auch in den folgenden Jahrzehnten immer sehr guten Kontakt. Wir werkten, bauten Häuser um, spielten Musik, wanderten oder besuchten einfach einander in den jeweiligen Regionen.

Nach der sehr erfolgreichen Schulzeit wäre ich am liebsten Lehrer geworden. Dies war mir aus finanziellen Gründen verwehrt geblieben. Mein Vater hatte ohnehin den Bauernhof für mich vorgesehen. Ich sah mich aber nicht als Bauer, ich wollte einen anderen Beruf ausüben. Mit viel Durchsetzungswillen und sehr viel Eigeninitiative erlernte ich in der Klostermühle den Beruf des Schlossers. Später konnte ich als Werkstattleiter mein Wissen und Innovation beim Bührle Erprobungszentrum Studen einsetzen. Zudem tüftelte ich in meiner eigenen Werkstatt neue Hilfsmittel und Werkzeuge aus, mit denen ich unter anderem ziervolle Geländer und Fenstergitter herstellte.

Klar gefielen mir die Mädchen bereits im Jugendalter. Besonders angetan hat es mir eine der drei Obergross-Ochsner-Meitli. Hedy und ich lernten uns kenne und lieben, so dass wir am 19. Mai 1962 einander das Ja-Wort gaben. Neun Monate später kam meine immer geliebte Marianne zur Welt. Zu ihr gesellten sich in den folgenden Jahren noch Kurt und Erich, die ich natürlich genauso gern habe und unsere Familie komplettierten.

Wissenshungrig wie ich immer war, wollte ich alles kennenlernen, besonders die Welt mit deren Schönheiten, Flora, Fauna, Gebäuden und Bewohnern. Daher bereiste ich mit meiner Familie immer wieder die Schweiz und Europa. Einmal trieb es mich mit meinem Hedy und einigen Geschwistern sogar nach Amerika, wo wir die Spuren unserer Vorfahren, welche dahin ausgewandert waren, erkundeten.

Eine besondere Beziehung hatte ich immer zum Tessin. Praktisch mein ganzes Leben besuchte ich unseren Südkanton. Am Anfang noch mit dem Velotöffli, dann mit dem Auto. Es kam auch mal vor, dass der Opel Ascona nebst der Familie auch noch zwei «schmiedisigi Gländer» nach Giornico transportieren musste. Später zog es uns weiter in den Süden zu Hans und Doris nach Losone, wo es uns so gut gefiel, dass wir uns schlussendlich eine eigene Ferienwohnung zulegten. Zum Glück war mein Schätzli mit dem Wunsch der Ferienwohnung so beharrlich, sonst hätte ich die letzten tollen Jahre nicht mehrheitlich im Tessin verbracht.

Hobbys hatte ich natürlich auch. Ich war immer ein begeisterter Sportler. In den frühen Jahren sah man mich auch auf dem Siegerpodest von regionalen Skirennen oder ich drehte auf der Langlaufloipe meine Runde. Meine Familie durfte mich jeweils am Sonntag im Winter mit den Tourenskiern über den Hummel und im Sommer über alle Berge begleiten. Musik und Gesang waren ebenfalls lebenslange Begleiter. So sang ich im Kirchenchor und trommelte in der Feldmusik als Tambour. Die Feldmusik Gross war ohnehin meine Passion. Über Jahre hinweg durfte ich das Winterkonzert mit meinen Ideen mitgestalten. Wir haben das Dorfzentrum mit unseren Aufführungen jeweils zum Platzen gebracht. So flogen die Späne beim Holzhacker, die Gewichtheberhanteln wurden von «Dick Ernst» in die Höhe gehoben oder der Nügüetli-Ruedi klopfte den Teppich zur Teppichklopferpolka aus.

Nach meinem Berufsleben wurde ich tatsächlich doch noch zum Bauern. Im Pensionsalter wurde ich für einige Jahre zum Sommerälpler auf unserer Plangg, wo ich schon davor viel Zeit bei der Arbeit verbrachte, sei dies mit Holzen, Güllnen oder Misten. Bei Letzterem hatte ich auch mal einen Unfall, welcher auch ganz schlecht hätte enden können.

Danach konnte ich die Jahre so richtig geniessen, obwohl es mir körperlich nicht immer besonders gut ging. Zuerst kam dieses Parkinson, welches mich immer öfter in meiner Beweglichkeit einschränkte, und dann noch die Demenz. Eigentlich hätte ich noch so viel Lebenslust und ich möchte noch so viel erzählen, wenn ich nur die Kraft noch hätte.

Share
LATEST NEWS