Rund 500 Personen demonstrierten gegen die Corona-Massnahmen
Die Proteste gegen die Zertifikatspflicht haben auch Einsiedeln erreicht. Die Massnahmen-Gegner wählten dafür den Klosterplatz aus.
VICTOR KÄLIN
Es war ein friedliches Bild, das sich am Freitagabend, 17. September, auf dem Einsiedler Klosterplatz bot. Geschätzte 500 Personen aller Altersstufen trafen sich zum «Picknick gegen das Zertifikat», wie im Netz dazu aufgerufen wurde. Viele nahmen Decken mit, Tische und Stühle, und richteten sich auf Platz und Treppen bequem ein. Die Freiheitstrychler sorgten für markante Einlagen, hier hörte man ein Alphorn und dort ein Handörgeli, eine Band spielte spontan auf, die Leute klatschten in die Hände und sangen freudig mit, als Partysongs wie «Jetzt geht’s los …» oder «Die Hände zum Himmel» angestimmt wurden. Redner und Parolen gab es keine; ausser dem inzwischen schweizweit bekannten «Friede – Freiheit – das Volk ist souverän» der Freiheitstrychler waren auch keine Slogans zu hören.
Die Nacht wurde dunkler und kühler und die Demonstranten räumten nach und nach das Feld. Ziemlich ordentlich, denn anderntags mussten lediglich einzelne Bierflaschen entsorgt werden. Polizei muss nicht eingreifen
Auch nach Ansicht der Kantonspolizei verhielten sich die Demonstranten vorbildlich. «Der Anlass und der kleine Umzug verliefen friedlich», fasst Mediensprecher David Mynall zusammen. «Wie von uns gefordert, wurde der Strassenverkehr nicht beeinträchtigt.» Die Polizei war vor Ort, um den Anlass zu beobachten sowie Verkehrssicherheit und Ordnung zu gewährleisten. Irgendwelche Zusammenstösse gab es laut Kantonspolizei nicht. «Wir waren», so Mynall, «mit den Verantwortlichen stetig in Kontakt und mussten den ganzen Abend über nicht einschreiten.»
Kloster spricht von Missbrauch
Die Friedfertigkeit des Anlasses ist das eine; die Legitimation das andere. Wie Bezirk und Kloster auf Anfrage bestätigten, hätte es weder ein Gesuch noch eine Bewilligung gegeben. Grundsätzlich wird Marc Dosch. Der Verwaltungsdirektor des Klosters betont gegenüber unserer Zeitung ausdrücklich, dass der «Klosterplatz für politische Kundgebungen generell nicht zur Verfügung steht. Wir distanzieren uns von dieser unbewilligten Demonstration und bedauern es sehr, dass der Platz dafür missbraucht wurde.» Im Kloster sei man froh, dass das Kloster und der Kirchenbetrieb nicht gestört worden seien – «auch dank des massvollen Einsatzes von Polizei und Behörden ». Dosch erinnert bei dieser Gelegenheit, dass die Vorgaben der Behörden zum Schutz der Gesundheit im Kloster «konsequent umgesetzt werden – mit guten Erfahrungen». Bezirk schaltet Webcam aus
Wenig Verständnis bringt auch Patrick Schönbächler für die Kundgebung auf. Für den Einsiedler Landschreiber war die «letztlich mit Musik, Tanz und Bier inszenierte Besetzungsparty nicht nur an einem denkbar ungeeigneten Ort, sondern auch widerrechtlich. Klosterkulisse und Marienbrunnen wurden – hauptsächlich von auswärtigen Teilnehmenden – als Sujets missbraucht und lächerlich gemacht.» Ob der Bezirk wegen der Widerrechtlichkeit des Anlasses eine Anzeige einreichen wird, wollte Schönbächler gestern Montag noch offen lassen.
Wer das Geschehen über die Klosterplatz-Webcam des Bezirks mitverfolgen wollte, wurde enttäuscht. Kurz vor 17 Uhr wurde die Liveschaltung auf Anweisung des Landschreibers ausgeschaltet, wie dieser bestätigte: «Eine illegale Besetzungsparty auf dem Klosterplatz muss vom Bezirk weder virtuell unterstützt noch als Postkarte live in die Welt hinausgetragen werden.» Ein solch klares Statement wäre auch auf der Homepage hilfreich gewesen. Dort las man stattdessen, dass «unsere Techniker das Problem so bald wie möglich be-Die heben …».
Freiheitstrychler sorgten auch auf dem Klosterplatz für laute Präsenz. Foto: Victor Kälin
So sah die Klosterplatz-Webcam des Bezirks am Freitagabend aus …
…und so die Realität. Fotos: Wädi Kälin und Evelyne Marty