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«Nacktsein ist Natur»

«Nacktsein ist Natur» «Nacktsein ist Natur»

Dilara Koç (24) aus Einsiedeln spricht im Interview über ihr spezielles Hobby

Sie hat ein Hobby der besonderen Art: Dilara Koç. Die 24-jährige türkisch-stämmige Einsiedlerin hält sich gerne in der Natur auf – splitternackt. Fotos davon postet sie zahlreich auf Instagram.

WOLFGANG HOLZ

Frau Koç, Sie haben ein aussergewöhnliches Hobby. Wie kommts dazu? Es ist tatsächlich ein Hobby. Und zwar gehe ich gerne in die Natur. Ich halte mich gerne in der Natur auf, weil wir ja aus der Natur entstanden sind. Wir gehören zur Natur, wir sind eigentlich Natur. Und so wie wir Menschen sind, sind wir eben nackt. Deshalb bin ich, wenn ich mich in der Natur befinde, auch sehr gerne nackt. Nacktsein ist Natur. Aber wenn Sie nackt in der Natur sind, können Sie ja von anderen Leuten gesehen werden. Macht Ihnen das nichts aus? Ich schaue immer, dass keine Menschen anwesend sind. Also, ich halte mich beispielsweise nicht nackt in der Natur in Einsiedeln auf. Hier ist das Risiko immer noch zu gross, dass ein Mensch kommt. Ich gehe in den Bergen in die Natur. Dort bin ich dann nackt, um die Verbundenheit mit der Natur zu spüren. Es kann natürlich sein, dass mal Wanderer vorbeikommen. Dann drehe ich mich halt ab, bis sie wieder gegangen sind. Sind Sie denn schon oft von Wanderern überrascht worden? Bis jetzt einmal. Ich habe die Leute dann begrüsst und mich, wie gesagt, abgedreht. Ich will sie ja nicht stören. Also, ich zeige den Leuten dann nicht meine Brüste oder so. Wenn sie wieder weg sind, meditiere ich weiter in der Natur. Um meine Ruhe zu finden. Wie war die Reaktion der Wanderer, die Sie gesehen haben? Waren sie erschrocken?

Nein, gar nicht, sie haben gelächelt. Sie haben sogar Freude gehabt und gesagt: «Das ist schön, was Sie da machen. Das sieht man ja nicht jeden Tag. Es ist schön, dass Sie sich so entfalten können.»

Wie wählen Sie denn die Plätze aus, an denen Sie nackt sind?

Ich überlege mir meist spontan, welche Natur ich in welchem Kanton besuchen möchte. Ich habe aber eine Lieblingsregion, die ich magisch finde – und zwar das Bündnerland. Dort gibt es sehr viel an wundervoller Natur zu entdecken. Am liebsten mag ich die Wasserquellen. Vom Wasser schöpfe ich nämlich die Energie.

Wie oft machen Sie das?

So oft wie möglich. Ich schaue, dass ich es mindestens zweimal pro Woche schaffe. Was gibt Ihnen das persönlich, nackt im Grünen zu sein? Ich möchte meine Ursprünge spüren, das gibt mir Kraft. Das, was im Augenblick abgeht, ist für mich sehr ermüdend. Nur schon zu spüren, wie sehr so viele Menschen erschöpft sind, macht mir zu schaffen. Ich spüre das extrem. Die Menschen sind ziemlich erschöpft von den Corona- Massnahmen. Der Bundesrat entscheidet jeden Mittwoch etwas Neues, und wir müssen uns jedes Mal neu nach diesen Massnahmen richten. Ich merke, dass dies alles für ein Ungleichgewicht unter den Menschen sorgt. Um diese Erschöpfung zu heilen, mich selbst von der Negativität zu reinigen und um mich zurückzuerinnern an meine natürlichen Wurzeln, gehe ich eben in die Natur. Apropos Corona. Man kennt Sie auch über Instagram als Teilnehmerin von Anti-Corona-Demonstrationen. Warum nehmen Sie an solchen Events teil? Ich gehe immer wieder an Demos, weil ich der Meinung bin, dass unsere Vorfahren so fest für die Rechte gekämpft haben, die wir jetzt haben. Und diese Rechte werden durch die Corona-Massnahmen einfach nicht mehr beachtet. Im Gegenteil: Innerhalb von eineinhalb Jahren sind diese Rechte eingeschränkt worden. Ich demonstriere, weil uns die Eigenverantwortung abgenommen wird. Ich kann nicht mehr für mich entscheiden, fühle ich mich gesund oder nicht. Kann ich ins Restauramnt gehen oder nicht? Kann ich Squash spielen oder nicht? Dass man uns diese Eigenverantwortung abnimmt – damit habe ich wirklich Mühe. Ist Corona und die Pandemie für Sie denn nicht gefährlich? Es geht mir nicht darum, ob es gefährlich ist oder nicht. Aber der Staat muss ja was tun, um die Pandemie einzudämmen?

Aber nicht in dieser Art.

Was würden Sie denn dagegen tun? Indem man an die Eigenverantwortung appelliert. Das Schweizer Volk ist genügend intelligent, um zu entscheiden, was gesund ist und was nicht. Die Massnahmen sind einfach unverhältnismässig. Corona selbst streite ich nicht ab. Das mache ich nicht. Kommen wir zurück zu Ihrem Nacktsein in der Natur. Sie haben viele Bilder auf Instagram gepostet. Wer hat Sie da fotografiert?

Ich habe mich selbst fotografiert. Ich arbeite mit Stativ und Kamera – und drück dann auf den Selbstauslöser. Das ist meine Art von Kunst: mein nackter Körper in der Natur. Es sind eigentlich Kunstfotos, die ich mache. Frieren Sie denn nicht bei Ihren Nacktaufnahmen, so hoch droben, mitten in den Bergen? Manchmal ist es tatsächlich kühl. Aber ich habe noch nie eine Erkältung bekommen, weil ich über ein starkes Immunsystem verfüge. Ich ernähre mich sehr gesund. Ich esse möglichst natürlich und esse möglichst alles roh. Roh aus der Natur. Vor allem viel Gemüse und Hülsenfrüchte. Die verfügen über viel Protein. Ich verzichte auf Fleisch. Ich nehme aber auch Vitamin D ein, weil wir in der Schweiz viel zu wenig Vitamin D erhalten. Deshalb fühle ich mich sehr gesund. Was sagen Ihre Freunde zu dem, was Sie da machen? Sie finden das sehr positiv. Mein Freundeskreis denkt ähnlich wie ich. Ich habe ausschliesslich Gleichgesinnte unter meinen Freunden. Wenn sie meine Fotos sehen, bewundern sie mich. Nicht zuletzt auch für meinen Mut, dass ich diese Fotos öffentlich zeigen kann. Denn man braucht dafür wirklich viel Mut – ich erhalte für diese Fotos auch viele Hasskommentare. Und was sagt Ihr Freund dazu?

Ich habe derzeit keinen Freund. Aber ich habe mir schon Gedanken darüber gemacht, wie das wohl wäre mit einem zukünftigen Freund. Er müsste natürlich offen sein für mein Hobby. Ich würde aber nicht von ihm erwarten, dass er genau so ist wie ich und sich unbedingt nackt in der Natur aufhält. Was wollen Sie mit Ihren Bildern im Internet bezwecken? Das ist gut, dass Sie mich das fragen. Ich habe ja erst vor ein paar Monaten damit begonnen, meine Nacktfotos zu posten. Ich habe in letzter Zeit viele Nachrichten von Jugendlichen erhalten, die Suizidgedanken hegen und Depressionen empfinden. Bei diesen Leuten merke ich dann im Gespräch, dass sie sich ziemlich weit von der Natur wegbewegt haben. Dass sie nicht mehr im Einklang mit der Natur sind. Deshalb möchte ich den Menschen mit meinen Fotos die Natur näherbringen. Ich möchte, dass die Menschen sich mehr Gedanken machen, in die Natur zu gehen. Und vielleicht auch mal nackt zu sein – in der Natur. Was machen Sie eigentlich beruflich?

Ich arbeite sieben Tage in der Woche. Aber was ich mache, darüber möchte ich nicht reden. Sachen, die geheim sind, sind geheim. Ich bin sehr flexibel und kann mir meine Arbeit selbst einteilen. Es ist so eine Art Homeoffice.

Letzte Frage: Haben Sie einen Lebenstraum? Ja. Ich sehe, wie sich die Gesellschaft immer mehr abwendet von der Natur. Wenn ich jetzt in meine Zukunft schaue, sieht mein Lebenstraum deshalb so aus, dass ich gerne mit Gleichgesinnten wie in einer Lebensgemeinschaft, wie in einem Dörfli, zusammenleben möchte und wir uns dort selbst versorgen würden. Wir würden alle arbeiten, wir würden uns gegenseitig um uns kümmern. Das ist das Wichtigste für mich: Weg von der Gesellschaft und mit Gleichgesinnten zusammenleben.

In der Natur?

In der Natur.

Nackt?

Nein, das mache ich natürlich nur für mich selbst.

«Es sind eigentlich Kunstfotos, die ich mache»: Dilara Koç, nackt in der Natur. Foto: Instagram

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