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Besser die Heiratsstrafe statt die Industriezölle abschaffen

Besser die Heiratsstrafe statt die Industriezölle abschaffen Besser die Heiratsstrafe statt die Industriezölle abschaffen

Höhepunkt der ersten Sessionswoche war die Nationalratspräsidentenfeier von Andreas Aebi auf der Lueg im Emmental. Normalerweise findet diese Feier kurz nach der Wahl in der ersten Woche am Mittwochnachmittag in der Wintersession statt. In der vergangenen Wintersession konnte der Anlass wegen der Covidvorschriften nicht durchgeführt werden.

Näher zusammengebracht

Andreas Aebi liess es sich nicht nehmen, die Feier nachzuholen, obwohl 80 Prozent seines Präsidialjahres vorüber ist. Mehr als 130 Parlamentarier nahmen teil. Mit allen Gästen zusammen waren über 300 Personen auf der Lueg. An diesem Aussichtspunkt steht ein grosses Denkmal, das an die im 1. Weltkrieg an der spanischen Grippe gestorbenen Wehrmänner erinnert. Es ist ein wunderschöner Ort mit Aussicht auf die imposante hügelige Landschaft des Emmentals. In einem auf allen Seiten offenen Festzelt wurden der Festgemeinde Getränke und Käse offeriert. Als Braumeister hat es mich sehr gefreut, dass Andreas Aebi von der einheimischen Brauerei Burgdorf extra ein Präsidentenbier kreieren liess. Es mundete hervorragend. Die Feier wurde eröffnet mit dem Überfliegen von zwei FA-18Fliegern, die auf die Minute genau am Horizont erschienen und das Festgelände zweimal überflogen. Zwischen den Reden sang die ganze Festgemeinde das Bernerlied und das immer wieder schöne Lied «Ich bi en Aemmitaler » begleitet vom Armeespiel.

Bundesrat Berset sowie die künftige Nationalratspräsidentin Irene Kälin hielten brillante Reden. Abgeschlossen wurde die Feier mit der Landeshymne. Diese Feier brachte die Leute der verschiedenen Fraktionen näher zusammen. Man spürte eine Zusammengehörigkeit, die die aktuellen Probleme und Meinungs-verschieden-heiten vergessen liessen.

Geschenk an die Industrie

Als Mitglied der Finanzkommission erfüllen mich die Tendenzen in der Fin anzpolitik des Bundes mit Sorge. Auf der einen Seite steigen die Ausgaben, und auf der anderen Seite verzichtet das Parlament auf Einnahmen. So sind Vorlagen in Bearbeitung, die die Industriezölle, die Stempelabgaben, die Verrechnungssteuer sowie den Eigenmietwert beim Wohneigentum abschaffen möchten. Auch die Abschaffung der Heiratsstrafe würde zwei Milliarden Franken weniger Einnahmen verursachen.

So hat das Parlament mit Stichentscheid des Präsidenten am Mittwochmorgen nach heftiger Debatte die Industriezölle abgeschafft. Damit verzichtet die Eidgenossenschaft einseitig auf 540 Millionen Franken, ohne von anderen Ländern Zollsenkungen für Schweizerprodukte zu verlangen. Das Parlament gibt damit ein Pfand aus den Händen, das bei Verhandlungen mit anderen Ländern zu Freihandelsabkommen und den Abbau von Handelshemmnissen eine vorteilhaftere Position geschaffen hätte.

Die Abschaffung trägt auch nicht dazu bei, die Problematik der Hochpreisinsel Schweiz zu entschärfen. Der Konsument wird wenig bis gar nichts von dieser Abschaffung spüren. Studien gehen davon aus, dass die Zölle zirka 1,8 Prozent des Warenwertes ausmachen. Ich bin gespannt, ob die Vorlage in der Schlussabstimmung nochmals eine Mehrheit findet. Die SP hat ein Referendum in dieser Sache angekündigt. Am Schluss wird das Volk entscheiden. Persönlich bin ich der Ansicht, dass wenn auf Einnahmen verzichtet wird, eine breite Öffentlichkeit davon profitieren sollte. Die Abschaffung der Heiratsstrafe hätte aus meiner Sicht erste Priorität.

Alois Gmür

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