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Wissen nach Siebenbürgen vermitteln

Wissen nach Siebenbürgen vermitteln Wissen nach Siebenbürgen vermitteln

Nach einem Massenexodus aus Siebenbürgen Sachsen in den 90er-Jahren hauchen auch Einsiedler der Region neues Leben ein. Den Filmabend in der Cineboxx besuchten am letzten Freitagabend rund 100 Interessierte.

MARIANNE SCHÖNBÄCHLER

In der Cineboxx in Einsiedeln wurden zwei Filme zu den Themen «Zuwanderung nach Siebenbürgen. Erfolgsgeschichten» und «Neues Leben in alten Mauern » gezeigt. Der Filmregisseur Florin Besolu war anwesend und beantwortete Fragen. Der Muotathaler Koni Suter überzeugte in seinem Referat von der Notwendigkeit der Hilfsprojekte. Organisiert und moderiert wurde der Anlass von Marianne Hallmen aus Einsiedeln. Bei der anschliessenden Degustation konnten siebenbürgische Spezialitäten wie Käse, Brot, Wein oder eingemachtes Gemüse genossen werden.

Faszinierendes Land Siebenbürgen liegt inmitten von Rumänien und ist in der Schweiz eher unbekannt. Rund 250 Ortschaften liegen über das Land verteilt. Die Kirchenburgen sind Zeugen der 850 Jahre alten Kulturgeschichte. Deutsche Landsleute pflegten die einzigartige Landschaft und die Kultur, bis sie während des 2. Weltkrieges flüchten mussten oder von den Russen deportiert wurden. Nach der Diktatur von Nicolae Ceausescu bekam die rumänische Bevölkerung Pässe und viele verliessen das Land. So verliess auch Marianne Hallmen als 13-Jährige mit ihrer Familie Siebenbürgen und studierte in Deutschland Architektur und Theologie. Später kam sie in die Schweiz und arbeitete 17 Jahre mit Pfarrer Ernst Sieber zusammen. So lernte sie die Region Einsiedeln kennen und lebt nun im Dorf selbst.

Von Heimweh geleitet gründete sie 2014 den Verein «Siebenbürgen Sachsen in der Schweiz». Mit deren Hilfe werden Kirchenburgen restauriert und Orgeln sorgfältig zum Tönen gebracht. Altes Handwerk wie Möbelbemalungen oder Stickereikunst werden wieder gepflegt und alte Kutschen auf Vordermann gebracht. In Zusammenarbeit mit der «Stiftung Lebensqualität» mit Sitz in Siebnen, Schwyz, kam es zu den Begegnungen mit Koni Suter, Käsemeister aus dem Muotathal, und den Meisterlandwirten Gerold Birchler aus Einsiedeln und Erich Kälin aus Euthal.

Bildung im Fokus

Koni Suter gab Einblick in das Erfolgsprojekt «mythen-fonds», einem Wirkungsfeld der «Stiftung Lebensqualität». So reiste der Muotathaler 2011 in das Berggebiet der Karpaten nach Dreibrunnen (Trifantani) in Siebenbürgen. Er traf auf ein verarmtes Land mit einer überalterten Bevölkerung, die keine Zukunftsperspektiven sah.

Es gab riesige Schafherden, die neben Fleisch und Wolle auch ein wenig Milch lieferten. Käse wurde in bescheidener Qualität hergestellt und der Hygiene kaum Beachtung geschenkt. Koni Suter wurde schnell klar, dass Wissensvermittlung der Schlüssel zu einer Verbesserung sei. Er baute eine Lehrkäserei auf, in der die Käseherstellung vermittelt werden konnte. Schmunzelnd berichtete er, wie ein Lernender aus Siebenbürgen nach seiner Ausbildung in der Schweiz meinte, er habe unter anderem «putzen, putzen …» gelernt.

Zu den Themen Tierzucht und Maschinenwartung reisten Gerold Birchler und Erich Kälin nach Siebenbürgen. Gerne erzählten sie, wie sauberes Melken gezeigt, ein Klauenpflegestand eingeführt, stumpfe Sägeblätter geschliffen, und Gewächshäuser saniert wurden. Sie brachten in diesem Jahr die ersten Braunen Kühe in die Gegend und hoffen mit dem 2020 geborenen Belegstier, eine Verbesserung der Zucht zu erreichen. Im Gegenzug stiessen sie auf sehr grosse Dankbarkeit und herzliche Gastfreundschaft. Koni Suter ist überzeugt, dass nur Bildung korruptionsfrei ist und anstelle von Geldspenden Wissen vermittelt werden müsse.

In kleinen Schritten erfahren die Bauern die Vorteile der gegenseitigen Zusammenarbeit und können auf ihrem Boden, in ihrer Heimat sich ihre Existenz aufbauen. Mittlerweile gibt es viele Heimweh-Rückkehrer aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Amerika und einem hoffnungsvollen Neubeginn steht nichts mehr im Wege.

Marianne Hallmen beschäftigte sich mit den letzten Vorbereitungen zum Filmabend über Siebenbürgen. Foto: Marianne Schönbächler

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