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«Eine Spaltung kann nicht das Ziel sein in diesem Land»

«Eine Spaltung kann nicht das Ziel sein in diesem Land» «Eine Spaltung kann nicht das Ziel sein in diesem Land»

Bundesrätin Karin Keller-Sutter hielt die Festrede und stellte darin die Verständigung untereinander in den Mittelpunkt. Ein Auszug aus ihrer Festrede.

KONRAD SCHULER

«Anderen – und gerade auch Andersdenkenden – das Gehör zu schenken, auf sie einzugehen und gemeinsam Lösungen zu finden: Dies ist ein zentraler Wert für das Funktionieren unseres Landes.» Die Pflege der kulturellen Vielfalt und des inneren Zusammenhalts sei ein verfassungsmässiger Auftrag.

«Vielfalt bedingt einen Ausgleich der Interessen» «Vielfalt ist natürlich auch anstrengend, komplex und kostet den Staat auch mal etwas Geld.» Vielfalt bedinge eine ständige Auseinandersetzung und den Ausgleich der Interessen. Das gelinge nur, wenn man Differenzen mit Respekt gegenüber anderen Meinungen austrage und wenn man bereit sei, dabei nicht nur die andere, sondern auch die eigene Position zu hinterfragen. «Wer sich täglich direkt begegnet, pflegt in der Regel einen anständigen Umgang, und nimmt sein Gegenüber auch ernst.» Es sei keine gute Entwicklung, wenn Politiker Probleme zuhanden ihrer Klientel bewirtschaften, anstatt konstruktive Lösungsvorschläge zu machen. Das schliesse eine lebendige, manchmal harte Debatte nicht aus. «Aber wir sollten diese in einem friedlichen Rahmen und mit fairen Spielregeln austragen. Auch politische Gegner sollten einander niemals feindlich gesinnt sein.» Als liberale Politikerin sei «Die Regel des heiligen Benedikt» für sie ein wichtiges Buch. Gerade hier in Einsiedeln, dem Ort der Benediktinermönche, mache es Sinn, an die Kraft dieses Werks und an die 73 Kapitel zu erinnern.

«Der Anstand im Umgang sollte immer gewahrt werden» Sie sei von zwei Dingen an dieser Schrift fasziniert. «Zum einen ist es die Selbstdisziplin des monastischen Lebens, zum anderen fasziniert mich die Grundhaltung von Demut und Gelassenheit.» Beide Eigenschaften seien nicht ein für allemal erworben. An beiden müsse man täglich arbeiten. «Nur wer eine Überzeugung hat, kann sich auch mit anderen Meinungen glaubwürdig auseinandersetzen. Wer sich mit eigenen Projekten überidentifiziert, kommt nicht weit, verliert zu viel Kraft und Energie und ist nicht kompromissfähig. » Gespräch und Respekt seien deshalb zentral. «Wer Lösungen zum Durchbruch verhelfen will, muss andere einbinden und wertschätzen. Der Anstand im Umgang sollte immer gewahrt bleiben. » «Keinen neuen Kulturkampf» Die Diskussions- und Konsenskultur in der schweizerischen Politik existiere allen Unkenrufen zum Trotz. Vielleicht spüre man sie am besten, wenn die Scheinwerfer ausgeschaltet seien.

«Die Herausforderungen der Zukunft meistern wir nicht, indem wir einen neuen Kulturkampf heraufbeschwören. Wir können sie nur gemeinsam bewältigen. Es mag zwar politisch attraktiv sein, sich vom Gegner abzugrenzen. Und es ist einfacher, sich selbst Recht zu geben als dem anderen. Aber Spaltung kann nicht das Ziel sein in diesem Land.» Spaltung stehe im Widerspruch zu dem, was die Schweiz sei, auf die wir zu Recht stolz seien.

Bundesrätin Karin Keller-Sutter stellte in ihrer Festansprache die Verständigung untereinander in den Mittelpunkt. Foto: Konrad Schuler

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