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Mönchsgeier an Überdosis Plastik gestorben

Mönchsgeier an Überdosis Plastik gestorben Mönchsgeier an Überdosis Plastik gestorben

In Sattel wurde vor Kurzem ein Mönchsgeier gefunden, dessen Magen mit Plastik gefüllt war, woran der seltene Vogel starb.

Mitg. Plastik ist zwar nicht giftig, belastet aber unsere Umwelt dennoch mehr und mehr. Dieser Kunststoff ist praktisch nicht abbaubar und kommt in unglaublichen Mengen fast überall vor. Mikroplastik wurde sogar in der Arktis oder auch kürzlich im 2500 Meter hoch gelegenen Lunghinsee oberhalb Maloja nachgewiesen.

Etwas weniger bekannt ist die Tatsache, dass Wildtiere in steigendem Mass unter der Präsenz von Plastikabfällen in der Umwelt leiden. In den Weltmeeren sammeln sich jährlich über 6 Millionen Tonnen Plastik an, der auch in den Mägen von Meerestieren landet. Dieser hat immer wieder auch tödliche Folgen für Seevögel, Schildkröten, Seehunde oder Wale.

Dass sich das Problem nicht auf die Küstengebiete beschränkt, zeigt die zunehmende Zahl von Wildtieren mit grösseren Plastikmengen im Magen. In die Presse gelangte 2019 der Fall eines Hirsches bei Arosa, in dessen Magen sechs Kilogramm Plastikmüll gefunden wurde. Besonders betroffen sind auch Grossvögel wie der Weissstorch. Bei einer Untersuchung von in der Schweiz tot gefundenen Störchen hatte über ein Drittel der Jungstörche Plastik im Magen.

Trauriger Tod eines sehr seltenen Geiers Nun kam es kürzlich zu einem weiteren traurigen Fall, bei welchem ein besonders seltener Vogel an einer Überdosis Plastikmüll einging: Mönchsgeier sind die grössten Vertreter in der Geierfamilie, sie können bis 2,9 Meter Spannweite erreichen, 12 Kilogramm schwer werden und gehören zu den sehr seltenen Geierarten (In der Zentralschweiz gab es 2021 gerade drei Sichtungen dieser Art). Ähnlich wie Bartgeier wurden sie in den Alpen in einem aufwendigen Projekt wieder angesiedelt. In den französischen Meeralpen leben zurzeit fünf Paare dieser Art. Drei Paare hatten 2020 einen Jungvogel aufgezogen. Diese wurden vom Team des südfranzösischen Vogelschutzes LPO Côte d’Azur noch im Nest beringt. Einer dieser jungen Mönchsgeier erhielt seinen Ring in der Verdonschlucht in der Provence am 30. Juni 2020. Bis am 9. April 2021 wurde er während des sogenannten Bettelflugs noch im elterlichen Revier beobachtet, danach verlor sich in Frankreich seine Spur.

Aufgetaucht ist er dann einen Monat später 400 Kilometer weiter nordöstlich im Kanton Schwyz, leider in einem schlechten Zustand. Am 7. Mai meldete ein Anwohner den enorm grossen Vogel bei der Siedlung Egg oberhalb Sattel herumspazierend. Der zuständige Wildhüter Markus Raschle konnte den offenbar geschwächten Vogel einfangen und brachte ihn zu Steve Diethelm nach Siebnen, der dort eine Greifvogel-Pflegestation führt.

Verhungert wegen Plastik Er versuchte den apathisch wirkenden Geier am Abend noch zu füttern, fand ihn dann aber am nächsten Morgen tot in der Voliere vor. Er wog vier Kilogramm, bestand praktisch nur noch aus Haut und Knochen und war vermutlich verhungert. Zur Untersuchung gelangte er am 16. Juni 2021 ans Amt für Jagd und Fischerei Graubünden in Chur, wo routinemässig tot gefundene Greifvögel analysiert werden.

Die Obduktion des Kadavers brachte dann Aufschluss über die Todesursache: Der Magen des Mönchsgeiers war prall gefüllt mit Plastikmüll. Es handelte sich um zahlreiche Plastikschnüre, wie sie zum Verschliessen von Abfallsäcken verwendet werden, und um Teile von Abfallsäcken. Offensichtlich war mit dieser Ladung Plastik im Magen die Verdauung blockiert und der seltene Geier elend verhungert. Wo und warum der Mönchsgeier das vermeintliche Futter aufnahm, bleibt offen. Es zeigt uns aber, wie wichtig es ist, keinerlei Plastikmüll im Freien zu belassen und die Bedürfnisse und Gewohnheiten der Wildtiere in unserem Umgang mit Abfall zu berücksichtigen.

Beim Amt für Jagd und Fischerei Graubünden in Chur wurde der tote Geier untersucht. Im Magen befanden sich Plastikteile eines Müllsackes; links David Jenny (Schweizerische Vogelwarte Sempach) und rechts Hannes Jenny (AJF Graubünden).

Foto: C. Schorta

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