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Unterwegs auf Trüffelsuche

Unterwegs auf Trüffelsuche Unterwegs auf Trüffelsuche

Lagotto Romagnolo Luigi findet kostbare Trüffel – aber nicht in Einsiedeln

Trüffel sind von Gourmets auf der ganzen Welt begehrt. Auch im Kanton Schwyz gibt es die kostbaren Knollen, wenn auch nicht in der unmittelbaren Umgebung von Einsiedeln. Yvonne Annen und ihr Hund Luigi finden die eigenartigen Pilze in Steinerberg, wo genau verrät sie nicht.

GINA GRABER

Luigi ist in Goldgräberstimmung: Zielstrebig scharrt er an einem bestimmten Punkt irgendwo an einem Waldrand Gras und Erde weg. Rasch ist seine Chefin bei ihm, beschnüffelt die Stelle selbst und hilft mit einem Hufkratzer beim Graben. Es riecht plötzlich intensiv nach Trüffel: Volltreffer, Luigi!

Yvonne Annen ist stolz auf ihren wuscheligen Lagotto, lobt ihn überschwänglich und zückt eine Tube Leberparfait, an der Luigi sofort zu schlecken beginnt. Das ist der Lohn für seine Sucharbeit und auch der Ersatz für den gefundenen Trüffel, den er gerne selbst verspeisen würde, wenn er könnte. «Man muss schneller sein als der Hund», lacht Yvonne Annen, die mit ihrem Lagotto Romagnolo seit fünf Jahren die Trüffelsuche trainiert.

Die Hunde dieser alten italienischen Rasse wurden ursprünglich gezüchtet, um erlegte Enten und andere Wassertiere im Wasser aufzustöbern und dem Jäger zu apportieren. Irgendwann entdeckte man ihre Affinität für Trüffel; seitdem ist der Lagotto Romagnolo der Trüffelhund schlechthin. Yvonne Annen hat ihren Luigi aber nicht des Trüffelns wegen gewählt: «Mein Mann Gody und ich wollten einen Hund, der nicht haart», denn auch für diese Eigenschaft sind die wolligen Hunde bekannt. Das Fell von Luigi, der eigentlich «Gingercreek Truffle perfect Winner» heisst, muss dafür alle zwei bis drei Monate geschoren werden, weil es stetig wächst wie menschliche Haare. Die Lagottos sind ausserdem freundlich, verspielt und scharfsinnig.

Auf den Trüffel-Geschmack gekommen

Luigi wird im Dezember neun Jahre alt und ist mittlerweile ein erfolgreicher Trüffelhund. Das war nicht immer so, wie Yvonne Annen berichtet. Aus Neugier absolvierte sie 2016 einen eintägigen Trüffelkurs und durfte auch eine Bekannte mit ihrem Trüffelhund auf einer Such-Tour begleiten. Trotz gezieltem Training zeigte sich Luigi zuerst nur mässig begeistert von der Trüffelsuche. Yvonne Annen hatte ihre Ambitionen schon fast aufgegeben – bis Luigi eines Tages von sich aus anfing, Trüffel aufzustöbern. Das war vor drei Jahren, und seither sind die beiden erfolgreich unterwegs.

Geheime Plätze und Codewörter Die Trüffelsucherinnen und -sucher sind schweizweit vernetzt. Yvonne Annen ist Mitglied in einer Chat-Gruppe mit etwa 175 Mitgliedern, die untereinander Fachwissen austauschen. Es gilt unter Trüfflern als respektlos, mutwillig in «fremden» Territorien zu stöbern. Auch geben sie sich gern etwas bedeckt, wenn sie auf der Pirsch sind: Begegnet man jemandem, der seinem Hund auf einem Wanderweg plötzlich den Auftrag «Suech de Finke!» gibt, könnte es sich um einen Trüffelsucher handeln! Auch Yvonne Annen benützte früher so eine codierte Aufforderung, bevor Luigi begann, selbstständig Trüffel zu suchen. Heute kennt sie einige Plätze in der Umgebung von Steinerberg etwas abseits von Wanderwegen, wo Trüffel gedeihen. Die genauen Standorte bleiben ihr Geheimnis.

Kleine Trüffelkunde Trüffel sind unterirdisch wachsende Pilze. Ihre schwarzen bis weissen Knollen sind hart und haben eine höckerige Oberfläche. In der Schweiz kommen hauptsächlich drei Arten vor: Sommertrüffel, Herbst- oder Burgunder-Trüffel sowie Wintertrüffel. Ihr unverwechselbarer, strenger Moschusgeruch ist im wahrsten Sinn des Wortes Geschmacksache. Trüffel kommen als Gewürz, nicht als Pilzgericht auf den Tisch; klassisch sind Teigwaren mit reichlich Butter, garniert mit Trüffelspänen, denn Fett verstärkt das besondere Aroma. Beliebt sind auch Käse- und Fleischprodukte mit Trüffelgeschmack. Trüffel leiden beim Kochen; sie sollten erst unmittelbar vor dem Servieren zum Gericht gegeben werden. Wahre Gourmets schwören auf die weissen Alba-Trüffel, die nur im Piemont und in anderen Gegenden Norditaliens vorkommen. Sie erzielen Preise von bis zu zehntausend Franken pro Kilo.

Schlechte Bedingungen in Einsiedeln Trüffel gedeihen am besten auf kalkigen Böden in der Nähe von Mischwäldern bis auf eine Höhe von etwa 700 Meter, im Wallis auch mal bis 1000 Meter. «Zeiger » für Trüffel sind Eichen, Buchen, Haselsträucher und Stechpalmen. Das erklärt auch, weshalb die Region Einsiedeln kein Trüffel-Eldorado ist: Die sauren, moosigen, allzu feuchten Böden in unseren Ahorn- und Nadelwäldern mögen die Diven unter den Pilzen gar nicht – von der Höhe ganz zu schweigen.

Luigi findet schon mal drei-, vierhundert Gramm Trüffel pro Such-Tour, dennoch trüffelt Yvonne Annen nicht des Geldes wegen. Sie verschenkt viele ihrer Funde oder verkauft sie zum Freundschaftspreis an einen kleinen Kundenstamm in ihrem Bekanntenkreis. Die Preise für Sommertrüffel bewegen sich im Handel zwischen 600 und 850 Franken pro Kilo, Herbst- und Wintertrüffel liegen deutlich darüber.

Dem verschmusten Luigi ist Profit sowieso einerlei. Nach einer erfolgreichen Trüffeltour geniesst er seinen verdienten Schönheitsschlaf auf dem Sofa – und träumt von wohlriechenden Trüffeln …

Yvonne Annen und ihr Lagotto Romagnolo Luigi. Fotos: Gina Graber

Ein stattlicher Trüffelfund von Trüffelhund Luigi.

Luigi hat eine interessante Stelle gefunden, schnüffelt und gräbt intensiv. Auch Yvonne Annen nimmt eine Nase voll und hilft mit einem Hufkratzer beim Graben.Auf Luigis Nase ist Verlass: Er hat einen schönen Sommertrüffel gefunden, dafür gibts Leberparfait als Belohnung.

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