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Tempo, Tempo

IDA OCHSNER

Es gibt immer noch Dinge, die mein lieber Heiri auch nach drei Jahren nicht versteht. Da denke ich zum Beispiel an unseren Dialekt. Heiri stürzte sich in die Arbeit, den Einsiedler-Dialekt zu üben. Er fand auch das Wörterbuch des Kulturvereins Chärnehus von 2007.

Wir sassen zusammen und er lernte wie ein Erstklässler. Furchtbar war das, muss ich sagen. Es gab viele Wörter, die nicht einmal ich kannte! Wir einigten uns, dass ich ab jetzt nur meinen Dialekt benütze und Heiri zuhören, fragen und üben müsse. Warum wir alle «zur Post gehen», wollte er wissen? Zuerst musste ich selbst nachdenken. «Poschtä» ist einkaufen, lernte er. Das Wort existiert auch nicht im Wörterbuch des Kulturvereins, meint Heiri. Er fand es nur ähnlich in einem Post des «British Empire». Das macht auch Sinn, denn überall wartete man geduldig auf Nachrichten von der fernen Heimat.

Geduldig sind wir Schweizer auch am Telefon. Es gehört zu unserer Etikette, den ganzen Namen zu sagen. Also «Ida Ochsner» – und dann wartet man geduldig. Später hört man den ganzen Namen des Gegenübers «Vroni Kalbermatten ». Dann kommen viele Befindlichkeiten: Grüezi, hoi, wie gouts? Wie häsch g’schloufä? Was masch hüt? Und …?

Heiri liebt Bern. Es sei einfach gemütlich, sagt er. Und er verstehe den Berner Dialekt, denn der sei langsam. Ein Brite erforschte in 32 Städten die Gehzeit von 70 Passanten. Am schnellsten gehen die Leute in Singapur mit 6,2 Stundenkilometern. Die Berner schleichen mit ihren 3,5 km/h durchs Leben und landen am Ende der Skala zusammen mit Malawi irgendwo in Afrika … * Ida Ochsner (62) ist verlobt mit Heiri Strohmayer (65) aus der Steiermark. Er lernt den Schweizer Dialekt am liebsten am Stammtisch. Ida ist mit einigen Wörtern, die Heiri dort gelernt hat, absolut nicht einverstanden!

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