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Schöne digitale Welt

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SEITENBLICK: POLITISCHE DINGE

ROLAND LUTZ

Das Digitale vereinfacht den Alltag und verspricht Vorteile, birgt aber auch eine Vielzahl von Gefahren. Gefahren, welche auch bei politischen und persönlichen Entscheidungen berücksichtigt werden müssen.

Bargeld abschaffen?

Verschiedentlich hörte man in den letzten Jahren die Forderung nach Abschaffung des Bargelds. Manche Länder wie China oder Dänemark haben dieses Fernziel bereits in Angriff genommen: So können sich dänische Läden weigern, Bargeld anzunehmen. Es gibt durchaus Gründe, komplett auf digitalen Zahlungsverkehr umzusteigen: schnellere und komfortablere Zahlungen oder die Eindämmung von Kriminalität und Schwarzarbeit zum Beispiel.

Andererseits dient man damit der Cyberkrimininalität zu. Denn Kriminelle haben sich schon immer technologisch angepasst. Wer kennt nicht «Spammails» oder «Phishing»! Der Betrüger muss nicht einmal mehr physisch vor Ort sein – es reichen ein Computer, technisches Know-how, kriminelle Energie, psychologisches Gespür und fertig ist der Homeoffice-Kriminelle.

Big brother Versuchte man Cyberkrimininalität zu verhindern – realistisch wohl eher einzudämmen –, dann müssten alle Volkswirtschaften auf einen Schlag komplett auf digitalen Zahlungsverkehr wechseln. Minuszinsen könnte man so nicht mehr entrinnen, es sei denn, man hortet flüssige Mittel in schnell konvertierbaren Werten wie Gold. Für den Fiskus, den Staat und die Notenbanken (ohne Noten) wäre es zudem wesentlich leichter, das Verhalten des Einzelnen zu steuern. Alles dies läuft auf Orwells «Big brother » hinaus. Denn wenn man jede noch so kleine Transaktion elektronisch auswerten kann, dann lässt sich viel daraus lesen: Bewegungsprofile, Verwendungszweck oder Konsumverhalten beispielsweise. Erinnern Sie sich nächstes Mal, wenn Sie im Laden die Kundenkarte zücken, wenn sie im Internet surfen oder wenn Sie einer Kamera begegnen.

Fälschungssicher abstimmen

Was mich zum nächsten Stichwort führt: Elektronische Abstimmungen und Wahlen. Die Vorteile sind offensichtlich; die Nachteile aber auch. Die gravierendsten sind die Gefahr von Manipulation oder der gläserne Wähler. Vorteilsseitig könnte man anführen, dass sich Resultate in Sekunden berechnen und auswerten lassen.

Es gibt Ansätze, wie man Daten so schützen kann, sodass Manipulation und Verfälschung auf ein Minimum reduziert werden könnten. Es sind die sogenannten «Blockchains». Vereinfacht gesagt werden Vorgänge wie eine Abstimmungsantwort oder eine Zahlung an mehreren Orten derart gespeichert, dass eine Manipulation nicht gleichzeitig an allen Orten erfolgen kann, was Verfälschungen erkennen liesse. Damit verbunden ist auch eine lückenlose Dokumentation der Vorgänge. Doch Blockchains haben (noch) einen grossen Nachteil: Den enormen Stromverbrauch für die permanent laufenden Vorgänge des Systems.

Lückenhafte Information Zu den sozialen Medien: Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass sie in den Facebooks und Co. je länger sie sich dort tummeln, desto häufiger nur noch selektive Informationen vorgesetzt bekommen? Man nennt das eine Bubble. Man bekommt nur noch präsentiert, was einen anspricht. Tönt auf den ersten Blick sinnvoll, ist es aber keineswegs. Denn man sieht so gar keine kritischen Gegenargumente mehr oder bekommt andere Vorgänge gar nicht mehr mit. Das wäre alles nicht so schlimm, wenn jeder auch noch fundiert recherchierte Medien konsumieren würde. Leider tun das viele nicht mehr in genügendem Masse. Ein ideales Tummelfeld also für Rattenfänger, Manipulationen und Desinformation.

«Ein ideales Tummelfeld also für Rattenfänger, Manipulationen und Desinformation.»

Roland Lutz. Eidg, dipl. Wirtschaftsinformatiker und IT-Unternehmer. Politisch engagiert als Einsiedler SVP-Kantonsrat und Erziehungsrat. Hinterfragt immer wieder gerne politische Entwicklungen.

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