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«Wir sind ja unbewaffnet»

«Wir sind ja unbewaffnet» «Wir sind ja unbewaffnet»

Gefängnishund Max beschützt nicht nur sein Herrchen Walter Grätzer bei der Arbeit

Seit 18 Jahren arbeitet Walter Grätzer in der Justizvollzugsanstalt Bostadel. Er ist Hundeführer- Aufseher und passt mit seinem Schäferhund Max auf, dass keine Häftlinge ausbrechen. Der 50-jährige Einsiedler fühlt sich mit Max vor allem sehr sicher bei der Arbeit.

WOLFGANG HOLZ

118 Häftlinge, vom Kleinkriminellen bis zum Mörder, sind derzeit in der Justizvollzugsanstalt Bostadel inhaftiert. Sie werden von 85 Mitarbeitern betreut, versorgt und bewacht. 24 davon gehören dem Sicherheitsdienst an, von denen wiederum insgesamt acht mit ihren Hunden im Turnus im und ums Gefängnis patrouillieren und die Gebäuderäume «abrunden» – und natürlich eventuelle Ausbrecher aufspüren. Der Einsiedler Walter Grätzer mit seinem Max ist einer von ihnen.

Vor allem zum Eigenschutz

«Dass jemand ausbricht, kommt allerdings sehr selten vor. Täglich checken die Gefängnishunde auch, ob Handys oder Drogen in den Zellen versteckt sind. Wir haben im Gefängnis die Hunde insbesondere zum Eigenschutz», erklärt der 50-Jährige. Gerade bei Nachtschichten, wenn er als Strafvollzugsangestellter seine Kontrollrunden dreht, sei er froh, seinen Max bei sich zu haben.

Auch wenn die Insassen der Justizvollzugsanstalt Bostadel, die, von aussen betrachtet, ja so lauschig im Grünen zwischen Menzingen und Hütten liegt, täglich Hofgang haben, und der Einsiedler mit seinen Kollegen das Gefängnisgebäude und die Aussenbereiche absichert, ist Max immer an seiner Seite. «Wir sind ja unbewaffnet – früher waren wir noch mit Pfefferspray ausgerüstet –, deshalb beruhigt die Anwesenheit eines Hundes ungemein », erklärt der Vater von drei Kindern.

Hund macht Eindruck Wobei der Hund nicht nur die Strafvollzugsangestellten beruhigt und beschützt. «Auf viele Häftlinge macht die Gegenwart des Hundes auch einen grossen Eindruck, und sie verhalten sich viel ruhiger», versichert Grätzer. «Gerade Insassen, die aus osteuropäischen Ländern stammen, zeigen oft grossen Respekt vor Hunden – vielleicht, weil es dort viele unberechenbare und bissige Streunerhunde gibt.» Ursprünglich hat Walter Grätzer Feinmechaniker gelernt und einige Jahre in einer Fabrik gearbeitet. Doch seit 18 Jahren arbeitet er nun als Strafvollzugsangestellter in der Justizvollzugsanstalt Bostadel. Er hat seinen Job gern.

«Am Anfang war es zwar etwas gewöhnungsbedürftig, zum Arbeiten ins Gefängnis zu fahren und dort Leute einzusperren », räumt er ein. Aber sein Beruf sei sehr abwechslungsreich, jeder Tag verlaufe anders. «Die Zeit vergeht viel schneller. Und wenn ich Dienstschluss habe, lasse ich das Gefängnis gedanklich sofort hinter mir.» Wenn er gerade keinen Hundedienst hat, erledigt er die normalen Wachund Schliessaufgaben im Vollzug.

Ausbrecher seilten sich an Haken ab «Rund um die Uhr ist auf diese Weise im Dreischichtenbetrieb jeweils ein Hund im Dienst», schildert Grätzer. Seit 2015 ist der belgische Schäferhund Max – «ein Malois» – sein treuer Begleiter und Diensthund. Mit Max hat er bislang noch nichts Dramatisches erlebt. «Mit meinem früheren Hund wurde ich dagegen einmal alarmiert, als drei Häftlinge sich an einem Kabel per Haken draussen abseilten, nachdem sie zuvor Gitterstäbe an einer Tür durchgesägt hatten», erzählt er. Ein Häftling habe die Flucht geschafft – sei aber später am Flughafen festgenommen worden. Der andere sei kurz nach dem Ausbruch in Hütten gestellt worden. «Und beim Dritten hing das Kabel schon so durch, dass er im Stacheldraht landete.» Vom Zwinger- zum Familienhund Wenn Max und die anderen Gefängnishunde einen Ausbrecher aufspüren, beissen sie nicht zu, sondern sollen durch «ziviles Verbellen» dafür sorgen, dass der Flüchtige wieder gestellt und verhaftet werden kann. «Wenn ein Hund natürlich angegriffen wird, kann es sein, dass er zupackt und beisst.» Früher sei es in der 44 Jahre alten Justizvollzugsanstalt Bostadel üblich gewesen, alle Gefängnishunde in einem Zwinger zu halten – wo der diensthabende Hundeaufseher seinen vierbeinigen «Arbeitskollegen » abgeholt habe. Davon sei man aber abgekommen. «Nun hat jeder Hundeaufseher einen Hund, dessen Anschaffung und Unterhalt ihm vom Gefängnis bezahlt wird. Und in der Freizeit ist Max ein ganz normaler Familienhund », sagt Grätzer, der als Kind im elterlichen Zuhause mit einem Dobermann und einem Mischling aufwuchs. Aufgefallen ist ihm schon, dass Max, wenn er ihn bei der Arbeit begleitet, sich viel aufmerksamer und wachsamer verhält als in seinem Daheim.

Die Sache mit der Nachtschicht «Zu Hause ist er sehr verspielt und schläft gerne, er ist ein volles Familienmitglied.» Eines schlaucht den belgischen Schäferhund genauso wie sein Herrchen – wenn er die ganze Nacht über im Gefängnis wachsam sein muss. «Nach der Nachtschicht ist Max immer völlig erschöpft – und schläft dann zu Hause meist den ganzen nächsten Tag», sagt Grätzer und lacht.

«Nach der Nachtschicht ist Max immer völlig erschöpft.»

Walter Grätzer, Strafvollzugsangestellter

Max vor der Bostadel-Justizvollzugsanstalt.

Walter Grätzer mit seinem belgischen Malois-Schäferhund. Fotos: zvg

Der Arbeitsort von Walter Grätzer und Max: die Justizvollzugsanstalt Bostadel.

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