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Warum Sparen nicht unbedingt günstiger ist

Warum Sparen nicht unbedingt günstiger ist Warum Sparen nicht unbedingt günstiger ist

SEITENBLICK: MILITÄR UND MILIZ

FRITZ KÄLIN

Im nächsten Jahr steht uns vermutlich die dritte Kampfflugzeugabstimmung innert zehn Jahren bevor, und viele Diskussionen werden sich wieder um die Kosten drehen. Vielleicht hilft der Leserschaft meine folgende Exkursion in «Militärökonomie», sich nicht nur zu dieser Beschaffung eine Meinung zu bilden.

Der Spareffekt verpufft

«Sparen beim Militär» heisst oft, dass ein neues System in möglichst geringer Stückzahl beschafft wird. Das erhöht schon mal den Preis pro Einzelsystem, weil der Hersteller ja auch was verdienen muss. Werden beispielsweise weniger Kampffahrzeuge gekauft, als für eine vollständige Ausrüstung aller Formationen nötig wären, müssen die einzelnen Exemplare häufiger in der Ausbildung verwendet werden. Dadurch verschleissen sie schneller. Das heisst, die Armee verfügt im vornherein über zu wenige Panzer, sie sind generell in einem schlechteren Zustand und haben mehr Reparaturkosten. Was durch die zu tiefe Stückzahl «gespart» wurde, wird über die Jahrzehnte durch höhere Betriebskosten verbraten. Das Geizen bei den Stückzahlen war ein Grund, weshalb die 2003 eingeführte «Armee XXI» bei den Betriebskosten nicht wirklich billiger war als die in jeder Hinsicht doppelt so starke «Armee 95». Weil das Armeebudget wiederholt gekürzt wurde, blieb noch weniger Geld für die Investition in modernes Gerät. Also blieb die Armee länger auf altem Material sitzen, dessen Betriebskosten wiederum überproportional hoch waren.Am Ende fehlte es in den Wiederholungskursen sogar an Geld für Sprit, Munition und neue Reifen, worunter die Ausbildung, Motivation und sogar die Sicherheit der Armeeangehörigen litt.

400 Millionen «nachschiessen»

Ein konkretes Beispiel: Vom Schützenpanzer 2000 beschaffte die Schweiz Ende der 1990er-Jahre 186 Stück. Die zweite Tranche von 124 Stück fiel dann dem politischen Spareifer zum Opfer. Dumm nur, dass der Grossteil der Ersatzteile in der zweiten Tranche enthalten gewesen wäre. Das Resultat: Wir hätten für die Verteidigung zu wenig von diesen dafür unverzichtbaren Schützenpanzern. Und sie werden dermassen übernutzt, dass sie schon Ende der 2030er-Jahre hätten ersetzt werden müssen – also noch vor den Leopard-Panzern, von denen wir Ende der 1980er-Jahre genug beschafft haben. Damit der Schützenpanzer trotzdem so lange wie die Leo-Panzer, also bis Ende der 2030er-Jahre im Einsatz bleiben kann, müssen gerade über 400 Millionen Franken in die Werterhaltung und Ersatzteilbeschaffung investiert werden. Das entspricht etwa der Hälfte des Betrages, den wir damals mit Verzicht auf die zweite Tranche «gespart » haben. Wir sehen, eine Armee kostet so oder so viel. Aber eine glaubwürdige Armee muss insgesamt gar nicht viel mehr kosten als eine, die ihr Geld nicht wirklich wert ist.

Das häufigste Modell Bewerten wir nun aus Optik der Steuerzahlenden den Entscheid des Bundesrats, 36 Kampfflugzeuge vom Typ F-35A zu beschaffen. Der F-35 ist heute das modernste und auf Jahrzehnte hinaus häufigste Modell im Inventar der westlichen Luftstreitkräfte. Der F-35 dürfte also locker mindestens zehn Jahre länger einsetzbar sein als die drei evaluierten Konkurrenzmodelle. Die 5,1 Milliarden für die Beschaffung werden sich eher 40 als nur 30 Jahre lang auszahlen. Und weil es ein weltweit häufig verwendetes Flugzeug ist, helfen die Mengeneffekten auch bei uns, die Betriebskosten tiefer zu halten. Die Kampfjetbeschaffung trägt somit militärökonomisch dazu bei, dass die Armee als Ganzes ihr Geld wert ist.

«Die 5,1 Milliarden für die Beschaffung werden sich eher 40 als nur 30 Jahre lang auszahlen.»

Dr. phil. I Fritz Kälin, geboren 1986 in Einsiedeln, Matura an der Stiftsschule Einsiedeln 2005. Anschliessend Lizentiat/ Doktorat an der Universität Zürich 2012/2016. Kälin ist Experte für Sicherheitspolitik und Militärgeschichte und im militärischen Rang als Fachoffizier (Hauptmann) tätig.

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