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Wie sich ein Hochmoor wandelt

Wie sich ein Hochmoor wandelt Wie sich ein Hochmoor wandelt

Im Hochmoor Schwantenau ist jüngst ein Projekt abgeschlossen worden, in dem eine Wiedervernässung der Landschaft im Fokus steht

Augenschein vor Ort im Hochmoor Schwantenau: Urs Arnold, Betriebsförster der Genossame Dorf-Binzen, schildert die Veränderungen der Fauna und Flora, die das Moor dank einer Renaturierung erfahren hat.

MAGNUS LEIBUNDGUT

Wer sich auf den Weg in das wundersame Hochmoor Schwantenau macht, glaubt unvermittelt in Skandinavien gelandet zu sein: Ein Spaziergang durch das viertgrösste Hochmoor der Schweiz bringt den Wanderer im Nu nach Schweden. Bezeichnenderweise wird die Landschaft durch einen ausgesprochen typisch nordischen Charakter geprägt. Vor der Stauung des Sihlsees war das Hochtal der Sihl ein Gebiet mit zahlreichen Flach- und Hochmoorbereichen. Von den vielen Moorflächen sind heute nur noch zwei übrig geblieben: Grosse zusammenhängende Gebiete stellen nur noch das Breitried und die Schwantenau dar. Es gibt aber zahlreiche weitere Moorflächen rund um den Sihlsee.

Es gibt keine Zuflüsse

Das viertgrösste Hochmoor der Schweiz liegt am Nordende des Sihlsees auf 900 Meter über Meer. Es hat eine Fläche von 384 Hektaren und besteht aus den beiden Moorgebieten Schwantenau und Roblosen. Es ist eines von sechs Moorlandschaften von nationaler Bedeutung im Kanton Schwyz.

Es gibt keine Zuflüsse in das Hochmoor Schwantenau: Dieses wird nur von Regenwasser gespeist. Um das Wasser abzuleiten, haben die Torfstecher früher Gräben gebaut. Damit nahm die Austrocknung des Hochmoors überhand. Es war an der Zeit, Gegensteuer zu geben: Dank eines Projekts konnte eine Wiedervernässung und Renaturierung des Moors in die Wege geleitet werden. Verantwortlich für das Projekt war das Schwyzer Amt für Wald und Natur. Das Projekt startete im Herbst, wurde im Frühling abgeschlossen und hat rund 100'000 Franken gekostet (Baukosten ohne Planung und Bauleitung). Ein weiteres Wiedervernässungsprojekt im Moorgebiet soll im Herbst in Angriff genommen werden. Wie das Wasser reguliert wird

Die Genossame Dorf-Binzen, die Grundeigentümerin des Landes, war federführend bei der Ausübung der Arbeiten. Urs Arnold, Betriebsförster der Genossame, erklärt das Prinzip der Wiedervernässung: Mit Holzbrettern und Erdreich habe man Dämme gebaut, die ehemaligen Gräben aufgefüllt und Regulierungswehre geschaffen, dank denen je nach Bedarf das Wasser auf verschiedenen Ebenen abgelassen werden kann beziehungsweise das Wasser für einen Rückstau sorgt. Man habe mit Bagger und schwerem Gerät gearbeitet, schildert Arnold: «Ein schwieriges Unterfangen. Wir mussten aufpassen, dass uns die Maschinen nicht im Moor eingesunken sind.» Die Renaturierung des Hochmoors zeigt bereits Wirkung: Amphibien, Insekten und Vogelarten profitieren von der Wiedervernässung. Im Gebiet können gefährdete Vogelarten wie Wachteln und Wiesenpieper beobachtet werden. Die Schmetterlinge machen die Tagfalterfauna der Schwantenau sogar international bedeutend. Brutvögel in der Schwantenau

Während des Frühlings bis in den Frühsommer sind folgende Brutvögel im Naturschutzgebiet anzutreffen: Der Kiebitz und der Grosse Brachvogel, Kuckuck, Feldlerche, Baumpieper, Braunkelchen, Sumpfrohrsänger und Rohrammer.

Das Hochmoor Schwantenau ist extrem nährstoffarm und weist saure Böden auf. Die Pflanzen dieses Lebensraums sind an die speziellen Standortfaktoren sehr gut angepasst. Durch die Bildung von Torfmoos wächst das Hochmoor langsam stetig an. Sterben die Moose ab, so werden sie durch den ganzjährig hohen Wasserstand im Moor und den damit verbundenen Sauerstoffmangel nicht vollständig zersetzt. Die in Schichten abgelagerten Pflanzenreste bilden die Torfschicht der Moore.

Moor ist ein Klimaschützer

«Das Moor wächst auf diese Art und Weise einen Millimeter pro Jahr in die Höhe», konstatiert der Betriebsförster: «Das macht dann in 5000 Jahren fünf Meter aus.» Naturgemäss sei ein Hochmoor ein überaus wichtiger und wertvoller CO2-Speicher, führt Arnold aus.

Dementsprechend kommt der Flora in der Schwantenau ein grosser Stellenwert zu. Heerscharen von Schülern und Asylbewerbern haben bereits das Hochmoor durchkämmt. Bei den Arbeitseinsätzen geht es darum, Neophyten mit der Wurzel auszureissen und diesen invasiven eingewanderten Pflanzenarten den Garaus zu machen.

Urs Arnold zählt zwei Arten auf, die ihm Sorgen bereiten, weil sie das Gedeihen des Hochmoors gefährden: Der Faulbaum und die Armenische Brombeere. Letztere habe zwar schmackhafte Beeren, aber auch grosse Stacheln. Wesentlich sei, dass sie dem Moor das Wasser abgrabe – und das gehe natürlich gar nicht.

Die Brombeeren wirken sich vor allem dadurch negativ aus, dass sie ganze Bereiche überwuchern können und so andere Pflanzen verdrängen. Bezüglich Wasserhaushalt stellen Baumarten wie der Faulbaum das grössere Problem dar. Ein weiteres Problem stellt die Mobilisierung von Nährstoffen in tieferen Schichten dar. Die Zitterpappel bildet beispielsweise tiefe Pfahlwurzeln. Über den Laubfall gelangen die Nährstoffe ins Moor.

Pittoreskes Ambiente par excellence: Wer in die Bilderbuchlandschaft des Hochmoors Schwantenau eintaucht, glaubt in eine verzauberte Welt einzutreten. Fotos: Magnus Leibundgut

Im Kreislauf der Natur: Das Holz, das für die Dämme in der Schwantenau verbaut wird, stammt aus Bäumen in den Wäldern der Genossame Dorf-Binzen und wurde von Steinauer Holz AG in Gross verarbeitet.

Im Hochmoor Schwantenau wurde bis in die 60er-Jahre Torf gestochen. Die Turpnä-Hüttli zeugen noch heute von diesem einst blühenden Wirtschaftszweig. Im Herbst wurden mit der gemähten Streu Tristen gebaut.

Urs Arnold, Betriebsförster der Genossame Dorf-Binzen, erklärt, wie das Torfmoos in den Teichen des Hochmoors Schwantenau schwimmende Insel bildet.

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