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«Die Vibration der tiefen Töne wirkt beruhigend»

«Die Vibration der tiefen  Töne wirkt beruhigend» «Die Vibration der tiefen  Töne wirkt beruhigend»

Das Schweizer Jugend-Sinfonie-Orchester (SJSO) probt derzeit im Hotel Allegro. Joël Küchler aus Einsiedeln ist einer der Musiker. Er spielt ein spezielles Instrument.

WOLFGANG HOLZ

Herr Küchler, es gibt da ein Lied von den drei Chinesen mit dem Kontrabass. Haben Sie das auch schon mal gesungen? Ja, aber ist schon lange her, als ich noch ein Kind war und angefangen habe, auf dem Kontrabass zu spielen. Das Lied wurde in unserer Familie übrigens umgedichtet auf die drei Küchlers mit dem Kontrabass, weil auch mein Cousin und mein Bruder dieses Instrument spielten. Das ist lustig. Wenn man Kontrabass spielt, ist man stets sehr exponiert. Geniessen Sie das? Auf der Strasse wird man schon recht häufig darauf angesprochen. Wenn man Kontrabass spielt, trägt man auf jeden Fall viel Verantwortung im Orchester. Denn ohne Kontrabass würde eine Sinfonie beispielsweise gleich deutlich flacher klingen. Wie viel wiegt und kostet so ein Rieseninstrument eigentlich? Der Kontrabass ist gar nicht so schwer. Ich habe ihn vor langer Zeit mal gewogen: Er ist zwischen 5 und 10 Kilo, mit Hülle wohl so knapp 20 Kilo schwer. Für einen Kontrabass kann man von 800 Franken bis zu mehreren Millionen alles bezahlen. Warum haben Sie sich für den Kontrabass entschieden? Das kommt vor allem durch mein Umfeld: Mein Vater hat schon Kontrabass gespielt und mich inspiriert. Zuerst habe ich mit Cello begonnen. Ausserdem ist es ein Instrument, das nicht jeder spielt, und die Vibration der tiefen Töne wirkt sehr beruhigend. Wie schwer ist es, einen Kontrabass virtuos zu spielen? Brutal schwer. Zum einen, weil das Saitengriffbrett fast einen Meter lang ist. Zum anderen, weil die Töne, die erzeugt werden, durch die tiefen Frequenzen verzögert sind, weil die Saiten mehr Zeit zum Schwingen benötigen. Es braucht deshalb Mut und Risiko beim Spielen. Sie sind im SJSO. Wie kommts?

Ich bin jetzt sechs Jahre Mitglied im SJSO. Mein Kontrabasslehrer war schon dabei und hat mich entsprechend motiviert. Als ich damals vorgespielt habe, wurden alle Kandidaten aufgenommen. Ich musste also nicht besser sein als andere. Es ist machbar mitzuspielen. Vor allem viele Musikstudenten sind im Orchester.

Bis zum Sonntag proben Sie mit in Einsiedeln. Ist es schön, mal so ganz in der Heimat zu sein? Ich schätze es schon, mal wieder hier zu sein. Man vergisst ab und zu die Vorteile Einsiedelns: Einsiedeln ist ein guter Mix zwischen Stadt und Land. Ich habe hier Musik- und Schulfreunde. Sie proben ja jetzt für eine spezielle Sommertournee. Wann beginnt die Konzertreihe, und wo werden Sie auftreten? Es handelt sich um fünf Konzerte, nur eines ist öffentlich. Das erste werden wir am Sonntag in Zürich in St. Peter aufführen. Am 11. August treten wir dann beim Lucerne Festival auf. Wir spielen die erste Symphonie von Beethoven, das Mozart- Klavierkonzert Nr. 21 sowie die Schauspieldirektor-Ouvertüre von Mozart. Was bedeutet klassische Musik für Sie als junger Mensch? Mich fasziniert an klassischer Musik vor allem, dass man sie x-mal anhören kann und immer wieder etwas Neues entdeckt, was einem zusagt. Sie ist komplex und gleichzeitig leicht eingängig. Mein Lieblingskomponist ist Dvorák.

Hören Sie auch mal Pop- und Rockmusik zwischendurch?

Sehr, sehr selten. Wenn dann

am liebsten Party-Musik der 80er-Jahre wie etwa YMCA.

Welches war Ihr eindrücklichstes Konzert bislang?

Mit dem SJSO haben wir in Zürich in der Tonhalle einmal die 11. Sinfonie von Schostakowitsch aufgeführt. Diese Musik geht einem wirklich unter die Haut, weil man förmlich spüren kann, wie eine Revolution niedergemetzelt wird. Spielen Sie hin und wieder auch gerne solo? Ich bin lieber Orchestermusiker im Hintergrund. Solo zu spielen bringt einen allerdings technisch weiter.

Foto: Wolfgang Holz

Joël Küchler

Jahrgang: 1998 Wohnort: Einsiedeln/Zürich Beruf: ETH-Student: Elektroingenieur

Hobbys: Musik, Kontrabass

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