Wie der Phönix aus der Asche
Vom Flächenbrand am Willerzeller Seeufer ist nichts mehr zu sehen
Vor drei Monaten, am 27. April, geriet am Willerzeller Seeufer aus unbekannten Gründen das Schilf in Brand. In kürzester Zeit hat sich das Schilf vollkommen regeneriert.
LUKAS SCHUMACHER
«Hier wächst kein Gras mehr», dachte man sich, als man nach dem beeindruckenden Flächenbrand am Willerzeller Sihlseeufer das riesige Brandmal betrachtete (siehe Bild). Angesprochen auf den Brand wussten schon damals einige Willerzeller, dass das Schilf rasch und prächtiger als zuvor wieder wachsen würde – und sie behielten recht. Jetzt, drei Monate nach dem Brand, gedeiht die Fläche mit dichtem, grünem Schilf, als ob nie etwas gewesen wäre – erstaunlich.
Vernetzung unter der Erde Heidi Schuler von Pro Natura Schwyz weiss, wie das Schilf den Brand überlebt hat: «Dass das Schilf nach drei Monaten wieder so schön grün nachgewachsen ist, mag auf den ersten Moment unglaublich erscheinen. Schilf ist ein Rhizom-Geophyt. Geophyt ist die Bezeichnung für eine Wuchsform von Pflanzen, bei der die Überdauerungsorgane (Erneuerungsknospen) verborgen liegen. Beim Geophyt überdauern diese Organe unter der Erde. Beim Rhizom-Geophyt ist die Form des Überdauerungsorgans ein Rhizom, das mit Sprossachsensystem zu übersetzen ist. Das heisst also, dass das Schilf in unterirdisch angelegten Sprossen wächst und aus den jeweiligen Achsen entstehen dann die Stengel, die an die Oberfläche kommen, die wir beobachten können.
Oberflächlich kann das Schilf also abbrennen, aber das Feuer und die Hitze haben die unterirdisch (im Seeboden) wachsenden Rhizome nicht beschädigt. Seit Ende April hatte das Schilf Zeit, aus den einzelnen Sprossachsen neue Triebe wachsen zu lassen, die aus dem Wasser kommen, sodass wir sie sehen können.
Die vegetative Vermehrung erfolgt hauptsächlich durch bis zu 20 Meter lange Ausläufer. Die Rhizome können täglich um bis zu 3 Zentimeter nachwachsen. Bei diesem Feuer Ende April kann es eigentlich auch möglich sein, dass das Rhizom doch zu Schaden kam, weil kein Wasser vorhanden war. Rechts und links von der Brandfläche blieb das Schilf jedoch unverletzt. Von dort aus konnte die Fläche schnell wieder mit Schilf besiedelt werden.
Keine Naturkatastrophe
Der Flächenbrand in Willerzell zeugt nicht von einer Naturkatastrophe – ganz im Gegenteil. Aus ornithologischer Sicht wird eine Entbuschung und Verjüngung der Schilfflächen für einen langfristigen Erhalt des Schilfbestandes und somit der Erhalt von Nistgebieten der schilfbrütenden Vogelarten (unter anderem Wiesenbrüter) begrüsst. In Deutschland wird Schilf stellenweise sogar kontrolliert in regelmässigen Abständen abgebrannt, sodass mehrere Stadien des Schilfes entstehen. So möchte man die Artenvielfalt fördern.
Die Ursache des Brandes konnte bis jetzt nicht geklärt werden.
Der Tag nach dem Feuer Ende April: alles verbrannt – alles tot – oder doch nicht? Das Schilf hat es trotz dieses riesigen Feuers geschafft, wieder nachzuwachsen.
Fotos: Lukas Schumacher
Nach dem Brand konnte man sich kaum vorstellen, dass hier nochmals etwas wächst.
Als wäre nichts gewesen. Schaut man genau hin, dann erkennt man die Umrisse des Feuers auch jetzt noch. Das Schilf ist perfekt nachgewachsen.