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«Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern» – Gedanken zum 1. August

«Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern» –   Gedanken zum 1. August «Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern» –   Gedanken zum 1. August

Liebe Schwyzerinnen und Schwyzer – Dies haben unsere Vorfahren zusammen mit den Urnern und Unterwaldnern auf dem Rütli geschworen. Ist das sicher? Und wann genau war das? Es gab ja damals noch keine Selfies, die in den Sozialen Medien geteilt wurden, um allen zu zeigen, wo man gerade ist und was man gerade Wichtiges tut.

Im Jahr 1880 hat der Bundesrat beschlossen, die Gründung der Eidgenossenschaft mit einem grossen nationalen Jubiläum zu feiern. Unklar war, wann die Feier stattfinden, respektive auf wann der Beginn der Eidgenossenschaft datiert werden soll. Lange galt der 8. November 1307 als Gründungsdatum. Dann wurde im Jahr 1724 im Archiv in Schwyz ein Dokument entdeckt, das auf Anfang August 1291 datiert war. Dem Bundesrat standen also zwei Daten zur Verfügung: der 8. November 1307 und der 1. August 1291. Er hat sich für das Jahr 1291 entschieden, weil es dafür ein schriftliches Dokument gab, das offiziell als Gründungsurkunde ernannt werden konnte.

Dieser Beschluss des Bundesrates wurde von der Presse kritisiert. Die Züricher Post erklärte sich einigermassen «überrascht und befremdet». Im Gemüte des Schweizervolkes sei dieses Datum nicht verankert: «Es ist keine Alpenrose in den Bergen gewachsen, sondern ein Zimmergewächs der Beamtenstube. » Die 600-Jahr-Feier der Eidgenossenschaft wurde dann aber ein durchschlagender Erfolg: Mit diesen Feierlichkeiten konnte das erhoffte Gemeinschaftsgefühl geweckt werden. Seit daher ist der Bundesbrief von 1291 unzertrennbar mit der neuen nationalen Identität verbunden, und der Rütlischwur und der Bundesbrief sind zu einer Einheit verschmolzen.

Die Entscheidung über das Datum der Gründung der Eidgenossenschaft hat polarisiert. Es gab kein Richtig oder Falsch. Aber es brauchte einen Entscheid, der im Rückblick auch getragen, ja sogar gefeiert wird. Es ist gelungen, die Diskussionen rund um das Gründungsjahr zu überwinden und ein Gemeinschaftsgefühl zu wecken: «Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern, in keiner Not uns trennen und Gefahr.» Rufen wir uns dieses Versprechen in Erinnerung. Gerade auch in der heutigen Zeit ist es wichtig, zusammenzustehen. Lasst uns das Gemeinschaftsgefühl leben und der Polarisierung entgegentreten. Wir brauchen den Zusammenhalt. Drohungen und Anfeindungen dürfen wir nicht tolerieren. Suchen wir stattdessen nach gemeinsamen Lösungen und stellen die Gesellschaft ins Zentrum. Halten wir unsere schweizerischen Werte wie Respekt, Wertschätzung und Anstand hoch: Feiern wir den 1. August gemeinsam.

Ich wünsche Ihnen, liebe Schwyzerinnen und Schwyzer, einen gemütlichen 1. August und erlaube mir, im 50-Jahr-Jubiläum des Frauenstimmrechts den Schwur noch zu ergänzen: «Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern und Schwestern.» Petra Steimen-Rickenbacher, Landammann des Kantons Schwyz

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