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Freitodbegleitungen mit Exit nehmen im Kanton Schwyz zu

Im Jahr 2020 entschieden sich 21 Personen im Kanton Schwyz, mit der Sterbehilfeorganisation aus dem Leben zu scheiden.

JASMIN REICHLIN

Lange Zeit wurden die Exit-Freitodbegleiter vor allem von Menschen im urbanen Raum gerufen. «Doch der Anteil von Begleitungen in ländlichen Gebieten hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen», sagt Jürg Wiler, Vizepräsident/Kommunikation der Sterbehilfeorganisation Exit. Dies belegen auch neue Zahlen der Schwyzer Behörden. Rund die Hälfte aller Suizide geschehen unter Beizug einer Sterbehilfeorganisation. Im vergangenen Jahr waren dies beispielsweise 22 von 45 Suiziden.

Die Tendenz ist steigend: «Aus der Statistik ist ersichtlich, dass seit dem Jahr 2010 die Anzahl an Suiziden unter Beizug einer Sterbehilfeorganisation laufend zugenommen hat», heisst es auch in einer Regierungsantwort zu einer kürzlich publizierten Interpellation zum Thema Suizidrate im Kanton Schwyz. Eine Ausnahme stellte einzig das Jahr 2019 dar, wo neun Fälle registriert wurden.

Das gleiche Bild zeigen auch die Zahlen der Freitodbegleitungen der Sterbehilfeorganisation Exit von 2010 (drei Fälle) bis 2020 (21 Fälle) im Kanton Schwyz. In den allermeisten Fällen ist die Sterbehilfeorganisation Exit involviert.

Das Thema ist auf dem Land kein Tabu mehr

Zwar führt Exit nach wie vor in den städtischen Gebieten am meisten Freitodbegleitungen durch. Warum aber auch immer mehr Menschen auf dem Land sich für eine Suizidhilfe entscheiden, dazu gibt es noch keine Studien. Es scheint, als würde sich in ländlicheren Gebieten – wie im Kanton Schwyz – das Thema Sterbehilfe allmählich enttabuisieren. Dies beobachtet auch Jürg Wiler von Exit: «Unsere Organisation hat während des bald 40-jährigen Bestehens dazu beigetragen, dass die Tabuthemen Sterben und Tod in der Bevölkerung vermehrt thematisiert und diskutiert werden. Unsere Erfahrung ist, dass der Aspekt des Glaubens auch auf dem Land an Bedeutung verliert.» Die Menschen nähmen die Moral der Kirchen zwar zur Kenntnis, hörten vermehrt aber auch auf ihre eigenen Bedürfnisse, ergänzt Wiler.

Im Kanton Schwyz gibt es keine Exit-Begleiter vor Ort: Sie kommen aus den umliegenden Regionen. Künftig will sich Exit in Grossregionen organisieren: Eine davon wird die Innerschweiz sein, wo sich die Begleitpersonen untereinander austauschen werden. Zudem werden die regional tätigen Begleitpersonen in Zukunft bei komplexen Diagnosen wie bei Demenz oder Mehrfacherkrankungen durch ein Team von ebenfalls regional aktiven Beratungsfachpersonen unterstützt werden. Die meisten Menschen leiden an unheilbarem Krebs Die Gründe, warum sich Menschen in der Schweiz für eine Suizidhilfe entscheiden, sind laut Exit vielseitig. Im vergangenen Jahr litten 36 Prozent (333 Begleitungen schweizweit) an unheilbarem Krebs. Aufgrund von Mehrfacherkrankungen wählten 25 Prozent (227 Personen) die Freitodbegleitung, gefolgt von Menschen mit chronischen Schmerzerkrankungen (9 Prozent, 85 Begleitungen). Das Wort Sterbehilfe beinhaltet mehrere Formen und gesetzliche Regelungen. Im Text ist die Rede von Suizidhilfe beziehungsweise Freitodbegleitung. Hierbei vermittelt ein Arzt oder eine Drittperson dem Patienten das tödliche Mittel.

Die verschiedenen Formen der Sterbehilfe

Die Infusion laufen lassen oder den tödlichen Cocktail trinken muss der Patient jedoch ohne Fremdeinwirkung. Die Sterbehilfeorganisation Exit leistet im Rahmen des Gesetzes Suizidhilfe, dies ist nicht strafbar, solange ihr keine selbstsüchtigen Motive vorgeworfen werden können.

Wird das Mittel dem Patienten jedoch vom Arzt oder von der Begleitperson direkt verabreicht, handelt es sich um eine direkte aktive Sterbehilfe. Dies ist strafbar.

Bei einer indirekten aktiven Sterbehilfe werden Leiden durch Medikamente wie Morphium gelindert. Diese Mittel können als Nebenwirkungen die Lebensdauer herabsetzen.

Wenn auf alle lebenserhaltenden Massnahmen verzichtet wird, sprich beispielsweise das Sauerstoffgerät abgestellt wird, handelt es sich um eine passive Sterbehilfe.

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