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Auf der Wildegg zuhaus

Auf der Wildegg zuhaus Auf der Wildegg zuhaus

Der 28-jährige Pfäffiker Bauernsohn Martin Suter ist der neue Älpler auf der Alp Wildegg. Er tritt in grosse Fussstapfen und versucht, den Charme der beliebten Alp zu bewahren.

SILVIA GISLER

Oberhalb Euthal liegt auf 1505 Metern über Meer die Alp Wildegg. Für viele Biker und Wanderer ist sie einfach nur eine Alp am Chli Aubrig mit wunderbarem Bergpanorama, unglaublicher Weitsicht und Einkehr- Möglichkeit. Für Hans und Paula Oetiker war sie während 50 (Paula), ja sogar 55 Sommern (Hans) das geliebte Zuhause. Viel «Gfreuts» aber auch «Gfürchigs» erlebte das Älplerehepaar hier oben. So erinnert es sich noch gut an den Stallbrand von 1990. «Ein Blitz schlug ein und der Stall brannte komplett nieder», erzählt Paula Oetiker und zeigt wenig später im Fotoalbum die Bilder der Katastrophe. «Und wenn ein Hagelwetter aufzog, wurde es hier innert kürzester Zeit sehr ungemütlich », berichtet sie.

Voller Wehmut und Dankbarkeit Ja, die Wildegg und Oetikers gehören einfach irgendwie zusammen. Damals wie heute. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich das Älplerpaar im letzten Herbst altershalber mit lachendem und weinendem Auge von der Alp verabschiedet hat. «Wir haben all die Jahre so viel Glück gehabt. Haben kaum Tiere verloren und waren immer gesund», sagt Paula Oetiker. Dass im Herbst Mensch und Tier die Alp immer unversehrt wieder verlassen konnten, habe sie sehr glücklich gemacht. «Wir wollten aufhören, bevor sie uns von der Alp abtransportieren müssen», ergänzt ein zu Scherzen aufgelegter Hans Oetiker. Und doch schwingt bei beiden auch Wehmut mit. Das gesellige Beisammensein mit Gästen und Freunden, die hier gewonnen wurden, fehlt ihnen spürbar. Im Herzen sind Oetikers aber vor allem eines: dankbar. Dankbar gegenüber der Besitzerfamilie Feusi, den Bauern, den Helfern und den Gästen, die ihnen allesamt so lange das Vertrauen entgegengebracht und die Treue gehalten haben.

In ihrem neuen/alten Leben in Schindellegi werde es ihnen aber schon nicht langweilig. «Ich sitze nicht tagelang hinter dem Vorhang und kritisiere andere. Das ist nicht mein Ding», so Paula Oetiker. Stattdessen besuchen sie gemeinsam andere Älpler, helfen beim Heuen oder auf dem Hof des Sohnes mit. Hans ist zudem noch ab und zu auf dem Bau gefragt. Und natürlich stünden sie dem neuen Älpler mit Rat und Tat gerne zur Seite. So geschehen bei der Übergabe oder beim Zäunen im Frühling. Beim Spaziergang zum Fotopunkt sieht Hans Oetiker denn auch sofort, wo es noch ein Unkraut auszustechen gäbe – und erklärt auch gleich, wie sie dies jeweils gemacht haben, damit kein Unkraut nachwächst … Drei Jahre Alp-Erfahrung

Wie das richtig geht, weiss auch «der Neue» auf der Wildegg, der 28-jährige Martin Suter. Er ist auf dem elterlichen Hof in Pfäffikon aufgewachsen, hat Landwirt gelernt und sich zum Betriebsleiter weitergebildet. In den letzten Jahren arbeitete er bei einem Lohnunternehmen als Betriebshelfer und sammelte Alperfahrungen auf dem Pragel, dem Urnerboden und zuletzt während eines Sommers auf der benachbarten Alp Egg. «Wenn du einmal z’Alp warst, packt dich das Alpfieber jeden Frühling aufs Neue», erklärt er mit einem Strahlen in den Augen. Er weiss, er tritt auf der Wildegg in grosse Fussstapfen. Angst bereitet ihm dies aber nicht. «Ich wusste von Anfang an, dass ich ein schweres Erbe antreten werde. Umso schöner ist es, dass viele Stammgäste von Oetikers weiterhin kommen.» Natürlich bleiben dementsprechend auch Fragen nach dem ehemaligen Älpler-Paar nicht aus. Das sei selbstverständlich und keinesfalls nervig.

Ein schwieriger Spagat

Für den jungen Höfner ist klar, dass er auf der Alp Wildegg möglichst vieles so weiterführen möchte, wie es seine Vorgänger getan haben. Ganz so einfach dürfte er es aber nicht haben. Denn während Hans und Paula Oetiker stets als Team agieren konnten, sich perfekt ergänzten, muss Suter nun Alp und Beiz mehrheitlich alleine stemmen. «Es wäre schön, wenn er jemanden zur Seite hätte, der ihn genauso unterstützt, wie wir uns geholfen haben », wünschen sich Oetikers für ihren Nachfolger. So ginge vieles leichter.

Das weiss auch Martin Suter: «Ich bin Wirt, Serviertochter, Buffetjunge, Älpler und Organisator in einem.» Entsprechend habe ihn der Spagat zwischen den zu erledigenden Alp-Arbeiten und den zu bewirtenden Gästen auch schon zum Rotieren gebracht. «Wenn ich aber den Gästen die Situation erkläre, haben sie meist Verständnis und warten geduldig, bis ich komme.» Und an den Wochenenden könne er auf Hilfe aus dem Freundeskreis zählen.

Hans und Paula Oetiker verlassen den Alpbetrieb Wildegg altersbedingt. Foto: zvg

Der 28-jährige Martin Suter aus Pfäffikon ist der neue Älpler auf der Wildegg.

Foto: Silvia Gisler

«Wir wollten aufhören, bevor sie uns von der Alp abtransportieren müssen.»

Hans Oetiker, ehemaliger Wildegg-Älpler

«Ich bin Wirt, Serviertochter, Buffetjunge, Älpler und Organisator in einem.»

Martin Suter, Älpler auf der Wildegg

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