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«In Einsiedeln ist eine Abstimmungs- oder Wahlmanipulation praktisch unmöglich»

«In Einsiedeln ist eine Abstimmungs- oder  Wahlmanipulation praktisch unmöglich» «In Einsiedeln ist eine Abstimmungs- oder  Wahlmanipulation praktisch unmöglich»

Die aufgedeckte Wahlfälschung in Frauenfeld lässt aufhorchen. Ist so etwas auch in Einsiedeln möglich?

VICTOR KÄLIN

Die Wahlfälschung in Frauenfeld (siehe Box) ist kein Ruhmesblatt für die direktdemokratische Schweiz. Auf Anfrage unserer Zeitung nimmt Irene Michel, die Einsiedler Landschreiber-Stellvertreterin und Abteilungsleiterin Präsidiales Volkswirtschaft Sicherheit, eine Einschätzung vor. Wer ist verantwortlich für das Einhalten der Vorschriften? Am Wahltag selbst ist es das Wahl- und Abstimmungsbüro. Im Bezirk Einsiedeln gibt es drei Büros, die sich aus gewählten Personen der Ortsparteien zusammensetzen.

Wer bürgt letztlich für die Korrektheit aller Massnahmen? Während der Vorbereitungsarbeiten auf der Bezirksverwaltung der Landschreiber, am Wahltag dann der Ausschuss des Wahlund Abstimmungsbüros. Was passiert mit den Wahl- und Stimmcouverts, wenn sie erst einmal im Briefkasten beim Rathaus eingeworfen worden sind? Der Briefkasten wird werktäglich geleert und die Couverts werden für statistische Zwecke gezählt – aber nicht geöffnet. Durch wie viele Hände gehen diese Couverts? Üblicherweise durch die Hände der Kanzleisekretärin. Sie leert den Briefkasten und zählt die neuen Couverts. Am Wahl- und Abstimmungssonntag kommt dann das aufgebotene Wahlund Abstimmungsbüro für das Öffnen, Sortieren und Auszählen zum Einsatz. Wo werden die Couverts zwischengelagert?

Im Rathaus. Sie sind doppelt unter Verschluss: Sowohl in einem abgeschlossenen Raum, als auch in einem verschlossenen Schrank.

Wer wacht darüber und wer hat Zugang zu den zwischengelagerten Couverts?

Die Bezirkskanzlei. Das sind Landschreiber, ich als Landschreiber- Stellvertreterin und die Sachbearbeiterin Kanzlei. Der Schlüssel ist in einem Schlüsseltresor unter Verschluss. Könnte man Couverts theoretisch «verschwinden» lassen? Ja, theoretisch schon. Das Verschwindenlassen würde ja aber nur etwas bringen, wenn der Übeltäter weiss, was sich darin befindet. Dazu müsste jedes Couvert geöffnet und aussortiert werden. Eine solche Aktion wäre unbemerkt nicht möglich. Oder könnte man auch gefälschte (kopierte) Stimm- und Wahlzettel unter die regulären mischen (wie in Frauenfeld)? Auch dies ist theoretisch möglich. Jedoch dürfen beim Auszählen nicht mehr Wahl- oder Abstimmungszettel vorhanden sein als Stimmrechtsausweise. Unentdeckt bliebe eine solche Manipulation also höchstens, wenn ordentlich eingelegte Wahlzettel durch gefälschte ersetzt würden. Dies wäre bei uns ausschliesslich am Wahlsonntag möglich. Jedoch ist an diesem Tag das gesamte Wahl- und Abstimmungsbüro anwesend und die Wahlzettel sind nie unbeaufsichtigt. Könnten Sie kraft Ihrer besonderen Stellung als Landschreiber- Stellvertreterin theoretisch Wahlen oder Abstimmungen manipulieren?

Nein, mit unseren heutigen Prozessen und dem angewendeten Mehraugenprinzip ist das weder mir, noch jemandem anderen möglich. Auch die im «Fall Frauenfeld» ins Feld geführten Verwechslungen ganzer Listenstapel würden in Einsiedeln aufgrund der angewandten Kontrollmechanismen nicht unbemerkt bleiben. Wo werden die Unterlagen nach dem Auszählen aufbewahrt? Das ganze Material wird unter dem beschriebenen doppelten Verschluss aufbewahrt, bis das Ergebnis durch die jeweilige Behörde erwahrt wird. Das heisst nach Ablauf der Einsprachefrist, wenn keine Beschwerde erfolgt; oder dann bei abgeschlossenem Einspracheverfahren. Bei nationalen Abstimmungen und Wahlen erfolgt die Erwahrung durch den Bund, bei kantonalen durch den Regierungsrat und bei kommunalen durch den Bezirksrat. Als wie sicher bezeichnen Sie den in Einsiedeln gehandhabten Ablauf?

Als sehr sicher.

Muss man irgendwo nachbessern?

Nein. Unsicherheitsfaktoren würden nur bestehen, wenn eine Person über längere Zeit alleine mit den Couverts oder den Wahlund Stimmzetteln wäre. Das ist bei uns zu keinem Zeitpunkt der Fall. Auch für die Urnenwache und das Leeren der Viertelsbriefkästen sind beispielswiese immer Zweierteams (verschiedener Parteiangehörigkeit) zuständig.

Werden die Couverts nicht schon vor dem Wahltag geöffnet – damit man am Sonntag mit dem Auszählen früher fertig ist? Das kantonale Wahl- und Abstimmungsgesetz lässt zwar zu, dass gewisse Vorbereitungsarbeiten für die Auszählung bereits vor Urnenschluss erfolgen dürfen. In einigen Schwyzer Gemeinden wird das tatsächlich so gehandhabt: Die Rücksendecouverts werden geöffnet und Stimmrechtsausweis und Stimmcouvert getrennt. Meistens kommen Mitarbeitende der Gemeindeverwaltungen zum Einsatz.

In Einsiedeln hingegen werden sämtliche Arbeiten durch das Wahl- und Abstimmungsbüro erst ab Sonntagmorgen vorgenommen. Wir gehören aus diesem Grund beim Abliefern der Resultate jeweils nicht zu den schnellsten Gemeinden.

Jedoch dürfen so die Einsiedler Wahl- und Abstimmungsbüros die ihnen zustehende Verantwortung und Kompetenz auch tatsächlich wahrnehmen. Und die Einsiedler Handhabung verunmöglicht zudem irgendwelche Manipulationen durch Einzelpersonen.

Können Sie sich an eine Beschwerde erinnern, welche die Auszählung anzweifelte?

Nein.

Mitglieder des Abstimmungsbüros 2 am letzten Sonntag beim Auspacken und Sortieren der Wahlzettel. Sie kontrollieren, ob der Stimmausweis vorhanden und unterschrieben sowie das Couvert mit dem Wahlzettel komplett ist.

In Einsiedeln wird mit der Waage ausgezählt (im Bild Irene Michel am Wägen der Stimmrechtsausweise). Basis ist das Referenzgewicht, welches auf per Hand gezählten Unterlagen ermittelt wird. Bei der verwendeten Waage handelt es sich um ein Präzisionsinstrument, das regelmässig überprüft und geeicht wird.

Verschlossene Wahl- und Abstimmungscouverts, bereit zum Öffnen.

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