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Die Frau wehrte sich nicht stark genug

Das Strafgericht sprach einen 20-Jährigen vom Vorwurf der sexuellen Nötigung frei.

RUGGERO VERCELLONE

Die beiden jungen Erwachsenen waren ein bisschen mehr als nur Kollegen. Sie waren bereits intim miteinander umgegangen. So auch im Juli 2019, als sie sich um Mitternacht auf dem Schulhausplatz eines Märchler Dorfes trafen. Dort kam es zu gegenseitigen Berührungen, wobei sie sich auch auf seinen Schoss setzte.

«Sie hat mich aufgereizt», sagte der heute 20-Jährige dem Strafgericht. Er wollte mehr, drückte sie nach hinten auf ihren Rücken und legte sich gänzlich angekleidet auf die ebenfalls angekleidete junge Frau. «Ich habe deutlich ‹Stopp› gesagt und versucht, ihn mit den Ellenbogen zurückzustossen. Er war aber zu stark», sagte sie. Trotz dieser Gegenwehr rieb der Beschuldigte sich an seiner Kollegin, bis er zum Samenerguss kam.

Die Staatsanwaltschaft klagte den jungen Mann wegen sexueller Nötigung an. Zudem verlangte er eine Bestrafung wegen Nötigung, weil der Beschuldigte wenige Tage später von der Kollegin Selfies verlangte. Falls er diese nicht erhalte, erzähle er ihrem damaligen Freund vom Treffen auf dem Schulhausplatz, soll er sie genötigt haben. Schliesslich wurde der Mann auch wegen Pornografie angeklagt, weil auf seinem Handy ein unerlaubtes Video abgespeichert war, das eine sexuelle Handlung mit einem Tier zeigte. Der Staatsanwalt verlangte eine bedingte Freiheitsstrafe von acht Monaten sowie eine bedingte Geldstrafe von 70 Tagessätzen à 70 Franken.

Der Verteidiger verlangte für die Nötigungsvorwürfe Freisprüche, weil die Frau zuerst mitgemacht und sich bloss gegen Küsse gewehrt habe. Auch nach dem Vorfall sei sie zudem zu ihm nach Hause gegangen.

Wegen Pornografie beantragte der Verteidiger eine bedingte Geldstrafe von 10 Tagessätzen à 30 Franken. Das Video sei seinem Mandanten auf das Handy geschickt worden, was ihm aber gar nicht richtig bewusst gewesen sei. Das Strafgericht sprach den Beschuldigten von den Nötigungsvorwürfen frei. Die Frau habe selbst ausgesagt, sie hätte ihm die Bilder freiwillig geschickt. Der Freispruch bei der sexuellen Nötigung erfolgte nach dem Grundsatz «im Zweifel für den Angeklagten ». Angesichts der Aussagen der Frau lasse sich nicht mit rechtsgenügender Sicherheit sagen, dass sie sich im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zur Wehr gesetzt hatte.

Wegen Pornografie verurteilte das Strafgericht den Beschuldigten zu einer bedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen à 60 Franken. Die Kosten von insgesamt rund 7400 Franken wurden dem Beschuldigten zur Hälfte auferlegt.

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