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«Wir sind die Underdogs»

«Wir sind die Underdogs» «Wir sind die Underdogs»

Interview mit Philippe Rechsteiner, dem neuen Trainer des FC Einsiedeln

Noch dauert es einige Wochen, bis die neue Fussball-Sasion für den FC Einsiedeln in der Zweiten Liga Interregional wieder startet. Neu steht auf jeden Fall Philippe Rechsteiner (47) als Trainer an der Seitenlinie. Was hat er vor? Seine Botschaft ist ziemlich klar, wie er im Interview erkennenen lässt.

WOLFGANG HOLZ

Herr Rechsteiner, freuen Sie sich schon auf die neue Saison, Ihre erste beim FC Einsiedeln? Ich freue mich sehr. Einsiedeln ist ein spannender Verein, weil er es mit bescheidenen Möglichkeiten schafft, sprich: mit eigenen Junioren und Aktiven, in der Zweiten Liga Interregional mitzuspielen. Dies sind Bedingungen und Voraussetzungen, mit denen es sich aus meiner Sicht gut arbeiten lässt. Wohnen und leben Sie auch in Einsiedeln? Was machen Sie beruflich? Weder noch. Ich wohne in Wollerau und bin in der Sparte IT-Sales tätig. Ich berate dabei Banken im Finanzbereich, wie sie gewisse Arbeitsprozesse zu uns auslagern können. Anfang August starte ich in diesem Zusammenhang in einem neuen Job. Privat lebe ich in einer glücklichen Beziehung.

Gerade sind ja Ihre Gegner in der Gruppe 5 der Zweiten Liga Interregional bekannt geworden. Darunter sind drei Aufsteiger und ein Absteiger. Wie stark schätzen Sie die Gruppe ein? Ich schätze die Gruppe sehr stark ein. Es spielen sehr viele gute Mannschaften mit, wie etwa Lachen/Altendorf, Zofingen und Muri. Der Absteiger Dietikon ist sicher ebenfalls stark und will wahrscheinlich möglichst schnell wieder aufsteigen. Nicht zuletzt sollte man die drei Aufsteiger Mutschellen, Wangen bei Olten und Unterstrass nicht unterschätzen, denn bei Aufsteigern läuft es meistens rund, es herrscht bei ihnen eine positive Stimmung, sie sind motiviert. Wir werden mit dem FC Einsiedeln deshalb in jedem Spiel gefordert sein.

Wird für den FC Einsiedeln auch wieder der Klassenerhalt das oberste Ziel sein oder verfolgen Sie höhere Ambitionen? Wer vor allem mit vereinseigenen Junioren die Zweite Liga Interregional erhalten will, hat sich schon ein hohes Ziel gesteckt. Konkret heisst das für uns: Es geht für uns um den Klassenerhalt. Warum fasziniert es Sie gerade, beim FC Einsiedeln als Trainer zu arbeiten? Sie haben ja schon zahlreiche Trainerstationen hinter sich, auch schon bei GC im Nachwuchsbereich. Zuletzt waren Sie beim SC Siebnen in der 3. Liga. Wie gesagt, der FC Einsiedeln ist ein spannender Verein. Trotz einer bescheidenen Infrastruktur konnte sich die erste Mannschaft nun doch ein paar Jahre in der Amateur-Liga halten. Das fasziniert mich. Er ist bodenständig genug, klare Ziele zu formulieren und versucht, diese vor allem mit eigenen Spielern zu erreichen, anstatt Tausende von Franken in unsichere Fantasie- Projekte zu investieren. Ich werde deshalb anstreben, die Mannschaft entsprechend weiterzuentwickeln. Das möchte ich gerne machen. Haben Sie denn schon einen Überblick über die Spieler, die Ihnen zur Verfügung stehen werden, über die Zu- und Abgänge in der Mannschaft? Ja, den habe ich. Wir trainieren ja bereits seit letzter Woche zusammen. Dabei konnte ich alle Spieler, die von der Mannschaft der letzten Saison beim FCE verbleiben, kennenlernen. Ebenso die, welche in der Vorrunde zum Militär gehen. Und mir sind schon jene acht Spieler bekannt – einheimische und auswärtige –, die neu zur Mannschaft gestossen sind.

Die neue Philosophie des FC Einsiedeln als Dorfverein lautet, möglichst viele einheimische Spieler einzusetzen. Wie gehen Sie mit diesem Dogma um für Ihre Saisonplanung? Wenn es die Voraussetzung ist, mit möglichst vielen einheimischen Spielern und Junioren den Klassenerhalt weiterhin schaffen zu wollen, dann gilt es, diese Aufgabe zu bewältigen. Die meisten Spieler sind ja jetzt schon Einheimische. Einheimische Spieler identifizieren sich mit der Mannschaft, und es ist sicher besser, auf junge Spieler aus dem eigenen Lager zu setzen als auf teure Söldner. Das ist für mich legitim. Es kommt eben immer darauf an, welches Ziel man sich setzt: Würde es um den Aufstieg gehen, müsste man sich sicher mit Spielern von aussen verstärken.

Aber glauben Sie tatsächlich, man kann vor allem mit einheimischen Spielern, aus dem Jugendbereich und vielleicht mit Spielern aus dem «Zwei», die Zweite Liga Inter wirklich halten?

Etwas zu glauben, ist eine Angelegenheit, die eher in die Kirche gehört. Wir werden das Beste geben im Training und bei den Matches, um den Ligaerhalt zu schaffen. Wenn uns das gelingt, sind wir glücklich. Wenn nicht, müssen wir das akzeptieren – und dann ist es eben die Konsequenz aus dieser Philosophie. Notfalls kann man aber in der Winterpause immer noch nach auswärtigen Spielern schauen, wenn es gar nicht läuft. Wie viele auswärtige Spieler planen Sie, in die Mannschaft einzubauen? Es ist ja zu hören, dass Sie auch schon beim FC Freienbach vorstellig geworden sind, um Spieler für den FCE zu gewinnen? ( lacht herzhaft) Jeder Trainer kennt grundsätzlich viele Spieler aus unterschiedlichen Vereinen und trifft sich ab und zu mit ihnen. Und ich kenne eben aufgrund meiner langjährigen Trainertätigkeit sehr viele Spieler. Fakt ist, dass ich auch mit Spielern des FC Freienbach geredet habe. Wir werden dem FC Freienbach aber keinen einzigen Spieler abwerben. Umgekehrt hat ja der FC Freienbach bekanntlich schon Spieler des FC Einsiedeln abgeworben. Momentan sind zwei auswärtige Spieler in der Mannschaft FCE, die vorher schon hier gespielt haben. Drei, vier junge Auswärtige werden noch hinzukommen – insgesamt rechne ich mit fünf bis sieben auswärtigen Spielern in der Mannschaft, wobei die meisten, wie gesagt, eher junge Spieler sein werden. Drei kommen vom FC Red Star, einen habe ich vom SC Siebnen mitgebracht.

Welche Taktik und welche Spielkultur wollen Sie beim FCE entwickeln – oder geht es als abstiegsgefährdeter Klub vor allem darum, mit Kampf, eingespielten Standards und Disziplin zu punkten?

Es ist sicher kein Fehler, die Tugenden von Kampf und Disziplin in der Mannschaft weiter zu pflegen. Sprich: Wille und Kampf werden dominieren. Das heisst aber nicht, dass wir das spielerische Element nicht noch verfeinern können. Das hängt allerdings davon ab, wie die Saison läuft, und wie stark die Gegner sind – nachdem infolge Corona doch wohl manche Mannschaft auf kostbares Spielermaterial verzichten muss. Ich werde aber meiner Mannnschaft auf keinen Fall in Spielen wie gegen Dietikon oder Zofingen als Marschorder mitgeben, offensiv mitzuspielen. Dazu fehlen uns einfach die Möglichkeiten. Wir sind die Underdogs, und wir müssen schauen, die Chancen, die wir im Spiel bekommen, zu nutzen. Noch zwei Fragen zur Euro 2020: Wie beurteilen Sie die derzeitige Qualität der Schweizer Nati nach ihrem knappen Ausscheiden im Viertelfinal? Die Qualität ist mehr oder weniger die Gleiche, wie sie vor sieben, acht Jahren schon war – weil ja auch im Wesentlichen die gleichen Spieler mit auf dem Platz waren. Die Mannschaft hat sicher gut gespielt, aber es gehört auch Glück dazu und nicht zuletzt die Fähigkeit, das Glück auch ein Stück weit erzwingen zu können, um in jedem Spiel jede Chance zu nutzen. Das hat man beispielsweise bei den beiden Penalty- Schiessen gesehen: Im ersten Match lief es gut, im zweiten schon nicht mehr so gut. Und wer wird Europameister?

England – weil ich finde, die Engländer haben das ausgeglichenste Team. Die Italiener könnten auch gewinnen, aber ich denke, sie sind eher Favoriten für die nächste WM.

Heute Abend, Freitag, um 20 Uhr, spielt das Fanion-Team des FC Einsiedeln im Rappenmöösli-Stadion in einem Testmatch gegen den FC Rapperswil-Jona, der in der Ersten Liga kickt.

FCE-Spiko-Chef Indra Kusuma mit Einsiedelns neuem Trainer Philippe Rechsteiner. Foto: zvg

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