Veröffentlicht am

Roland Lutz und Leta Bolli – zwei unterschiedliche Persönlichkeiten stellen sich zur Wahl

Roland Lutz und Leta Bolli – zwei unterschiedliche Persönlichkeiten stellen sich zur Wahl Roland Lutz und Leta Bolli – zwei unterschiedliche Persönlichkeiten stellen sich zur Wahl

Wenn der Bezirk Einsiedeln am 11. Juli den vakanten Sitz im Bezirksrat besetzt, haben die Wählerinnen und Wähler eine echte Wahl.

VICTOR KÄLIN

Der Einsiedler Anzeiger lud Roland Lutz (SVP) und Leta Bolli (GLP) zum Doppelinterview. Dieses fand am Dienstag, 15. Juni, im Restaurant Bären by Schefer statt.

Zum Bezirksrat

Macht Ihrer Meinung nach der Bezirksrat einen guten Job?

• Roland Lutz: Im Grossen und Ganzen ja. Die Sachentscheide sind vernünftig. Die Finanzentwicklung ist allerdings unbefriedigend. Wir müssen auf die Bremse treten – und zwar jetzt.

Die Tiefzinsphase wird nicht ewig andauern, was die finanziellen Probleme des Bezirks massiv verschärfen könnte. Die Leistung des Bezirksrates benote ich mit einer 4,5.

• Leta Bolli: Der Bezirksrat macht im Grossen und Ganzen einen guten Job. Da schliesse ich mich der Meinung von Roland Lutz an. Manchmal nehme ich es aber mehr als Verwalten statt Führen wahr. Ich wünsche mir mehr Ideen, wohin Dorf und Viertel sich entwickeln sollen.

Wobei mir bewusst ist, dass der angespannte Finanzhaushalt für Visionen eine herausfordernde Ausgangslage ist und die Mittel sehr bewusst eingesetzt werden müssen. Meine Note reihe ich etwa bei 4,25 ein. Müsste dennoch irgendwo der Hebel angesetzt werden? Wo sehen Sie Handlungsbedarf?

• Bolli: Das Wichtigste ist eine gute Priorisierung. Und da muss man sich zum Teil auch unangenehmen Fragen stellen. Einen Investitionsstopp erachte ich als falsch; das führt erneut zu einem grossen Aufholbedarf. Wichtig ist der Dialog mit der Bevölkerung. Einen solchen Austausch wünschte ich mir vermehrt – vor allem bei Entwicklungsprojekten.

• Lutz: 80 Prozent sind ohnehin gebundene Ausgaben; da kann man kaum «schrauben». Bei künftigen zusätzlichen Ausgaben muss man sich auf Basisinfrastrukturen und absolut nötige Investitionen beschränken. Ein Einsiedlerhof oder der Dorfplatz sind aus dieser Warte keine sehr wichtigen Projekte. Ich sage nicht, sie seien unwichtig, doch wenn man priorisieren muss, müssen einige über die Klinge springen. Warum wollen Sie Bezirksrat, respektive Bezirksrätin werden?

• Lutz: Gesucht habe ich das nicht. Die SVP will die bürgerliche Mehrheit im Bezirksrat aufrechterhalten und mit einem Kandidaten antreten, der Chancen hat, die Wahl zu gewinnen. Da ich als ehemaliger Kantonalpräsident der SVP in der politischen Landschaft relativ bekannt bin, fragte mich die Partei an. Ich überlegte reiflich und fand: Ja, ich bin motiviert, das reizt mich. Es ist eine bereichernde Herausforderung.

• Bolli: Auch ich bin angefragt worden. Ich sagte ja, weil Einsiedeln zu meinem Daheim geworden ist. Ich fühle mich sehr wohl hier und als Teil davon und würde gerne teil-haben. Ich stehe mitten im Leben – ein guter Moment, um sich politisch zu engagieren. Aufgrund des aktuellen Wähleranteils darf die GLP als jüngste Partei Einsiedelns durchaus den Versuch wagen, erstmals für den Bezirksrat zu kandidieren. Der Bezirksrat funktioniert als Kollegialbehörde. Wie gut können Sie Mehrheitsentscheide mittragen, die gegen Ihren Willen gefällt werden?

• Bolli: Im Bezirksrat arbeitet man lösungsorientiert und sucht einen Konsens. Unter diesem Aspekt trägt man die Entscheide mit und vertritt diese gegen aussen.

• Lutz: Als Parteipräsident musste ich ab und zu etwas «contre coeur» vertreten – es war halt die Mehrheitsmeinung. So funktioniert es. Und da hält man sich daran. Wie sollen die Bürger und Bürgerinnen den Bezirksrat wahrnehmen?

• Lutz: Was ich sehe, ergibt keine Diskrepanz zu meinen Wünschen: Der Bezirksrat bereitet die Geschäfte vor und legt sie, sofern der Rat nicht selbst die Kompetenz hat, dem Souverän vor. Wenn es kontrovers ist, werden die Vorhaben meines Erachtens ausreichend präsentiert und zur Diskussion gestellt. Zudem haben wir mit dem Einsiedler Anzeiger ein Forum, wo man solche Themen aufs Tapet bringen kann. Die Stimmbürger hier sind nicht «schüüch»: Wenn ihnen etwas nicht passt, sagen sie es schon.

• Bolli: Wichtig für mich ist, dass sich die Einwohnerinnen und Einwohner im Bezirksrat vertreten fühlen. Das ist heute ein Problem: Der extrem tiefen Frauenanteil bildet die Bevölkerung wirklich nicht gut ab. Das verhindert eine grössere Identifikation.

Persönliches

Was können Sie gut?

• Bolli: Ich bin loyal und beständig, keine Job-Hopperin, wenn ich mich auf etwas einlasse, dann mache ich das richtig. Ich bin pragmatisch, teamfähig und kann Konzepte nicht nur schreiben, sondern sie auch auf den Boden bringen – am liebsten in einem motivierten Team. Und was können Sie weniger gut?

• Bolli: Vermutlich müsste ich das Politisch-Diplomatische noch etwas lernen; es ist aber kein Problem, mich in eine Kollegialbehörde einzugliedern. Vielleicht wirke ich manchmal zu direkt; das wären dann meine Bündner Wurzeln! Und was können Sie nicht besonders gut, Roland Lutz?

• Lutz: Beim Differenzlen verliere ich immer …

Und politisch?

• Lutz: Ich bin vielleicht etwas ungeduldig. Ich arbeite gerne mit dem Mut zur Lücke: Ich muss nicht jeden Veloständer zu Boden diskutieren. Da habe ich etwas schwache Nerven.

Und was können Sie gut?

• Lutz: Ich bin sehr strukturiert, politisch erfahren, kenne die Mechanismen und bin gut vernetzt. Und ich meine, einen breiten Rücken zu haben. Wenn ich etwas mache, gebe ich Vollgas. Haben Sie politische Erfahrung?

• Bolli: Nein, aber im Hinblick auf meine Bezirksratskandidatur erachte ich das nicht als Nachteil, sondern sehe das eher als Vorteil, «frisch und unverbraucht zu sein» und nicht schon die Ansicht zu haben, «eh’ schon zu wissen, wie der Karren läuft». Herr Lutz: Wie viel SVP steckt in Ihnen und wie liberal sind Sie?

• Lutz: Zur ersten Frage: 75 Prozent. Gesellschaftspolitisch bin ich liberal, solange es nicht Gender-Fragen oder die Schwulenehe betrifft. Da bin ich sehr konservativ. Wirtschaftspolitisch bin ich jedoch sehr liberal.

Frau Bolli: Wie viel Grün steckt in Ihnen und wie liberal sind Sie?

• Bolli: Ich setze mich auf jeden Fall für eine liberale, starke Wirtschaft und den Marktwettbewerb ein. Risiken sollen belohnt werden. Den Klimaschutz gewichte ich in etwa gleich hoch. Damit wir und unsere Kinder auch in Zukunft ein gutes Leben haben, müssen wir für eine intakte Umwelt sorgen. Da braucht es Anreize und – leider – auch auch ein paar Gesetze. Gesellschaftspolitisch bin ich absolut liberal und unterstütze die Ehe für alle. Frau Bolli: Um die Wahl zu schaffen, brauchen Sie viele Fremdstimmen. Die GLP ist der klare Aussenseiter. Ist das ein Nachteil, oder kann es auch ein Vorteil sein?

• Bolli: Ein Vorteil könnte sein, dass sich durch mich Leute angesprochen fühlen, die sonst kaum in ein Parteischema passen und sich tendenziell weniger für Politik interessieren. Natürlich kämpft die GLP gegen eine «Parteimauer», die relativ hoch ist. Aber wir nehmen die Herausforderung an.

Wo können Sie punkten?

• Bolli: Ich möchte bei jenen Leuten punkten, die der Meinung sind, der Bezirksrat sollte ausgewogener sein und dass es Vorteile hat, wenn das Team gemischt ist, da ein solches nachweislich zu besseren Lösungen führt. Herr Lutz: Die SVP kämpft um ihren bisherigen Sitz. Leiten Sie aus dieser «Berechtigung» einen Vorteil für Ihre Kandidatur ab?

• Lutz: Nein, gar nicht. Sehen Sie jedoch, wie sich die Situation präsentiert: Wir haben zwei Kandidaten und die Auswahl zwischen einer Ein-Themen-Partei und einer Volkspartei. Die SVP ist etabliert und breit tätig, während die gegnerische Partei mehr oder weniger in einem Thema unterwegs ist …

• Bolli: In welchem Thema?

• Lutz: Grün.

• Bolli: Das ist eine erstaunliche Aussage. Ich nehme meine Tätigkeit überhaupt nicht so wahr …

• Lutz: Ich schon …

• Bolli: Ich bin überhaupt nicht monothematisch unterwegs.

• Lutz: Zudem kann man schon mit Quoten argumentieren und sagen, dass es mehr Frauen braucht. Ich sage: Es braucht mehr Unternehmer. Wir haben bereits drei Personen im Bezirksrat, die vom Staat angestellt sind, und mit Ihnen, Frau Bolli, käme eine vierte hinzu …

• Bolli: Ich bin zwar angestellt vom Kanton Zürich. Wir müssen jedoch selbsttragend sein und funktionieren wie ein KMU. Es fliesst kein Rappen Steuergeld in meinen Lohn. Wir sind absolut selbstfinanziert. Ich bin zwar eine Angestellte, aber für unseren finanziellen Erfolg selbst verantwortlich.

• Lutz: Ich bin dennoch der Meinung, dass es mehr unternehmerischen Geist im Bezirksrat braucht; Leute, die wissen, wie die Wirtschaft im Realen funktioniert.

Wo können Sie punkten?

• Lutz: Mit meiner breiten Erfahrung. Mit dem Umstand, dass ich eben Unternehmer und somit gewohnt bin, auf dem Markt bestehen zu müssen und bezahlbare Lösungen zu finden.

Sachpolitik

Einsiedeln mit seinen Vierteln hat eine «einzigartige Ausstrahlung », definiert der Bezirksrat im aktuellen Leitbild eine seiner Leitideen. Was muss getan werden, um dieser «Einzigartigkeit» näherzukommen?

• Lutz: Was finanziell möglich war, hat man bisher mehr oder weniger auch gemacht. Wenn die Mittel aber fehlen, ist eine Beeinflussung sehr schwierig. Der Spielraum ist eng.

• Bolli: Der Bezirksrat schreibt zwar in der Botschaft, dass wir «einzigartig » seien, aber nachher spürt man relativ wenig Spirit, wenig Visionen, welche zu dieser Einzigartigkeit führen sollen. Hier vermisse ich Fantasie und Ideen, gerade auch, was die Viertel betrifft.

• Lutz: Was würdest Du machen, Leta? Nenne mir ein Beispiel …

• Bolli: Willerzell zum Beispiel liegt wunderschön am See.

Wenn es dort ein Hotel gäbe …

• Lutz: Ein staatliches Hotel!?

• Bolli: Nein, sicher kein staatliches. Aber der Bezirksrat kann die raumplanerischen Voraussetzungen schaffen. Aber ich erkenne auch, dass die Stellschrauben nicht so gross sind. Unter anderem steht für den Bezirksrat «die Förderung Einsiedelns als Ausflugs- und Ferienregion » im Zentrum. Ich stelle die Gretchenfrage: Ausflugsregion oder Ferienregion? Tagestouristen oder Hotelgäste?

• Bolli: Ich bin nicht sicher, ob man das gegeneinander ausspielen muss. Die Kombination ist schön – sowohl als auch.

• Lutz: Ich sehe nur Tagestourismus. Allenfalls noch etwas Seminartourismus. Ansonsten ist das Potenzial zu beschränkt. Wie stark soll oder muss sich die öffentliche Hand gerade im Tourismus engagieren?

• Lutz: Sie soll, wenn es um Rahmenbedingungen geht oder Infrastrukturen wie beispielsweise ein Parkhaus.

• Bolli: Bei den Rahmenbedingungen muss sich der Bezirksrat engagieren. Und nicht nur bei einem Parkhaus, sondern auch beim öffentlichen Verkehr.

Weiter definiert der Bezirksrat, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln «haushälterisch umzugehen ». Was liegt da bei über 70 Millionen Franken Schulden überhaupt noch drin? Sehen Sie irgendwo Gestaltungsmöglichkeiten?

• Lutz: Wir müssen die Zügel anziehen und vorderhand nur noch dort investieren, wo man wirklich muss. Wenn wir die Zügel schleifen lassen, werden spätestens unsere Kinder dann gar nichts mehr machen können. Dann sind nicht mehr 80 Prozent aller Ausgaben gebunden, sondern 110 Prozent! Das gilt es zu verhindern. Diesen Mut müssen wir haben.

• Bolli: Wir müssen in den nächsten Jahren stark priorisieren. Investitionskosten und laufende Kosten müssen angeschaut werden. Es ist mir bewusst, dass das Einsparpotenzial klein ist. Bei den Steuerfüssen hat Einsiedeln mit seinen 230 Prozent einer Einheit innerkantonal die rote Laterne gefasst. Muss der hohe Steuerfuss weg?

• Lutz: Sobald wir Luft haben, muss der Steuerfuss hinunter. Aber diese Luft haben wir im Moment nicht, darum heisst das Ziel: Halten. Ganz schlecht wäre es, wenn die Steuerbelastung noch weiter steigen würde. Dann hätten wir kantonsintern noch grössere Disparitäten. Wir müssen aufpassen, dass wir keine neuen Ausgabenposten schaffen, die uns zusätzlich belasten – wie zum Beispiel die schulergänzende Kinderbetreuung. Auf die Viertel ausgeweitet, hätte uns das enorme Summen gekostet. Darum hat der Souverän die Vorlage ja auch abgelehnt …

• Bolli: Die schulergänzende Kinderbetreuung ist meiner Ansicht nach genau eine jener Investitionen, die einen positiven Effekt gehabt hätte auf die Standortattraktivität. Diese im Vergleich zu anderen relativ geringe Investition hätte sich mit dem Zuzug einiger guter Steuerzahler refinanzieren lassen. Grundsätzlich bin ich aber auch der Meinung, der Steuerfuss soll nicht erhöht, sondern tendenziell eher gesenkt werden. Aller Wahrscheinlichkeit nach übernehmen Sie im Falle einer Wahl das Ressort Bildung und Kultur. Wie beurteilen Sie die Befindlichkeit gerade des Einsiedler Bildungswesens?

• Lutz: Als Erziehungsrat habe ich auch mit dem Einsiedler Schulleiter zu tun. Ich habe einen sehr guten Eindruck gewonnen. Der Laden wird gut geführt. Und dabei ist es eine der grössten Schulen des Kantons, wenn nicht die grösste.

• Bolli: Auch ich habe grundsätzlich einen guten Eindruck. Zusammen mit den Vierteln ergibt sich aber eine relativ komplexe Situation, der strukturbedingt teilweise eine Ineffizienz inne wohnt. Die Frage der Organisation, wie man sich effizienter und agiler aufstellen kann, steht für mich im Vordergrund. Auch bei der Elternmitwirkung sehe ich Potenziale.

«Jedem Viertel seine Schule»: Teilen Sie die bezirksrätliche Maxime?

• Bolli: Man wird sich gewissen unangenehmen Fragen stellen müssen – zumindest muss man diese Frage einmal andiskutieren. Gibt es für das Schulhaus Willerzell zum Beispiel Alternativen zu einem Neubau?

• Lutz: Ich bin auch der Meinung, dass es für Willerzell Varianten gibt: das bestehende Schulhaus sanieren und gewisse Klassen in einem anderen Viertel unterrichten, oder einen grösseren Neubau hinstellen, und alles vor Ort abdecken. Ich wäre für eine Variantenabstimmung, um dem Bürger die Auswahl zwischen A und B zu geben.

Projekte und Visionen

Einsiedlerhof: Sind Sie mit der angestrebten gemischten Nutzung einverstanden?

• Bolli: Städtebaulich gefällt mir diese Variante. Für mich stellt sich aber die Frage, ob Einsiedelns «Filetstück» der richtige Ort ist, um dort die Verwaltung zu platzieren? Man darf darüber diskutieren und darf auch als Bezirk Landeigentum einfach mal als Vermögenswert betrachten. Was eine Abstimmung betrifft, bilde ich mir meine Meinung, wenn die Botschaft des Bezirksrates vorliegt.

• Lutz: Was ich bisher gesehen habe, kommt meines Erachtens beim Souverän – und auch bei mir – nicht durch. Die Vorlage wird keine grosse Chance haben. Auch hier vermisse ich die Varianten. Ich sage es brutal: Für mich genügte es, wenn der baufällige Einsiedlerhof einfach abgebrochen und vorläufig nichts gemacht würde. Kultur- und Kongresszentrum Zwei Raben: Neukonzeption oder Sanierung?

• Lutz: Das Dorfzentrum ist der Zwilling zum Einsiedlerhof. Man kann beider Zukunft nicht losgelöst diskutieren. Beim Dorfzentrum haben wir einen hochdefizitären Betrieb – und vielleicht bietet sich im Unterdorf die Chance, das Verwaltungsgebäude zu realisieren. Es braucht eine Gesamt- Auslegeordnung.

• Bolli: Es ist sehr schade, dass wir die Potenzialanalyse des Bezirks noch nicht kennen. Deshalb sind keine Ideen bekannt, was man dort machen könnte.

Ich meine auch, dass man das Verwaltungszentrum durchaus im Zwei Raben andenken kann. Sportzentrum Allmeind: Wie nötig ist eine Realisierung gerade aus dem Blickwinkel des Ressorts Bildung?

• Lutz: Das ist nötig. Und uns fehlt eine Turnhalle. Da muss der Bezirk ohnehin eine Lösung suchen. Das Sportzentrum Allmeind kann ein Synergiegewinn sein. Ich begrüsse es, solange vernünftige Parameter gegeben sind. Sollten aber die Betriebskosten einseitig der Allgemeinheit aufgebürdet werden, gäbe es aus meiner Sicht ein klares Nein.

• Bolli: Ich begrüsse die Privatinitiative. Obwohl der Bedarf an Sportinfrastruktur auch für die Schule unbestritten ist, ist der Businessplan im jetzigen Zeitpunkt für mich zu wenig aussagekräftig.

Erschliessung Friherrenberg: Ist dieses privat angestossene Projekt sinnvoll oder nicht?

• Bolli: Eine Winternutzung ist auf unserer Höhenlage ungewiss und kostenintensiv. Das ist leider so. Für mich macht es aus energetischer Sicht wenig Sinn, auf diese Art in den Wintersport zu investieren. Es läuft eher auf einen Sommerbetrieb hinaus; doch da gibt es in unserer Region bereits einige Angebote. Ich bin mir nicht sicher, ob wir noch weitere Projekte brauchen – oder wenigstens eines, das landschaftsverträglicher umsetzt werden kann.

• Lutz: Kostet den Bezirk nichts, ist privat und tut dem Tourismus gut. Wenn ich nichts bezahlen muss, rede ich auch nicht drein. Verkehrsfreie Hauptstrasse – so ab 10 oder 12 Uhr: Ja oder Nein. Wo sehen Sie Chancen, wo Risiken?

• Lutz: Die Pandemie zeigt, dass die Leute immer mehr online einkaufen. Über kurz oder lang werden wir ein «Lädelisterben» erleben. Wir müssen aufpassen, nicht irgendwelche Massnahmen zu treffen, welche die Geschäfte weiter schwächen.

Die Frage ist schwierig; man kann sie nicht losgelöst betrachten, sondern nur in einem Gesamtpaket. Ich bin offen in dieser Frage.

• Bolli: Die Corona-Pandemie zeigte aber ebenso das Bedürfnis nach mehr Platz auf der Hauptstrasse – mehr Platz für die Gastronomie, für Fussgänger und den Langsamverkehr.

Es wäre schön, die Hauptstrasse könnte zu einer schöneren Flaniermeile werden und dadurch die Besucher vom Klosterplatz weg ins Dorf hinein lenken, was auch für die Geschäfte und die Gastronomie gut wäre.

Es braucht jedoch ein Gesamtverkehrskonzept.

Arealentwicklung Bahnhof: Wie wichtig ist diese Vision für Einsiedeln?

• Bolli: Das ist ein sehr wichtiges Projekt! Der Bahnhof ist unsere Visitenkarte. Den Ankommenden muss gleich bei der Ankunft das Gefühl vermittelt werden, dass es ihnen hier gefällt. Nebst Bus und Auto darf man auch die Passanten nicht vergessen, wie sie ihren Weg durchs Dorf finden. Ein solches Projekt ist anspruchsvoll, aber andernorts auch schon realisiert worden.

Da kann man durchaus auch von fremden Erfahrungen profitieren.

• Lutz: Die Arealentwicklung ist mittelwichtig. Da gibt es Wichtigeres wie zum Beispiel Wasseraufbereitung und Wasserzufuhr, oder auch die Strassensanierungen, wo wir hinterher hinken.

Und sonst noch …

Welche Frage fehlt Ihnen in diesem Gespräch?

• Lutz: Die Gegenüberstellung unserer beiden Parteien. Die SVP zum Beispiel vertritt die «Normalbürger», die GLP die Warte der «Besserverdiener».

Die GLP sieht die Probleme der «kleinen Leute» weniger – das zeigte auch der letzte Abstimmungssonntag mit den «Ablasszahlungen » gerade beim CO2-Gesetz. Wenn du ein gewisses Einkommen hast, stört dich das weniger. Als Normalverdiener hat man jedoch ein Problem damit.

• Bolli: Von einer besseren Luftqualität profitieren alle – unabhängig des Portemonnaies. Diesen Pauschalvorwurf möchte ich so nicht stehen lassen.

• Lutz: Ein anderes Spannungsfeld:

Die GLP setzt eher auf Verbote und Dirigismus, die SVP auf Eigenverantwortung …

• Bolli: Du verwechselst uns wohl mit einer anderen Partei! Die GLP setzt sich stark für eine liberale Wirtschaft ein. Frau Bolli: Wo finden Sie die SVP nicht so toll aufgestellt?

• Bolli: Ich habe das Gefühl, dass die SVP grundsätzlich kritisch gegenüber Öffnungen ist und auch dagegen, dass Einsiedeln etwas urbaner werden könnte.

• Lutz: Das kann ich voll unterschreiben.

Wo sehen Sie ihre drei wesentlichen Alleinstellungsmerkmale?

• Lutz: Kompetent, politisch erfahren, engagiert.

• Bolli: Engagiert, kompetent, verbindend.

• Lutz: Unsere Schnittmenge ist zwei Drittel!

Das letzte Wort gehört Ihnen beiden. Ladies first …

• Bolli: Ich freue mich auf die Herausforderung dieses Wahlkampfs. Und freue mich über jede Unterstützung von Wählerinnen und Wählern, welche sich dafür einsetzen, dass der Bezirksrat ausgewogener zusammengesetzt werden kann.

• Lutz: Danke für Ihre Stimme.

«Ich arbeite gerne mit dem Mut zur Lücke und muss nicht jeden Veloständer zu Boden diskutieren.»

Roland Lutz

«Ich möchte bei jenen Leuten punkten, die der Meinung sind, der Bezirksrat sollte ausgewogener zusammengesetzt sein.»

Leta Bolli

Fotos: Victor Kälin

Share
LATEST NEWS