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«Die Kirche macht immer mehr Platz»

«Die Kirche macht immer mehr Platz» «Die Kirche macht immer mehr Platz»

In zehn Tagen findet eine Referendumsabstimmung über die Einführung eines Stimmrechts für Ausländer in der katholischen Schwyzer Kantonalkirche statt. Pater Basil Höfliger, Leiter der Pfarrei Einsiedeln, steht Red und Antwort über die Vorlage.

MAGNUS LEIBUNDGUT

Was steht auf dem Spiel am 27. Juni?

Auf dem Spiel steht, ob in den Kirchgemeinden Mitglieder weiterhin ungleich behandelt werden sollen oder nicht. Es geht um die Wertschätzung von Leuten, die sich in unserer Kirche engagieren und diese auch mit ihren Steuergeldern finanziell unterstützen. Dass diese Leute nicht mitbestimmen dürfen, ist stossend, denn sie gehören ja zur Kirche. Was wären die Folgen, wenn die Schwyzer Katholiken die Einführung des Stimmrechts für Ausländer ein drittes Mal bachab schicken würden? Dann würde fürs Erste alles beim Alten bleiben. Allerdings glaube ich, dass es irgendwann zu einer weiteren Abstimmung über die Einführung eines Stimm- und Wahlrechts für Katholiken ohne Schweizer Bürgerrecht kommen würde. Man hat ja zum Beispiel bei der Verfassung gesehen, dass es für gewisse Vorlagen mehrere Anläufe braucht. Ich hoffe, dass es diesmal nicht der Fall sein wird. Falls doch, müsste allerdings bei den Leuten das Bewusstsein geschärft werden, dass es einen Missstand bedeutet, wenn man Leute, die zur Kirche gehören, rechtlich ausgrenzt.

Was würde sich konkret in der Pfarrei Einsiedeln, im Dekanat Ausserschwyz und in der Schwyzer Kantonalkirche ändern, wenn das Wahlrecht für Ausländer eingeführt wird? Ich glaube, vor allem auf der Ebene der Pfarrei würde sich die Stimmung verändern. Mit der Einführung eines Stimmrechts für Katholiken ohne Schweizer Bürgerrecht würde ein Zeichen der Wertschätzung gesetzt. Fast alle, die zur Kirche gehören, könnten dann mitbestimmen. Der jetzige Zustand ist doch mit einem schalen Beigeschmack verbunden, wenn zwei Klassen von Menschen geschaffen werden.

Wie kann es sein, dass diese Vorlage auf Messers Schneide steht? Ich weiss nicht, ob sie auf Messers Schneide steht: Wir werden das am 27. Juni sehen. Es gibt nun einmal auch bei uns im Kanton Schwyz konservative Kräfte, die auf bisherigen Positionen beharren. Diese Kreise wollen, dass alles so bleibt, wie es ist. «Wehret den Anfängen», sagt das Referendumskomitee: Können Sie seine Angst verstehen, dass bald auch auf staatspolitischer Ebene das Stimmrecht für Ausländer eingeführt wird? Nein, das kann ich nicht nachvollziehen. Dieses Argument erstaunt mich. Ich glaube kaum, dass die katholische Kirche im Moment imstande wäre, ein Vorbild für das Staatswesen abzugeben. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass der Staat folgen würde mit der Einführung eines Stimmrechts für Ausländer, nur weil es die katholische Kirche auch getan hat (lacht). Die Gegner befürchten, dass sich stimmberechtigte Ausländer mobilisieren würden, um an einer Versammlung einen unliebsamen Entscheid zu erwirken. Was für unliebsame Entscheide sollen das denn sein, die Ausländer in unseren Kirchgemeinden verfolgen? Aus meiner Sicht sind sie Personen, die unsere Pfarreien konstruktiv unterstützen und von ihrem Glauben her einem eher traditionellen Milieu entstammen.

Das Komitee fordert, dass Ausländer an den hiesigen Gottesdiensten teilnehmen sollen statt einen Sonderzug zu fahren. Einerseits nehmen Ausländer ja an unseren Gottesdiensten teil. Andererseits gibt es Missionen: Diese fallen durch ihre Lebendigkeit auf – etwas, was unseren hiesigen Gottesdiensten und Pfarreien auch gut tun würde. Wir können also sehr profitieren von dieser Ausländer-Seelsorge, sie erfüllt die Kirche mit Leben. Ausländer sollen das Stimmrecht erhalten. Gleichzeitig haben Frauen in der katholischen Kirche nichts zu sagen. Ist das nicht paradox? Es sind zwei Paar Schuhe, die man nicht durcheinander bringen sollte: Die Einführung des Stimmrechts für Katholiken ohne Schweizer Bürgerrecht betrifft die staatskirchliche Ebene im dualen System. Die Gleichberechtigung von Frau und Mann betrifft die Kirche an sich. Wenn in einer Organisation die Männer unter sich bleiben wollen, wäre es nicht konsequent, wenn die Frauen draussen bleiben?

In unserer Kirche sind alle Menschen willkommen, die dazu gehören möchten. Alle. Gerne zitiere ich hierzu Papst Franziskus: «Die Kirche ist auf dem Weg und macht immer mehr Platz, damit alle hinein können – oder sie ist nicht Kirche. Eine Kirche mit offenen Türen – immer mit offenen Türen.» Den Frauen die gleichen Rechte wie den Männern innerhalb der katholischen Kirche zu geben: Diese Diskussion ist in unserer Kirche am Laufen. Wir werden sehen, welche Perspektiven diese Diskussion bringen wird.

Pater Basil Höfliger: «Auf dem Spiel steht, ob in den Kirchgemeinden Mitglieder ungleich behandelt werden sollen.» Foto: Magnus Leibundgut

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