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«Es wurde unnötig Stimmung gemacht»

«Es wurde unnötig Stimmung gemacht» «Es wurde unnötig Stimmung gemacht»

«Die Massnahmengegner bellen laut und nutzen die Medien», sagt Bildungsdirektor Michael Stähli zur Kritik an den Schul-Spucktests.

JÜRG AUF DER MAUR

Spucktest statt Masken und für die Kleineren die Möglichkeit, in Lager zu gehen oder Theater zu spielen: Haben Sie damit gerechnet, dass Ihnen der Regimewechsel so viel Ärger macht? Betrachtet man die einfach umsetzbaren Massnahmen, so wurde unnötig Stimmung gemacht. Viele Schulen beteiligen sich beim repetitiven Testen ja bereits seit Mitte Mai, und den restlichen Schulen wurde durch eine frühzeitige Vorinformation genügend Vorlaufzeit für die Umsetzung eingeräumt. Die Kritik ist laut und heftig. Wie gehen Sie damit um? Ich kann mit Kritik umgehen und sie einordnen. Sie umfasst seit Beginn der Pandemie jene, die gar keine Massnahmen an Schulen wollen und jene, die noch mehr Schutz möchten. Jedoch agieren die Gegner sehr dogmatisch, überbieten sich mit kruden und abstrusen Darstellungen und vergreifen sich teilweise – wenn etwa «Kinderschänder » vorkommt – in der Begrifflichkeit und Tonalität. Was ist der Grund, dass sich die Emotionen so aufgeladen haben? Sind das alles einfach Impfmuffel? Es geht ja nicht ums Impfen, sondern lediglich ums Testen mit simplen Spucktests. Massnahmengegner bellen laut und nutzen die Medien, um in polemischer Art negative Stimmung zu machen. Die weitaus grössere Anzahl Personen im Schulfeld sieht die Angemessenheit der Massnahmen und arbeitet konstruktiv mit.

Nicht nur einzelne Eltern, auch Schulbehörden oder Schulleiter drohten mit Boykott. Wie viele Schulen spucken seit letzter Woche? Es wurden etliche Fragen zur konkreten Umsetzung des Testens aufgeworfen, die jedoch geklärt werden konnten. Der Klärungsbedarf ist für uns absolut verständlich und gehört dazu. Die Umsetzung in den Schulen läuft nun auf Kurs, und es gibt keine «Verweigerer». In einzelnen Dörfern sind es gemäss unseren Informationen nicht mehr als eine Handvoll Schülerinnen und Schüler, die sich zum Test melden. Was hat das für Konsequenzen? Die Beteiligung ist je nach Schulort unterschiedlich und hat teilweise noch Steigerungspotenzial. Dies entspricht jedoch dem Prinzip der einstufigen Freiwilligkeit und ist so zu akzeptieren. Aber jede Person, die sich regelmässig testen lässt, leistet einen wertvollen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie. In Brunnen heisst es, dass ganze Klassen daheim bleiben müssen, weil sie sich weigern, mitzumachen. Ist dies überhaupt rechtlich möglich? Diese Aussage ist ganz klar falsch. Aufgrund der Freiwilligkeit für Schülerinnen und Schüler gibt es keine Veranlassung, dass ganze Klassen daheim bleiben müssten.

Wie wollen Sie jene noch vor den Ferien überzeugen, die sich bisher lauthals weigerten mitzumachen?

Mit der Klärung der konkreten Umsetzungsfragen läuft das Testen in sämtlichen Schulen nun auf Kurs. Damit ist gewährleistet, dass alle Schülerinnen und Schüler, die wollen, am Testen mitmachen können. Warum konnte mit diesem Test nicht bis zu den Sommerferien gewartet werden respektive weshalb brauchte es aus Ihrer Sicht so dringend diese Regimeänderung?

Die Volksschule rückt vermehrt in den Fokus des Pandemiegeschehens, weil für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren noch keine Impfmöglichkeit besteht. Mit dem repetitiven Testen haben die Schulen nun ein Frühwarnsystem, mit dem Ansteckungsketten frühzeitig erkannt und eingedämmt werden können. Damit kann ein stabiler Schulbetrieb sowohl für das auslaufende Schuljahr mit den anstehenden Abschlüssen als auch für den Schulstart nach der Sommerpause gewährleistet werden. Vonseiten der Schulen heisst es, der Termin sei zu knapp gewesen. Sie behaupten, zehn Tage würden reichen. Weshalb? Durch die Vorinformation rund drei Wochen vor dem geplanten Umsetzungszeitpunkt wussten die Schulen frühzeitig, in welche Richtung die Massnahmen gehen würden. Die Vorlaufzeit war hinreichend. Auch etliche grössere Schulen haben sich in kürzerer Zeit gut darauf eingestellt.

Der Fall Steinen beweist das Gegenteil: Das Material traf gar nicht rechtzeitig ein. Es gab beim Logistikpartner ein Lieferproblem. Dieses konnte jedoch innerhalb von ein bis zwei Tagen behoben werden. Wir sind selbstverständlich bemüht, das Prozedere an den Schulen laufend zu optimieren. Für die SVP ist der ganze Test «sinnlos». Was überzeugt Sie vom Gegenteil? Einerseits, dass sich der Regierungsrat für das Testen an Schulen als Teil der kantonalen Umsetzung der Teststrategie des Bundesrates ausgesprochen hat. Und andererseits das breite Verständnis und die konstruktive Unterstützung aller übrigen Akteure im politischen und schulischen Umfeld. Den Schulen kommt beim Testen eine wichtige Rolle zu, und dafür ist ihnen zu danken.

Wie geht es weiter? Blasen Sie die «Übung» nun ab? Nein. Der Begriff «Übung» ist deplatziert und blendet die noch immer vorhandene Pandemie aus. Im Gegenzug zu den ab 31. Mai erfolgten und sehr weit gehenden Lockerungen an den Schulen stellen die Spucktests, welche einmal wöchentlich zehn Minuten in Anspruch nehmen und absolut problemlos verlaufen, eine überaus zumutbare und einfache Früherkennungsmassnahme für die Schulen und ihre Schülerinnen und Schüler dar.

Was kostet das Ganze?

Im Grundsatz werden die Kosten für die gesamte kantonale Umsetzung der Teststrategie des Bundesrates gemeinsam von Bund und Kanton getragen. Weil die Kostenfrage bei den Schulen auch Gegenstand von politischen Vorstössen ist, werden wir im Rahmen der entsprechenden Beantwortung dazu Stellung nehmen. Hand aufs Herz. Mit den Tests wird nach den Sommerferien weitergefahren, obwohl die Infektionszahlen schon längst in eine andere Richtung zeigen? Das Vorjahr hat gezeigt, dass die Entwicklung sehr schnell in eine ungewollte Richtung umschlagen kann. Das Virus wird stärker bei Kindern und Jugendlichen zirkulieren, weil das noch die einzige Bevölkerungsgruppe ohne Impfzugang ist. Unsere wöchentlichen Erhebungen zeigen denn auch, dass bei den Schulen die Infektionszahlen nicht in gleichem Masse rückläufig sind, wie dies aktuell in anderen Alterssegmenten der Fall ist.

Das Interview wurde schriftlich geführt.

Weist die Kritik zurück: Die Gegner der Massnahmen an der Schule würden sich in der Tonalität vergreifen, sagt Bildungsdirektor Michael Stähli.

Foto: Archiv EA

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