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Eltern und Schulen laufen Sturm

Erste Boykottaufrufe machen die Runde. Eltern organisieren sich gegen Spucktests an den Schulen vor den Sommerferien.

JÜRG AUF DER MAUR

Spucken statt Masken: So lässt sich, kurz auf einen Nenner gebracht, das neue Regime zusammenfassen, mit dem an den Schwyzer Schulen eine Ausbreitung von Covid-19 verhindert werden soll. Was die Regierung Ende letzter Woche ankündigte, kommt nun aber auf breiter Linie unter Beschuss. Schulleiter, Lehrer und betroffene Eltern machen ihrem Ärger Luft.

Nicht nur in den Leserbriefspalten bläst dem Bildungsdepartement derzeit ein rauer Wind entgegen. Zwar wird die Maskenpflicht auf der Stufe Sek 1 aufgehoben. Dafür sollen nun aber alle ab der dritten Primarklasse zum wöchentlichen Spucktest antraben. Immerhin: Von der ursprünglichen Absicht, diese Tests bereits ab dem Kindergarten für obligatorisch zu erklären, wurde Abstand genommen. Eltern und Kinder können bestimmen, ob sie mitmachen wollen oder nicht. Während die Sek-Schüler die Masken ablegen können, dürfen sich die Kleineren freuen, weil sie wieder in Klassenlager könnten oder Schultheater-Aufführungen möglich wären.

Erste Boykottaufrufe Selbst bei Schulpräsidenten gehen die Wogen hoch. Nicht nur einzelne Schüler oder ganze Klassen kündigen Boykotte an. Auch einzelne Schulpräsidien überlegensichsolche Schritte, wollen sich öffentlich dazu aber nicht äussern. Die Whats-App-Kanäle in Elterngruppen laufen heiss. Es wird gegenseitig zum Widerstand animiert und aufgefordert, sich schriftlich zu wehren.

«Ich finde diesen Schritt zum jetzigen Zeitpunkt einfach nicht richtig», sagt die Morschacher Schulpräsidentin Simone Betschart, die sich als eine der wenigen zitieren lässt. Ihr fehle im Ganzen auch hier der «gesunde Menschenverstand». Man hätte, so Betschart, die Maskenpflicht bei den jetzt stark sinkenden Zahlen aufheben können, ohne die Tests jetzt – so kurz vor den Sommerferien – einzuführen.

Dass Feuer im Dach ist, zeigen auch Ergebnisse einer Umfrage unter Schulleitern im Kanton. Diese lassen keine Zweifel aufkommen. 72 machten mit und füllten den Fragebogen mindestens zum Teil aus. Das entspricht einer Rücklaufquote von fast 75 Prozent. «Die Tests sind nicht sinnvoll»

Dabei wird klar: 80 Prozent erachten die Tests beim derzeitigen Stand der Pandemie für nicht sinnvoll. Ebenso viele sind der Meinung, dass die Umsetzung in der gesetzten Frist gar nicht machbar sei für ihre Schule. Auch die mögliche Durchführung von Schullagern vor den Sommerferien als «Zückerli» läuft bei den Befragten ins Leere, weil diese von den Zuständigen vor Ort eh schon gestrichen wurden. «Wir sind nicht grundsätzlich gegen die Tests in Schulhäusern, aber nicht so», fasst ein Schulleiter die Kritik zusammen.

In die ähnliche Richtung gehen denn auch die zahlreichen Kommentare, die innerhalb der Umfrage abgegeben wurden. «Für mich gäbe es nur einen positiven Grund: Wenn die Maskenpflicht für die Lehrer aufgehoben würde», heisst es etwa. Oder: «Aufwand und Ertrag lohnen sich nicht.» Die Kinder hätten sich an die aktuelle Situation gewöhnt, das Testen gäbe sehr kurz vor den Ferien «nur nochmals Unruhe».

Weniger dramatisch beurteilt Konrad Schuler als Präsident des Schwyzer Lehrerverbands die Situation. Auch der Verband hat Umfrageergebnisse auf seine Homepage gestellt. Diese zeigen ein anderes Bild, nicht zuletzt auch dank anderer Fragestellung. Gemäss Schuler sei von Lehrern nur von einem Viertel Kritik zu hören. Das Lehrerkollegium sei, so Schuler, von Anfang an während der Covid-Krise breit gefächert gewesen: «Den einen geht alles zu weit, den anderen zu wenig weit.» Ungeschickt, ohne rechtliche Basis, falsche Annahmen, nicht umsetzbar: Bildungsdirektor Michael Stähli muss sich viel Kritik anhören, seit letzte Woche das neue Regime angekündigt wurde. Stähli weist die Kritik zurück und stellt klar: «Das Bildungsdepartement hat zum repetitiven Testen eine Weisung als integrierender Bestandteil der Schutzkonzepte für Schulen erlassen, welche die rechtliche Grundlage schafft.» Kontrollierter Start nach Ferien

Ohne Test könne nicht ausgeschlossen werden, dass «Schüler angesteckt sind oder andere anstecken könnten». Während der Dispensationen sei es zudem möglich, zu Hause Wochenpläne, Hausaufgaben oder anderes erledigen zu können. Stähli: «Die Dispensation kann aufgehoben werden, wenn ein negatives PCR-Testergebnis vorgewiesen wird.» Auch an der Aussage, es sei mit einem zunehmenden Anteil der Infektionen bei Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren zu rechnen, hält Stähli fest: «Das Bildungsdepartement stützt sich hier auf Expertenaussagen des Bundesamts für Gesundheit sowie Stellungnahmen von Medizinern oder Virologen. Die Bevölkerungsgruppe, die noch empfänglich ist für das Virus, wird dank der Durchimpfung zunehmend kleiner. Bei gleichbleibenden Fallzahlen bedeutet dies eine stärkere Zirkulation des Virus in der dafür noch empfänglichen Bevölkerungsgruppe.» Die Massnahme des repetitiven Testens gelte vorerst bis Ende September. «Ziel ist nicht in erster Linie das Ermöglichen von Theateraufführungen oder Klassenlagern, sondern das Gewährleisten eines stabilen Schulbetriebs im Präsenzunterricht und ein kontrollierter Schulstart nach der Sommerpause.» Stähli: Die Praxiserfahrungen der bereits teilnehmenden Schulen und die erprobte Logistik zeigten, dass «innert zehn Tagen problemlos in ein repetitives Testen eingestiegen werden kann». Auch der zeitliche Aufwand sei sehr gering. Die Schulen hätten bereits per Mitte April die Möglichkeit gehabt, auf das Testen einzuschwenken: 20 Schulen hätten das denn auch gemacht.

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